Die DIA (Direzione Investigativa Antimafia) hat dem
Parlament am 3. Januar 2017 ihren Rechenschaftsbericht für das erste Halbjahr
2016 vorgelegt. Der Bericht von über 300 Seiten umfasst die wesentlichen
Informationen über die Mafien in Italien und die neuesten Entwicklungen. Ich
habe die Entwicklung der italienischen Mafien in Deutschland wie folgt zusammengefasst,.
Cosa Nostra
Die Präsenz der sizilianischen Mafia auf deutschem Boden
lässt keine Veränderungen erkennen, denn nach wie vor bieten die Politik und
die deutsche Wirtschaft günstige und vor allem interessante Möglichkeiten für
die kriminellen Vereinigungen. Die Bundesländer, in denen sich die Mafien am
stärksten im System verankert haben, befinden sich im Süden und Westen
Deutschlands, vor allem in Nordrhein-Westfalen, in Bayern und in
Baden-Württemberg.
Dort sind vor allem Gruppen aus Agrigento und Caltanissetta
tätig, und außerdem gewähren sie untergetauchten Mafiosi Unterstützung. Laut
DIA-Bericht arbeiten die Gruppen der Cosa Nostra in Deutschland wie auch in
anderen Gebieten mit anderen italienischen kriminellen Vereinigungen beim
Drogenhandel zusammen. Hinzuweisen ist hier auf die Operation „Samarcanda“, die
ein Drogengeschäft gestoppt hat, das den Nachschub für Platì (Provinz Reggio Calabria)
und Deutschland und den Vertrieb zwischen Gela und Niscemi (Provinz
Caltanissetta) garantieren sollte.
`Ndrangheta
Wie schon mehrfach berichtet, gelingt es unter den
italienischen Mafien vor allem der `Ndrangheta, sich im Ausland auszudehnen,
weil sie am besten die Gelegenheiten zu nutzen versteht, die die Globalisierung
der Märkte und des Finanzsystems, die Öffnung der Grenzen und der
technologische Fortschritt bieten. Neu aufgebaute Strukturen der `Ndrangheta
gibt es in Deutschland (Singen, Frankfurt, Radolfzell, Rielasingen, Ravensburg,
Engen, Duisburg), in der Schweiz (Frauenfeld und Zürich), Spanien, Frankreich,
Holland und in Australien und Amerika.
Österreich:
ist der neuralgische Punkt der Balkan-Drogen-Route.
Außerdem betreiben sie in Niederösterreich Geldwäsche, wie die Operation „Total
Reset“ im Jahre 2015 gezeigt hat, in deren Verlauf eine Villa in Baden bei Wien
beschlagnahmt wurde, und die gezeigt hat, wie die `ndrine (`Ndrangheta-Clans)
in Österreich von zahlreichen `Ndrangheta-Mitgliedern und Strohmännern
unterstützt werden.
Deutschland:
Die Ermittlungen der letzten Jahre bestätigen, dass die
`Ndrangheta in Deutschland Strukturen aufgebaut hat, die denen in ihren
Herkunftsorten gleichen, weshalb zum Drogenhandel auch die Versuche kommen, das
Kapital dort zu reinvestieren.
Dies gilt vor allem für Baden-Württemberg, Hessen, Bayern
und Nordrhein-Westfalen, wo es Leute gibt, die enge Verbindungen zu den Clans
Romeo-Pelle-Vottari und Nirta-Strangio aus San Luca (Reggio Calabria) und zu
den Clans Pesce-Bellocco aus Rosarno und Farao-Marincola aus Cirò (Provinz di
Crotone) haben.
Schweiz:
Hauptaktivitäten sind die Geldwäsche. Die Operation
„Helvetia“ hat gezeigt, dass es dort eine `Ndrangheta-Zelle gibt, die seit
mindestens 40 Jahren besteht. Die Ermittlungen haben sich vor allem auf die
Zelle von Frauenfeld konzentriert, die von Mitgliedern der Familie Nesci
geführt wird. Außerdem wurden in der Schweiz zwei untergetauchte Mitglieder des
Clans Nucera festgenommen, die Teil eines Netzwerks sind, das sich darum
kümmert, dort die Einkünfte aus den kriminellen Geschäften zu waschen.
Camorra
Wie aus dem DIA-Bericht hervorgeht, bestehen die
Hauptaktivitäten der Camorra in Deutschland darin, illegal gemachte Gewinne zu
reinvestieren, gefälschte Kleidungsstücke zu vertreiben, Falschgeld in Umlauf
zu bringen, dazu kommt der Handel mit gestohlenen Fahrzeugen. Diese Aktivitäten
beobachtet man vor allem in Berlin, Hamburg, Dortmund und Frankfurt, wo es
Leute in enger Verbindung zur Camorra gibt, die vor allem Geldwäsche in
Restaurantbetrieben, im Unternehmensbereich und im Immobiliengeschäft
betreiben. Vor allem die folgenden Gruppen werden genannt: Die „Allianz von
Secondigliano“ (die Clans Licciardi, Contini und Mallardo), der Clan
D’Alessandro aus Castellamare di Stabia, die Clans Rinaldi, Ascione, Cava,
Moccia, Fabbrocino, Casalesi, Sarno, Giorna und Di Lauro.
Mafien aus Apulien und
der Basilikata
Diese Mafien sind in Deutschland nicht stark
verwurzelt, aber man beobachtet einige kriminelle Gruppen, die Drogen- und
Waffenhandel betreiben und die auch untergetauchten Mafiosi Deckung geben. In
Mecklenburg-Vorpommern, so der Bericht, gibt es den Clan
Roccoli-Buccarelli-Donatiello aus Brindisi, während in Baden-Württemberg die
Mesagnesi aktiv seien.