22 Jahre nach der Schmiergeldaffäre „Tangentopoli“,
die in Mailand ein politisches Erdbeben ohne gleichen ins Rollen gebracht
hatte, erschüttern jetzt die Ermittlungen um die „Hauptstadt der Korruption“
die italienische Öffentlichkeit.
Mafia-Boss Massimao Carminati |
Im Mittelpunkt steht der Gemeinderat der 3,5 Millionen
Metropole Rom, in dessen Dunstkreis sich laut Ermittlern eine besonders
einflussreiche Mafia entwickelt hat.
Kein Tag vergeht, ohne dass neue Skandale auffliegen,
die namhafte Persönlichkeiten, darunter Politiker und Unternehmer, betreffen.
Ex-Bürgermeister Alemanno ist arg
unter Druck
Die Mafia in Rom, die auf lokaler Ebene entstanden und
nicht aus Sizilien oder Kalabrien importiert wurde, hat ihre Wurzeln in einem
rechten politischen Sumpf unter dem früheren Bürgermeister Gianni Alemanno
(2008-2013).
Alemanno, Landwirtschaftsminister in der Regierung
Berlusconi zwischen 2001 und 2006, ist arg unter Druck geraten. Aus von den
Ermittlern abgehörten Telefongesprächen geht hervor, dass er mehrere Reisen mit
Geldkoffern nach Argentinien unternommen haben soll, um die Summen in
Sicherheit zu bringen, die die mafiöse Organisation dank Korruption, Erpressung
und illegal erhaltenen öffentlichen Aufträgen kassiert hat, berichtete die
Tageszeitung „La Repubblica“ am Montag. Dabei soll der frühere
Bürgermeister, dank der Verbindungen der Organisation, den Kontrollen auf dem
römischen Flughafen Fiumicino entgangen sein.
Alemanno bestreitet die Vorwürfe vehement. „Ich habe
nie Geld ins Ausland gebracht. Ich bin der einzige römische Bürgermeister, der
ärmer als zu Beginn seines Mandats ist. Ich habe eine Wohnung verkaufen und ein
Kredit aufnehmen müssen, um meine Wahlkampf-Schulden zu zahlen“, betonte der
Rechtspolitiker.
Mafia-Boss ist der "König von
Rom" Massimo Carminati
Boss der römischen Mafia ist laut Ermittlern der
56-jährige Massimo Carminati, den seine Freunde „König von Rom“ nennen. In
seiner Jugend tat er sich als rechtsradikaler Schläger hervor und gehörte wie
Ex-Bürgermeister Alemanno zur neofaschistischen Gruppierung „Movimento Sociale
Italiano“.
Sein wichtigster Komplize ist Salvatore Buzzi, der in
den achtziger Jahren eine Haftstrafe wegen Mordes verbüßte. Dieser soll nach
seinen 24 Haftjahren ein ganzes Netz an Subunternehmen aufgezogen und ihnen
öffentliche Aufträge zugeschanzte haben, indem er Gemeindefunktionäre bestach
und bedrohte.
So soll das Netzwerk nach Angaben der Ermittler etwa
die Bewirtschaftung öffentlicher Parkanlagen, Teile der Müllabfuhr sowie die
Betreuung von Asylwerbern und Sozialhilfeprogramme für Roma übernommen haben
und damit Millionen verdient haben.
Der Skandal ist ein harter Imageschlag für das Land,
vor allem vor dem Hintergrund des auslaufenden italienischen EU-Vorsitzes.
Premier Renzi verlangt hartes
Durchgreifen gegen die Mafia
Premier Matteo Renzi verlangt hartes Durchgreifen
gegen die Mitglieder der Mafia-Bande. Diese Verbrecher erfüllten ihn „mit
Ekel“, dürften Rom aber nicht blockieren. Deshalb lehnt der Regierungschef auch
die von Oppositionsparteien geforderten Neuwahlen in Rom ab.
Der seit Juni 2013 amtierende Bürgermeister Ignazio
Marino, ein Parteikollege Renzis, ist von den Enthüllungen nicht betroffen und
soll der Organisation sogar Widerstand geleistet haben, wie aus den
Abhörprotokollen der Ermittler hervorgeht. Er spüre nun noch mehr Motivation
„für die Erneuerung der Stadt zu arbeiten“, sagte Marino am Sonntag.
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