In Sizilien ist ein Cosa-Nostra-Boss auf offener Straße
getötet worden. Unbekannte erschossen den Mafioso, als er mit dem Fahrrad
unterwegs war. Eine klare Botschaft des organisierten Verbrechens, sagen
Ermittler.
Eigentlich hätte Giuseppe Dainotti den Rest seines Lebens
im Gefängnis verbringen sollen. Doch 2014 wurde der wegen dreifachen
Polizistenmordes und Entführung verurteilte Mafia-Boss aus dem Knast entlassen
- ein Beschluss des Verfassungsgerichts hatte eine Verkürzung des Strafmaßes
ermöglicht.
Am Montagmorgen gegen 8 Uhr fand man seine Leiche in der
Via D'Ossuna in Palermo. Neben ihm lag noch sein Fahrrad, ein weißer Drahtkorb
am Lenker, auf dem Gepäckträger ein grünes Paket. Unbekannte hatten den 67-Jährigen
mit mehreren Kopfschüssen getötet. Eine Augenzeugin sagte der Zeitung
"Repubblica", sie habe vier Schüsse gehört. Die Polizei hat dies
nicht bestätigt. Mutmaßlich zwei Killer sollen sich ihrem Opfer auf einem oder
zwei Motorrädern genähert haben. Der Tatort befand sich nur 30 Meter von einer
Grundschule entfernt.
Dass es sich um eine Hinrichtung nach klassischem
Mafiamuster handelt, steht für italienische Experten außer Frage. "Bei
Mafia-Straftaten gibt es keine Zufälle", sagte der Senatspräsident und ehemalige
Chef der Nationalen Antimafia-Staatsanwaltschaft, Pietro Grasso, nach dem
Attentat. "Wir haben immer gesagt, dass wir die Corleoneser Mafia zerstört
haben, die staatliche Institutionen angegriffen hat", so Grasso.
"Aber wir haben nie gesagt, dass die Mafia nicht mehr existiert."
Auch der Staatsanwalt von Palermo ist davon überzeugt, dass
die Hinrichtung eine Botschaft nach Innen und Außen ist: Der Mord sei auch eine
Warnung der Cosa Nostra an den Staat, sagte Francesco Lo Voi dem Portal
livesicilia.it. "Sobald irgendwer behauptet, die Mafia existiere nicht
mehr oder sei zerschlagen, passiert etwas, das bestätigt, dass sie immer noch
da ist." Wenn es nötig sei, schieße die Mafia - "auf bildhafte und
symbolische Art".
Der Mord ereignete sich kurz vor dem Jahrestag des
Attentats auf den Antimafia-Staatsanwalt Giovanni Falcone am 23. Mai 1992.
Knapp zwei Monate später, am 19. Juli 1992, wurde auch dessen Freund und
Kollege Paolo Borsellino getötet. Beide Ermittler waren Nationalhelden im Kampf
gegen die Cosa Nostra - ihr Tod war Teil einer Terrorstrategie der Cosa Nostra
und löste eine nationale Krise in Italien aus.
Der jetzt hingerichtete Dainotti gehörte dem
Porta-Nuova-Clan der Cosa Nostra an. Er galt als rechte Hand des Bosses
Salvatore Cancemi, der seit 1993 mit den italienischen Strafverfolgungsbehörden
zusammengearbeitet und widersprüchliche Aussagen zu den mutmaßlichen
Verbindungen Silvio Berlusconis zur sizilianischen Mafia gemacht hatte. Cancemi
war unter anderem an den Attentaten auf die Antimafia-Staatsanwälte Falcone und
Borsellino beteiligt. Er starb 2011 an einem Schlaganfall.
Der "Corriere del Mezzogiorno" berichtet,
Dainottis Spitzname sei "Gano di Magonza" gewesen. Ganelon ist eine
Figur aus dem altfranzösischen Rolandslied, ein Ritter und Schwager von Karl
dem Großen, der sein Land an die Sarazenen verrät. Dainotti soll innerhalb der
Cosa Nostra schon länger auf der Abschussliste gestanden haben.
Der Mord in Parlermo sei eine Aufforderung, weiter gegen
die Mafia zu kämpfen, betonte Pietro Grasso. "Falcone hat gesagt, dass sie
ein Ende haben wird und wir sind überzeugt, dass es so sein wird."
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