Boshaft könnte man sagen:
Beppe Grillos Protestpartei Movimento 5 Stelle
("Fünf-Sterne-Bewegung", M5S) ist nun ebenfalls eine ganz normale
italienische Partei geworden – also eine, die von der Mafia infiltriert ist.
Die Staatsanwälte von Neapel ermitteln gegen Giovanni De Robbio, Gemeinderat im
neapolitanischen Vorort Quarto. Er war im Juni mit Hilfe der Camorra gewählt
worden und soll danach versucht haben, dem ortsansässigen Clan öffentliche
Aufträge zuzuschanzen.
Die Ermittler kamen De
Robbio im Rahmen einer Telefonüberwachung auf die Schliche: "Jetzt müssen
wir alle in die Wahllokale bringen, auch die 80-Jährigen, und sie müssen ihr
Kreuz beim M5S machen", hatte ein Bestattungsunternehmer in einem
abgehörten Gespräch gesagt. Und: "Mit De Robbio haben wir uns verständigt.
Wir sind an einen Tisch gesessen und haben über alles gesprochen und
verschiedene Dinge vereinbart. Wir haben ihm gesagt, er müsse sich wegen der
Wahlen keine Sorgen machen, wir würden ihm helfen." –
Nationale Schlagzeilen
Eigentlich handelt es sich um einen Vorgang, der im Süden Italiens fast
alltäglich ist. Trotzdem beherrscht die Affäre die nationalen Schlagzeilen.
Denn es ist das erste Mal, dass gegen einen Exponenten von Grillos
Protestbewegung wegen Mafiaverwicklungen ermittelt wird. Für die politischen
Gegner ist dies ein gefundenes Fressen: Grillo, der die traditionellen Parteien
seit Jahren als mafiös und korrupt beschimpft, wird nun der Doppelmoral bezichtigt:
"Wenn gegen die anderen Parteien wegen Mafiakontakten ermittelt wird,
fordern die ,Grillini’ die Guillotine – nun aber werden sie selber der übelsten
Machenschaften angeklagt", betonte ein Vertreter des sozialdemokratischen
PD von Regierungschef Matteo Renzi. Verweigerte "Gefälligkeiten".
Keine gute Figur macht
auch die Bürgermeisterin von Quarto, Rosa Capuozzo. Sie gehört ebenfalls der
Protestbewegung an und war von ihrem mafiösen Gemeinderatskollegen und
Parteifreund erpresst worden: Weil sie dessen Camorra-Freunden die gewünschten
"Gefälligkeiten" verweigerte, drohte er, einen von ihr illegal
vorgenommenen Hausumbau öffentlich zu machen. Weil Capuozzo deswegen nicht zur
Polizei gegangen war, wird sie nun vom Publizisten Roberto Saviano (Gomorrha)
zum Rücktritt aufgefordert. Der Forderung schloss sich am Montag auch Beppe
Grillo an, der sich zunächst mit Capuozzo solidarisiert hatte. –
Kommunalwahlen im Juni Ob
und wie stark diese Affäre die Popularität Grillos beinträchtigen wird, lässt
sich noch nicht abschätzen. Zuletzt lag der M5S in landesweiten Umfragen nur
zwei Prozentpunkte hinter dem PD auf Platz zwei. Im Juni stehen in mehreren
Großstädten Kommunalwahlen an; vor allem in Rom, wo die PD-Sektion wegen ihrer
Nähe zum Kartell "Mafia Capitale" arg angeschlagen ist, galten die
"Grillini" bisher als Favoriten. Grillo schießt schon zurück und
erinnert daran, dass in den letzten zehn Jahren über hundert vom PD oder von
dessen Vorgängerparteien angeführte Gemeinderäte wegen Mafia-Unterwanderung
aufgelöst werden mussten. Und auch bei Silvio Berlusconis Forza Italia sieht es
kein bisschen besser aus.
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