Er muss seinen Widersachern unmittelbar gegenüber gestanden
haben. Die Obduktion des toten Rocker-Chefs Aygün Mucuk hat weitere Details zur
Bluttat vom Freitag ans Licht gebracht. Eskaliert ein gewaltsamer Machtkampf
unter Hells Angels in Hessen? Der Präsident des Gießener Charters wurde auf dem
Gelände des Vereinsheims getötet. Die Hintergründe sind noch unklar, die Suche
nach den Tätern läuft.
Der Präsident der Gießener Hells Angels ist auf dem Gelände
des Rocker-Vereinsheims erschossen worden. Aygün Mucuk wurde nach ersten
Erkenntnissen der Ermittler von mehreren Schüssen getroffen, wie der Sprecher
der Staatsanwaltschaft Gießen, Thomas Hauburger, sagte. Die Putzfrau, die in
dem Clubheim arbeitet, hatte den 45-Jährigen am Freitagmorgen auf dem
Grundstück im mittelhessischen Wettenberg gefunden und gegen 8.30 Uhr Polizei
und Rettungsdienste alarmiert. Die Leiche soll nun rechtsmedizinisch untersucht
werden. Von dem oder den Tätern fehlte zunächst jede Spur.
Das hessische Landeskriminalamt übernahm die Ermittlungen.
Ein Großaufgebot der Polizei sicherte am Freitag das Gelände des Vereinsheims,
auf dem sich 30 bis 50 Rocker aufhielten. Zugleich lief die Fahndung nach den
Tätern, die Beamten kontrollierten dabei mehrere Fahrzeuge. Die Polizei
befragte auch Nachbarn und suchte Zeugen. Unklar war, ob es einen Schusswechsel
gegeben hatte.
Der genaue Tatzeitpunkt stand anfangs noch nicht fest.
„Momentan gehen wir allerdings davon aus, dass das Tötungsdelikt sich entweder
in der Nacht oder am frühen Morgen zugetragen haben müsste“, sagte
Behördensprecher Thomas Hauburger. Ob Mucuk bewaffnet war und es einen Streit
gegeben hat, muss noch ermittelt werden.
Der am Freitag bei Gießen erschossene Hells Angels-Anführer
Aygün Mucuk wurde von mindestens 16 Kugeln getroffen. Das habe die Obduktion
der Leiche ergeben, teilten das Landeskriminalamt in Wiesbaden und die
Staatsanwaltschaft in Gießen am Montag gemeinsam mit. Die meisten Geschosse
trafen den 45-Jährigen in den Brustkorb. Ob die Schüsse aus einer oder mehreren
Waffen abgegeben wurden, war zunächst unklar.
Rivalitäten zwischen den alteingesessenen Hells Angels aus
Frankfurt und den türkisch geprägten Hells Angels aus Gießen - den so genannten
jungen Wilden - hatten in den vergangenen Jahren mehrfach für gewalttätige
Auseinandersetzungen gesorgt. Dabei soll es vor allem um die Gründung der
Ortsgruppe in Gießen gegangen sein. Dieser Streit hatte vor rund zwei Jahren zu
Schüssen vor einem Frankfurter Club mit insgesamt fünf Verletzten geführt.
Mucuk, der als Anführer der türkischen Strömung galt, erlitt dabei schwere
Verletzungen.
Am Himmelfahrtstag dieses Jahres fielen mitten auf einem
belebten Platz in der Frankfurter Innenstadt ebenfalls Schüsse - zwei Männer
wurden schwer verletzt. Hintergrund dieser blutigen Rocker-Fehde war nach einer
früheren Einschätzung der Ermittler ein Streit zwischen Frankfurter Hells
Angels und einem rausgeworfenen Mitglied. Ein Tatverdächtiger, der rund eine
Woche nach den Schüssen gefasst wurde, sitzt seither in Haft. Nach einem
anderen Verdächtigen wird noch immer gesucht.
Nach Einschätzung des Landeskriminalamts umfasst die
Rockerszene in Hessen rund 700 Menschen, die vier Gruppen zugeordnet werden. Im
Fokus der Ermittler stehen sie vor allem wegen Rauschgiftdelikten und
kriminelle Aktivitäten im Türsteher- und Rotlichtmilieu.
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