FRAUENFELD/SINGEN. Sie sind Cousins, waren
aber auch erbitterte Rivalen: Der in Italien vor einer Woche verhaftete Antonio
N. aus Frauenfeld und Bruno Nesci, Kopf der 'Ndrangheta-Zelle in Singen. Gemäß den
Recherchen der NZZ am Sonntag hätte nicht viel gefehlt und in der
Bodensee-Region wäre es zum blutigen Bandenkrieg gekommen.
Antonio Nesci, genannt Ntoni, "lo svizzero" |
Es habe damit begonnen, dass Antonio Nesci,
genannt Ntoni, "lo svizzero", sich nicht auf die Frauenfelder Lokale beschränken
wollte, er strebte nach der Macht in Süddeutschland. Die hätte er sich wohl
auch mit Gewalt geholt. Die Staatsanwaltschaft der Reggio Calabria schöpft
Verdacht und bittet Baden-Württemberg Ende 2008 um Amtshilfe. Der Singener
Ableger wird von da an observiert.
Bruno Nesci |
Die Frauenfelder
provozieren
Zeitweise soll es sogar Pläne gegeben
haben, zwei Zellen in Singen zu führen, eine für "lo svizzero", die andere für
seinen Cousin. Die Idee wird aber wieder verworfen. In der folgenden Zeit
provozieren die Frauenfelder die Singener, indem sie etwa als Gruppe durch
Singen marschieren oder nach Kalabrien fahren, um sich grünes Licht für ihre
Expansions-Ideen zu holen. Bruno Nesci tobt.
Dann schaltet sich die 'Ndrangheta-Spitze
in Kalabrien ein. Dem Singener Chef wird befohlen, er solle ruhig bleiben.
Donato Fratto tritt als Vermittler zwischen den rivalisierenden Zellen auf den
Plan. Donato Fratto wohnt in Uzwil, nicht wie früher behauptet in Kreuzlingen oder
Frauenfeld. Die Schweizer sollen aus dem Macht-Gerangel als Sieger
hervorgegangen sein.
Donato Fratto - der Vermittler |
Singener Boss in Haft
Doch für Bruno N. neigt sich die Zeit in
Singen ohnehin dem Ende zu. Im Sommer 2010 werden in Italien 300 Männer
verhaftet, darunter ein 58-Jähriger aus Singen. Dabei habe es sich wohl um
Bruno N. gehandelt, bestätigt das Landeskriminalamt Stuttgart. Er wird am 8.
März 2012 zu sechs Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Er soll noch im
Gefängnis sein.
Doch seine Entlassung steht kurz bevor, da nach deutschem Recht nach Verbüßung von 2/3 der Strafe die Freilassung angeordnet wird.
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