Dienstag, 4. Juli 2017

Baden-Württemberg - Schlag gegen die Mafia


Sie lebten ganz unauffällig in Baden-Württemberg, betrieben Restaurants und Geschäfte – jene 15 mutmaßlichen Mafia-Mitglieder, die bei einer Razzia im Juni festgenommen wurden.



Die Polizei geht im Augenblick davon aus, dass festgenommenen Tatverdächtigen, zumeist Italiener im Alter zwischen 25 und 77 Jahren, mehr als 200 Kilogramm Cannabis und Kokain verdealt haben. Das teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Rottweil mit. Die Drogen seien aus Holland beschafft worden, aus Italien bzw. Albanien und zum Teil auch über einen Zwischenhändler im Raum Stuttgart.

Die Beschuldigten waren "bestens integriert"
Die führenden Köpfe seien ein 48 Jahre alter Gastwirt aus Donaueschingen und ein 52-jähriger aus Rottweil gewesen. "Wir haben es zunehmend mit einer bürgerlichen Mafia zu tun, und das hat sich genau hier auch bestätigt. Alle Beschuldigten waren in allen Gesellschaftsschichten bestens integriert", sagt Wolfgang Rahm vom Landeskriminalamt. Sie betrieben Pizzerien, ein Textilgeschäft, in dessen Paketen allerdings nicht nur Kleidung verschickt wurde, und in einem Fall einen Goldankauf.

Gewerbebetriebe, die vor allem dazu dienten, ein geregeltes, legales Leben vorzutäuschen, sagt Thomas Hechinger von der Kripo in Rottweil: "Natürlich lässt sich nicht verhindern, dass über solche Objekte dann auch mal irgendwelche strafrechtlich relevante Dinge geschehen, aber man darf sich das jetzt nicht so vorstellen, dass in diesen Objekten jetzt ein Rauschgifthandel stattgefunden hat."

Mutmaßliche Täter aus dem Umfeld der "Cosa Nostra"
Die Beschuldigten seien familiär verbandelt, hieß es heute. Es wurden aber auch Leute aus Italien geschickt, die dort Schulden hatten, die sie hier dann als Dealer auf den unteren Rängen der Hierarchie abarbeiten sollten. Alle hätten sich im Umfeld der "Cosa Nostra" bewegt. Wolfgang Rahm vom LKA spricht von etwa 180 Angehörigen der italienischen Mafia in Baden-Württemberg, die polizeibekannt seien.



Mehr als 300 Einsatzkräfte, darunter auch vier Beamte der italienischen Guardia di Finanza aus Palermo, hatten im Morgengrauen des 21. Juni zeitgleich in Deutschland und Italien Türen aufgebrochen und 30 Objekte durchsucht, unter anderem in den Kreisen Rottweil, Schwarzwald-Baar, Konstanz, Esslingen und Stuttgart. Die Beschuldigten, von denen man wusste, dass einige bewaffnet sind, hätten sich widerstandslos festnehmen lassen. Um 8.00 Uhr morgens waren alle Haftbefehle vollstreckt.

Deutsch-Italienische Ermittlungen
Vorausgegangen waren seit Frühjahr 2016 intensive Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Konstanz, unter anderem mit 200 richterlichen Beschlüsse für Telefonabhörmaßnahmen, ab Oktober das Ganze dann im direkten Informationsaustausch mit der Guardia di Finanza in Palermo. Beide Seiten lobten heute die Zusammenarbeit, wenngleich Giuseppe Campobasso aus Palermo die unterschiedlichen Rechtssysteme in beiden Ländern ansprach:
"In Italien stehen uns Überwachungsinstrumente relativ schnell zur Verfügung im Vergleich zu hier. Wir haben in Italien auch die Möglichkeit der vermögensbezogenen Präventionsmaßnahmen, ein sehr gutes und schnell anwendbares Rechtsinstrumentarium. Hingegen hier in Deutschland wird das Strafverfahren schneller geführt im Vergleich zu den Strafverfahren in Italien."



Millionen-Vermögenswerte sichergestellt
Bei der Razzia wurden zehn Kilogramm Cannabis und Kokain sichergestellt, Pistolen und Munition, sieben hochwertige Autos und 60.000 Euro Bargeld. Außerdem wurden in beiden Ländern Villen und Grundstücke im Wert von etwa sechs Millionen Euro beschlagnahmt. Für die Ermittler ist dieser Einzug von Vermögenswerten ganz wichtig - man will so der Mafia das Investitionskapital entziehen. Ermittelt wird aktuell gegen 24 Beschuldigte wegen Drogen- und Waffenhandels, Brandstiftung, und, in einem Fall - den Schüssen auf eine Gastwirtschaft in Hüfingen (Schwarzwald-Baar-Kreis) -, versuchter Mord. Mit der Anklage sei frühestens Anfang 2018 zu rechnen, so die Staatsanwaltschaft Konstanz.



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