Seit Monaten ist das Café am Eingang zum Turiner
Landesgericht nach einem Korruptionsverfahren geschlossen. Hier tranken bis vor
Kurzem noch Richter, Anwälte, Polizisten und Gerichtsbedienstete ihren
Cappuccino. Pikantes Detail: Die Betreiber der Kaffeebar waren
Camorra-Mitglieder. Sieben Personen befinden sich mittlerweile wegen Korruption
und Mafia-Verwicklungen hinter Gittern. Doch die "Bar del
Palagiustizia" in Turin ist nur die Spitze des Eisbergs.
15 Prozent vom Umsatz -
Denn 5000 Restaurants sollen in den Händen der Mafia sein.
In Italien gibt es 118.000 Restaurants, Trattorien und Pizzerien. Die
Beteiligung des organisierten Verbrechens am Umsatz in der Gastronomie beläuft
sich auf circa 15 Prozent. In italienischen Metropolen wie Rom und Mailand sei
mindestens jedes fünfte Lokal im Besitz eines Mafia-Bosses, vor allem der
kalabrischen ´Ndrangheta. "Das organisierte Verbrechen hat die
Wirtschaftskrise ausgenutzt, um die lokale Ökonomie zu unterwandern – und das
auf eine sehr große und weitreichende Art und Weise", sagt ein Sprecher
des italienischen Landwirtschaftsverbandes Coldiretti.
Vor wenigen Tagen gelang der Polizei ein neuer Schlag gegen
die Mafia: Dabei wurden Bankkonten und Besitztümer einer Camorra Familie im
Wert von 20 Millionen Euro beschlagnahmt. Darunter befand sich auch das
Mailänder Restaurant "Donna Sophia", das seit 1931 am Corso di Porta
Ticinese 1 betrieben wurde. "Leckeres Abendessen mit Pizza, Wein und
Tiramisu. Freundliche Bedienung und gute Preise. Gern wieder. So kann man den
Abend in Mailand ausklingen lassen", lautet einer der letzten Einträge
einer Kundin auf der Plattform TripAdvisor. Die Polizei hat die Kontrollen in
der Gastronomie intensiviert. 200.000 waren es 2016.
Restaurants und Bars dienen zumeist als Alibi für illegale
Geschäfte und Geldwäsche. Dabei geht es der Mafia laut La Repubblica weniger
darum "schmutzige Teller, als schmutziges Geld zu waschen". Den
meisten Lokalbetreibern ist es daher auch egal, ob das Restaurant gut besucht
ist. Zwei bekannte Restaurants in bester Lage in der Nähe des Pantheons im
römischen Centro Storico wurden 2015 wegen Mafiaverwicklungen geschlossen. Auch
die Beschlagnahmung des "Café de Paris" auf der legendären Via
Veneto, ebenfalls in den Händen der ´Ndrangheta, sorgte für Aufregung.
Die sizilianische Cosa Nostra hat besonderes Interesse am
Erwerb von landwirtschaftlichen Betrieben, sowie am Lebensmittelhandel,
Einkaufszentren und Supermärkten. Die Camorra ist auf Nahrungsmittelindustrie
und Gastronomie fokussiert. Die kalabrische ´Ndrangheta wiederum versucht
verstärkt Einfluss auf Landwirtschaft sowie öffentliche Verwaltung zu nehmen.
Coldiretti warnt vor dem skrupellosen Vorgehen der Mafia,
die bei der Lebensmittelproduktion keine Rücksicht auf Konsumentenschutz nimmt
und auch gesundheitsschädigende Mittel einsetzt. Kriminelle Bosse zwingen
Bauern zu Preisdumping. Die illegalen Einnahmen aus der Landwirtschaft beliefen
sich im Vorjahr auf geschätzte 21 Milliarden Euro. Dies sei um 30 Prozent mehr
als in den vergangenen Jahren.
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