Ob Medikamente gegen Ebola, obwohl es noch
keine gibt, Kinderschmerzmittel mit Kühlflüssigkeit oder falsches Viagra, das
Penisse absterben lässt: Wer in Afrika Arzneien kauft, geht ein extrem hohes Risiko
ein.
Zwischen traditionellen Heilmitteln und Kräutern
liegen auf den Auslagen Aspirin, Antibiotika und Medikamente gegen Malaria,
Aids und Tuberkulose. Viele dieser Pillen und Kapseln, die in ganz Afrika auf
Märkten zu kaufen sind, sind gefälscht. Die Hersteller dieser Giftgranaten sind vorwiegend in Asien und in Italien zu suchen.
In nur zehn Tagen beschlagnahmte die
Weltzollorganisation WZO mehr als 110 Millionen möglicherweise gefährliche Medikamente in 14
afrikanischen Ländern. In den Häfen stießen die Zöllner unter anderem auf
Arzneipackungen, in denen etwas anderes war, als draufstand, und Mittel, die
nicht zugelassen sind. Auch Medikamente gegen Ebola fanden die Beamten, obwohl
es noch keine auf dem Markt gibt.
Mindestens die Hälfte
aller Medikamente, die in Afrika eingenommen werden, sind entweder illegal
gehandelt oder gefälscht und potenziell gefährlich, wie die WZO und das
Internationale Forschungsinstitut für gefälschte Medikamente IRACM schätzen.
Schlecht ausgebaute Gesundheitssysteme, hohe Preise
für Markenmedikamente, aber auch Korruption und mangelnde Strafverfolgung sind
Gründe für die weite Verbreitung gefälschter Arzneimittel in Afrika, erläutert
IRACM-Direktor Bernard Leroy.
Schmerzmittel mit
Kühlmittel für Automotoren
Leroy berichtet von Kindern im Niger, die einen
Schmerzsaft bekamen, in dem sich Glykol befand, das normalerweise zur Kühlung
von Automotoren verwendet wird. In falschem Viagra wurde Rattengift gefunden,
das blutverdünnend wirkt und somit zur Erektion beitragen kann. Für die blaue
Färbung der Pillen wurde Druckertinte benutzt.
"Ich habe auch Viagra gesehen mit vierfacher
Dosis, das ein Absterben des Penis hervorrief." Auch Impfstoffe, die in
Wirklichkeit Flusswasser waren, oder Medikamente aus Zucker hätten sie
gefunden. "Selbst unschädliche, aber nutzlose Medikamente zögern den
Augenblick hinaus, in dem der Patient zu einer echten Therapie zum Arzt
geht."
In den vergangenen drei Jahren wurden in drei
gemeinsamen Aktionen von WZO und IRACM fast 756 Millionen Medikamente
beschlagnahmt. Doch der Handel wächst, weil es selten so gezielte Operationen
dagegen gibt.
Lächerliche Haftstrafen
schrecken nicht ab
Wenn Landesgesetze überhaupt Haftstrafen vorsähen,
seien diese lächerlich, betont Leroy, der zuvor als Ermittlungsrichter gegen
den Drogenhandel arbeitete. "Der illegale Handel mit Medikamenten bringt
20 Mal mehr Profit als der Handel mit Drogen." Das wichtigste mexikanische
Drogenkartell soll sich derzeit umorientieren auf den weniger riskanten Handel
mit falschen Medikamenten.
Hergestellt werden die Fälschungen vor allem in China
und Indien, aber auch in Nigeria. China ist auch der größte Lieferant von
Rohstoffen an Labors in aller Welt. In Indien gibt es Leroy zufolge Labors, die
tagsüber legale preiswerte Nachahmerarzneien (Generika) und nachts gefälschte
Medikamente produzieren.
Und Westafrika sei dabei, seinen Ruf als Umschlagplatz
für Kokain und Terrorismus auf den für falsche Medikamente auszuweiten. Bei der
jüngsten Kontrolle im Mai und Juni, fanden die Zöllner die Hälfte der illegal
gehandelten und gefälschten Medikamente in Benin, ein Viertel in Tansania und
zwölf Prozent im Kongo, wie WZO und IRACM bekannt gaben.
Die neuesten (2013) Zahlen haben sich seit 2008 dramatisch verändert. Inzwischen hat sich das Risiko, von Ärzten oder Apotheken falsche und unerkannte Medikamente zu kaufen, potenziert. Um dagegen anzugehen, bildet das in Paris ansässige
IRACM mit der Weltzollorganisation Zöllner aus und berät die Regierungen in
Afrika bei der Bekämpfung des illegalen Handels. Es ist geplant, in den Schulen
eine Aufklärungsbroschüre zu verteilen und speziell Kurse für Mütter
anzubieten.
Rechtschreibfehler auf
falschen Schachteln
Es sei entscheidend, den Bildungsgrad vor allem der
Frauen zu verbessern, betont Leroy. Wenn Mütter lesen könnten, entdeckten sie
die Rechtschreibfehler auf den falschen Schachteln.
Das Institut, das von dem französischen
Arzneimittelhersteller Sanofi gegründet wurde, finanziert diese Projekte. Das
Geld dafür kommt zum Teil von der Pharmaindustrie, aber auch von der EU und
privaten Spendern.
Ein weiterer Fortschritt im Kampf gegen gefährliche
gefälschte Medikamente ist nach Einschätzung des Generalsekretärs der
Weltzollorganisation, Kunio Mikuryia, eine neue Software. Alle Zollbehörden
könnten damit vernetzt werden.
Zudem werde es sie auch bald als Applikation für
Smartphones geben, so dass die Zöllner damit die Echtheit des Strichcodes auf
den Arzneimittelpackungen prüfen könnten. Doch Leroy weiß: "Das ist erst
der Anfang eines langen Kampfes."
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