(siehe auch unter CLANS IN DEUTSCHLAND - Hier im Blog)
Seit 2008 hat sich die Zahl
der italienischen Clan-Mitglieder in Deutschland mehr als vervierfacht. Die
Polizei warnt vor dem zunehmenden Einfluss der Mafia und ruft Opfer auf, ihr
„Schweigen zu brechen“.
Die Zahl der italienischen
Mafia-Mitglieder in Deutschland hat einen neuen Höchststand erreicht. Das
berichtet das Nachrichtenmagazin FOCUS unter Berufung auf das Bundeskriminalamt
(BKA). Demnach sind die Polizei bundesweit rund 590 Personen bekannt, die
Mafia-Clans angehören. Das sind mehr als vier Mal so viele wie vor zehn Jahren,
als die Zahl bei 136 lag.
Die stärkste Mafia-Gruppe in
Deutschland ist aktuell die ’Ndrangheta mit 353 Mitgliedern, gefolgt von der
Cosa Nostra mit 125 Mitgliedern und der Camorra mit 91 Mitgliedern. Die
Dunkelziffer dürfte viel höher sein. Verwaltungen, Ämter und Behörden besonders
gefährdet.
Das BKA warnt vor dem
zunehmenden Einfluss der Mafia auf allen gesellschaftlichen Ebenen. Sabine
Vogt, Abteilungsleiterin Schwere und Organisierte Kriminalität, sagte dem
FOCUS: „Vielen ist gar nicht bewusst, welchen Einfluss, welche Macht die Mafia
auch hierzulande hat.“ Die Mafia lasse nichts unversucht, „um in die Gesellschaft
einzudringen und die Wirtschaft zu schädigen“.
Vogt sagte dem FOCUS weiter:
„Es gibt viele Bereiche, die für die Mafia interessant sind, etwa öffentliche
Verwaltungen, Ämter und Behörden. Überall da, wo es um große Projekte,
lukrative Aufträge, Zulassungen oder Baugenehmigungen geht, muss man sensibel
sein.“ Die Einflussnahme könne auf sehr subtile Art erfolgen. Vogt: „Eine
Einladung ins Restaurant, Spenden für den Sportverein, eine Kiste Wein –
solche kleinen, harmlos wirkende Freundschaftsdienste haben oft ganz andere Hintergründe.“
Das BKA appelliert an Opfer
der Mafia, sich an die deutsche Polizei zu wenden. Sabine Vogt sagte dem
Magazin: „Wer einmal in die Hände der Mafia geraten ist, wird sich aus eigener
Kraft schwer wieder befreien können. Allerdings muss man einen Schritt nach
vorne machen und bereit sein, Strafanzeige bei der Polizei zu stellen. Die
Opfer müssen ihr Schweigen brechen. Es ist das Einzige, was sie der Mafia
entgegensetzen können.“ Laut Vogt sei der Staat in der Lage, durch spezielle
Programme „aussagewillige Mafia-Opfer zu schützen“.
Große Anti-Mafia-Operation
auch in Deutschland
Erst Anfang Januar gelang der
Polizei ein großer Schlag gegen die kalabrische Mafia in Italien und
Deutschland. Bei der Operation „Stige“ wurden etwa 170 mutmaßliche Mitglieder
der 'Ndrangheta festgenommen, darunter elf in Deutschland. Die in
Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen gefassten Männer im
Alter von 36 bis 61 Jahren stehen im Verdacht, als Mitglieder einer kriminellen
Vereinigung schwere Straftaten wie Erpressung und Geldwäsche begangen zu haben.
Zu den Hintergründen der
Aktion erklärte die BKA-Ermittlerin Sabine Vogt im FOCUS: „Im Prinzip ging es
um eine Art Schutzgelderpressung auf gehobenem Niveau. Oberflächlich betrachtet
wirkte es wie ein legales Geschäft: Der Clan in Kalabrien exportierte Waren
nach Deutschland. Wein, Käse, Pizza-Zutaten, Olivenöl, Obst. Die Produkte
wurden Gastwirten geliefert, und sie haben diese auch gekauft – aber nicht
freiwillig. Sie sind beispielsweise gezwungen worden, für minderwertige Ware
überhöhte Preise zu zahlen.“
Zur konkreten Höhe des
entstandenen Schadens konnte Vogt keine Angaben machen, weil die Ermittlungen
noch nicht abgeschlossen seien. „Im Moment können wir die Größenordnungen nur
erahnen. Insider stellen die Situation dramatisch dar. Nahezu alle
italienischen Betriebe der Gastronomie sind Erpressungsopfer. Wenn ein Gastwirt
mehrmals im Jahr Lieferungen erhält und jeweils 10.000 Euro zahlen muss, kommt
einiges zusammen. Geht man davon aus, dass 80 oder mehr Wirte betroffen waren
und die Praxis über Jahre lief, ergibt sich eine erhebliche Summe.“
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