Das
Bonner Mammutverfahren gegen sechs Mitglieder einer Kölner Bauarbeiter-Mafia
war ursprünglich bis ins neue Jahr terminiert. Dann aber kamen überraschende
Geständnisse. Montag wurde der Chef zu über drei Jahren Haft verurteilt.
Das Bonner Mammutverfahren gegen sechs Mitglieder einer Kölner
Bauarbeiter-Mafia war ursprünglich bis ins neue Jahr terminiert. Dann aber
kamen überraschende Geständnisse, die den aufwendigen Prozess verkürzten, so
dass die 9. Wirtschaftsstrafkammer nach 23 Verhandlungstagen und damit kurz vor
Jahresschluss noch ihr Urteil verkünden konnte.
Ins Gefängnis muss demnach nur der einstige Chef einer Kölner
Rohbaufirma: Wegen Schwarzarbeit, Vorenthaltens von Arbeitsentgelt, Betruges
sowie Steuerhinterziehung in insgesamt 312 Fällen wurde der 42-Jährige zu drei
Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Fünf mitangeklagte Helfer zwischen 43
und 60 Jahren kamen mit Bewährungs- und Geldstrafen davon.
Bereits am ersten Prozesstag war der selbstbewusste Charme des
Hauptangeklagten aufgefallen, der, so Kammervorsitzender Marc Eumann, „als
Menschenfänger, aber auch Menschenfreund“ auftrat und die Fähigkeit hatte,
„andere emotional an sich zu binden. Die waren ihm zu Diensten und zum Nutzen.“
Mit dieser charismatischen Begabung habe der „Leader“ ein hoch kompliziertes
Netz von verschiedenen Subunternehmen zwischen Köln, Düsseldorf, Euskirchen,
Witten und München entwickelt und „wie eine große Spinne“ die kriminellen
Geschäfte gesteuert.
Innerhalb von dreieinhalb Jahren wurde – bis das System im
Oktober 2013 endgültig aufflog – ein Mindestschaden von 4,5 Millionen Euro
angerichtet, wobei die Finanzbehörden und die Sozialkassen, so Eumann,
sicherlich höhere Forderungen haben dürften. Dabei galt der 42-Jährige, der
1992 als Kriegsflüchtling aus Bosnien gekommen war, immer als der „gute Mensch
von Erftstadt“, der anderen durchaus auch geholfen hat.
Alle, die mit und für ihn gearbeitet hatten, hätten profitiert.
„Es ist ein eher atypischer Fall“, so der Kammervorsitzende im Urteil, weil
keine Ausbeutung von Schwarzarbeitern stattgefunden habe. „Er hat zwar
Schwarzarbeiter beschäftigt, sie aber alle gut bezahlt.“ Es habe legitime
Aufträge gegeben, so Eumann, nur dass der Arbeitsumfang deutlich niedriger
angegeben wurde, als die Männer am Bau tatsächlich gearbeitet haben. So
erhielten sie einen Mix aus legalem (60 Prozent) und illegalem (40 Prozent)
Lohn.
Die fünf Helfer hatten ihre klaren Rollen und haben mitgeholfen,
das betrügerische System systematisch zu verschleiern. Der eine war für die
gesamte Administration zuständig, ein zweiter war der IT-Fachmann, ein dritter
trat als Kontaktmann zu den Auftraggebern auf. Schließlich gab es einen, der
den Geschäftsführer gemimt hat, auch wenn er nichts zu sagen hatte. Als
Bewährungsauflagen wurden ihnen Sozialstunden in unterschiedlicher Höhe
auferlegt, die sie entweder im Grünflächenamt oder in der Spülküche eines
Altenheimes ableisten sollen.
Die betrügerische Baufirma war für Rohbauten zahlreicher
Großprojekte in Köln und Düsseldorf beauftragt gewesen. In Bonn soll sie unter
anderem für den Wohn- und Technologiepark in Vilich-Müldorf zuständig gewesen
sein; auch für eine Siedlung in Plittersdorf war sie als Rohbaufirma engagiert.
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