Freitag, 2. Februar 2018

BKA zählt fast 600 Mafia-Mitglieder in Deutschland


(siehe auch unter CLANS IN DEUTSCHLAND - Hier im Blog)

Seit 2008 hat sich die Zahl der italienischen Clan-Mitglieder in Deutschland mehr als vervierfacht. Die Polizei warnt vor dem zunehmenden Einfluss der Mafia und ruft Opfer auf, ihr „Schweigen zu brechen“.

Die Zahl der italienischen Mafia-Mitglieder in Deutschland hat einen neuen Höchststand erreicht. Das berichtet das Nachrichtenmagazin FOCUS unter Berufung auf das Bundeskriminalamt (BKA). Demnach sind die Polizei bundesweit rund 590 Personen bekannt, die Mafia-Clans angehören. Das sind mehr als vier Mal so viele wie vor zehn Jahren, als die Zahl bei 136 lag.



Die stärkste Mafia-Gruppe in Deutschland ist aktuell die ’Ndrangheta mit 353 Mitgliedern, gefolgt von der Cosa Nostra mit 125 Mitgliedern und der Camorra mit 91 Mitgliedern. Die Dunkelziffer dürfte viel höher sein. Verwaltungen, Ämter und Behörden besonders gefährdet.

Das BKA warnt vor dem zunehmenden Einfluss der Mafia auf allen gesellschaftlichen Ebenen. Sabine Vogt, Abteilungsleiterin Schwere und Organisierte Kriminalität, sagte dem FOCUS: „Vielen ist gar nicht bewusst, welchen Einfluss, welche Macht die Mafia auch hierzulande hat.“ Die Mafia lasse nichts unversucht, „um in die Gesellschaft einzudringen und die Wirtschaft zu schädigen“.

Vogt sagte dem FOCUS weiter: „Es gibt viele Bereiche, die für die Mafia interessant sind, etwa öffentliche Verwaltungen, Ämter und Behörden. Überall da, wo es um große Projekte, lukrative Aufträge, Zulassungen oder Baugenehmigungen geht, muss man sensibel sein.“ Die Einflussnahme könne auf sehr subtile Art erfolgen. Vogt: „Eine Einladung ins Restaurant, Spenden für den Sportverein, eine Kiste Wein – solche kleinen, harmlos wirkende Freundschaftsdienste haben oft ganz andere Hintergründe.“

Das BKA appelliert an Opfer der Mafia, sich an die deutsche Polizei zu wenden. Sabine Vogt sagte dem Magazin: „Wer einmal in die Hände der Mafia geraten ist, wird sich aus eigener Kraft schwer wieder befreien können. Allerdings muss man einen Schritt nach vorne machen und bereit sein, Strafanzeige bei der Polizei zu stellen. Die Opfer müssen ihr Schweigen brechen. Es ist das Einzige, was sie der Mafia entgegensetzen können.“ Laut Vogt sei der Staat in der Lage, durch spezielle Programme „aussagewillige Mafia-Opfer zu schützen“.


Große Anti-Mafia-Operation auch in Deutschland

Erst Anfang Januar gelang der Polizei ein großer Schlag gegen die kalabrische Mafia in Italien und Deutschland. Bei der Operation „Stige“ wurden etwa 170 mutmaßliche Mitglieder der 'Ndrangheta festgenommen, darunter elf in Deutschland. Die in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen gefassten Männer im Alter von 36 bis 61 Jahren stehen im Verdacht, als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung schwere Straftaten wie Erpressung und Geldwäsche begangen zu haben.

Zu den Hintergründen der Aktion erklärte die BKA-Ermittlerin Sabine Vogt im FOCUS: „Im Prinzip ging es um eine Art Schutzgelderpressung auf gehobenem Niveau. Oberflächlich betrachtet wirkte es wie ein legales Geschäft: Der Clan in Kalabrien exportierte Waren nach Deutschland. Wein, Käse, Pizza-Zutaten, Olivenöl, Obst. Die Produkte wurden Gastwirten geliefert, und sie haben diese auch gekauft – aber nicht freiwillig. Sie sind beispielsweise gezwungen worden, für minderwertige Ware überhöhte Preise zu zahlen.“


Zur konkreten Höhe des entstandenen Schadens konnte Vogt keine Angaben machen, weil die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. „Im Moment können wir die Größenordnungen nur erahnen. Insider stellen die Situation dramatisch dar. Nahezu alle italienischen Betriebe der Gastronomie sind Erpressungsopfer. Wenn ein Gastwirt mehrmals im Jahr Lieferungen erhält und jeweils 10.000 Euro zahlen muss, kommt einiges zusammen. Geht man davon aus, dass 80 oder mehr Wirte betroffen waren und die Praxis über Jahre lief, ergibt sich eine erhebliche Summe.“

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