Von Christian Rost - Süddeutsche Zeitung
Zwei 28- und 27-jährige Männer aus der Provinz Kampanien sollen Mietwagen in München und Frankfurt geliehen und an die süditalienische Mafia überliefert haben.
Zwei 28- und 27-jährige Männer aus der Provinz Kampanien sollen Mietwagen in München und Frankfurt geliehen und an die süditalienische Mafia überliefert haben.
Die Auftraggeber entstammen vermutlich
dem Camorra-Clan - ihre Namen wollen die Angeklagten aber nicht nennen.
Warum ein Auto aufwendig knacken, wenn
man es doch mieten und dann verschwinden lassen kann? Mit dieser Betrugsmasche
arbeitet offensichtlich die süditalienische Mafia, die Camorra in
Neapel. Gianluca S. jedenfalls schließt nicht aus, dass sein Auftraggeber einem
Camorra-Clan angehört, der ihn und seinen Freund Francesco C. nach Deutschland
schickte, um Mietwagen zu beschaffen.
Mehrfach ist das den beiden gelungen,
bis sie am 8. März vorigen Jahres dann doch aufflogen und in München
festgenommen wurden. Seit diesem Dienstag müssen sich der 28-jährige S. und
sein ein Jahr jüngerer Kumpel C. am Landgericht München verantworten.
Neun verschwundene Autos im Wert von 390.000 Euro
Oberstaatsanwalt Kai Gräber wirft den
beiden aus der Provinz Kampanien stammenden Männern gewerbsmäßigen Bandenbetrug
vor. Teils mit ihren echten Namen, teils mit gefälschten Papieren sollen die
beiden Angeklagten von Januar 2015 bis zu ihrer Festnahme neun Fahrzeuge in
München und Frankfurt gemietet und nach Neapel verschoben haben. Ein
Gesamtschaden in Höhe von rund 390 000 Euro entstand auf diese Weise den Firmen
Europcar, Avis und Sixt.
Bei den Filialen der Vermieter am
Münchner Flughafen sollen S. und C. teils mit Unterstützung weiterer Komplizen
einen Mercedes der C-Klasse, einen BMW X1, einen BMW 5er Touring und einen Audi
A4 erbeutet haben. Zwei weitere Mercedes und einen Volvo ergaunerten sie in
Frankfurt und zudem einen Audi und einen Mercedes bei den Vermieterfilialen am
Münchner Hauptbahnhof.
Festgenommen wurden sie schließlich bei
ihrem letzten Versuch, am Hauptbahnhof ein Fahrzeug der oberen Mittelklasse im
Wert von 60 000 Euro abzugreifen. Der Filialleiter kannte das Vorgehen der
Betrüger und rief die Polizei. Seit zehn Monaten sitzen die beiden Angeklagten
nun in Untersuchungshaft.
Angst vor brutaler Rache
Das hat zumindest Gianluca S.
beeindruckt. Über seine Anwältin Cristiana Bianco legt er ein umfangreiches
Geständnis vor der 9. Strafkammer ab. Er räumt alle Taten ein, bestreitet
allerdings, Teil einer Bande gewesen zu sein. Nur seinen Auftraggeber habe er
gekannt, ergänzt der Angeklagte, er habe bei dem Mann Drogenschulden gehabt und
sich in einer "Zwangslage" befunden. Seit zehn Jahren sei er
kokainabhängig, sagt S., er habe seinem Dealer den Gefallen tun müssen.
750 Euro je gelieferten Mietwagen habe
er als Lohn erhalten, womit er aber zunächst seine Schulden abzahlen musste.
Die Autos habe er in Neapel in einer großen Garage einer Mietskaserne
abgestellt. Von dort aus seien sie wahrscheinlich nach Sizilien gebracht und
verkauft worden. Wer sein Auftraggeber sei, diese Frage will S. dem
Vorsitzenden Richter Philipp Stoll nicht beantworten.
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