Samstag, 5. Mai 2018

Schlag gegen die Mafia in Sizilien


Der Anti-Mafia-Polizei auf Sizilien ist ein Schlag gegen die Cosa Nostra gelungen. Immobilien, Bargeld und Grundstücke im Wert von 1,6 Milliarden Euro wurden bei einigen bekannten Unternehmern aus Palermo beschlagnahmt. Möglicherweise wurde dabei auch Matteo Denaro gefasst. Er gilt als der Boss der Bosse.



Wein und Fisch lassen auch in Deutschland ein Gefühl von italienischem „Dolce Vita“ aufkommen. Ermittlungen gegen die mächtige 'Ndrangheta zeigen den bitteren Beigeschmack: Im Geschäft mit italienischen Lebensmitteln hat die Mafia ihre Finger im Spiel. Nun wurden auch hier viele Mitglieder festgenommen – davon elf in Deutschland.

Ihnen werden Verstrickungen mit Clans aus der Mafia-Hochburg Corleone vorgeworfen. Ins Visier der Fahnder sind fünf im Bauwesen aktive Geschwister geraten.

Sie sollen jahrelang mithilfe ihrer Verbindungen zur Cosa Nostra Bauaufträge erhalten haben. Sie hatten Trusts aufgebaut, um sich öffentliche Bauaufträge zu sichern, berichteten italienische Medien. Laut der Polizei ist der konfiszierte Betrag einer der höchsten der vergangenen Jahre.

Mafioso am Brenner geschnappt


Die Flucht des 29-jährigen Paolo Cara aus San Luca bei Reggio Calabria in Kalabrien hat nur zwei Monate gedauert. Cara, der mit dem Clan der „Vanchelli“ von San Luca, einer mafia-ähnlichen kalabresischen Organisation, verwandt ist, ist bei seiner Einreise nach Italien von den Carabinieri von Bianco aus Reggio Calabria am Brenner mit seinem Bruder festgenommen worden.



Cara war im vergangenen Februar einer Festnahme im Rahmen der Carabinieri-Aktion „Passo di salto“ unter der Leitung der Anti-Mafia Direktion von Catanzaro entgangen und war nach Deutschland geflüchtet.

Cara wird vorgeworfen, einer Organisation anzugehören, die Catanzaro und die Küste des Jonischen Meeres mit größeren Mengen an Rauschgift belieferte. Die Ermittlungen der Carabinieri von San Luca bei Reggio Calabria sind sofort nach der Flucht von Cara in die Wege geleitet worden.

Der Mann wurde schließlich in Augsburg ausfindig gemacht. Es wurde ein internationaler Haftbefehl ausgestellt. Cara fühlte sich angeblich beobachtet und wertete sein Versteck in Augsburg als nicht mehr sicher, deshalb soll er versucht haben, nach Italien zurückzukehren, wo er den Carabinieri ins Netz ging. 

Montag, 30. April 2018

Schweizer Kripo heimlich von Mafia gefilmt und abgehört


Die Bundesanwaltschaft ließ zu, dass die italienische Anti-Mafia-Polizei in Brig Kameras und Mikrophone installierte. Wie sich jetzt erst herausstellte, waren die beauftragten Spezialisten Mafiosi allererster Güte. 

Hier tagten monatelang Mitglieder der Mafia

Wir haben den 17. August 2006. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, um 0.30 Uhr, stiegen ein paar Männer heimlich ins Gebäude der Bocciahalle am Südrand von Brig ein. Als sie kurz vor Tagesanbruch – eine Kirchenuhr hatte eben 5 Uhr geschlagen – herausgeschlichen kamen und sich aus dem Staub machten, stand die Überwachungsanlage.


Die Techniker hatten zwei Kameras und zwei Mikrophone installiert und sehr gut getarnt. Kabel und technische Geräte waren clever in die Decke eingebaut, eines der Mikrophone in der Wand direkt neben jenem Tisch, den Fortunato Maesano, der «Mafiaboss aus Brig», und seine Freunde bevorzugten. Alles war perfekt gelaufen: «Es gab keine Panne, und es wurde nichts beschädigt», notierte Kommissar «37649» in seinem Tagesrapport.

Noch am selben Tag, Punkt 22.00 Uhr, schalteten die Techniker die Anlage erstmals ein. Ab sofort konnten Fahnder der «Operation Feigenbaum» auf ihren Bildschirmen verfolgen, mit wem Fortunato Maesano und seine Kollegen Francesco Romeo, Antonio Mafrici und Bruno Pizzi in der Bocciahalle zusammensaßen. Und sie konnten vor allem auch mithören, worüber sie sprachen.


Aufzeichnungen mussten gelöscht werden

Bereits am zweiten Tag fiel der Ton aus, dann wiederum das Bild und schließlich sogar Ton und Bild. Die Techniker versprachen, die Panne zu beheben. Doch dafür mussten sie nochmals in das Gebäude der Bocciahalle einsteigen – nachts und heimlich. Es dauerte beinahe eine Woche, bis sich eine passende Gelegenheit bot. Solange war die Leitung tot. Erst ab dem 25. August klappte die Datenübertragung wiederum.

Kaum war die technische Panne behoben, gab es ein neues Problem. Die Videoüberwachung war an klare Auflagen geknüpft: «Die Video- und Tonüberwachung muss auf die Stelle beschränkt sein, wo die Verdächtigen jeweils zusammensitzen.» Diese Auflage war kaum einzuhalten. Grund: Die beiden Überwachungskameras zeigten ziemlich große Ausschnitte; nie filmten sie allein die Verdächtigen, sondern immer auch Personen, die nicht hätten observiert werden dürfen. Das war ärgerlich. Jetzt mussten alle Aufzeichnungen gelöscht und geschreddert werden. Und die Techniker mussten eine neue Anlage einbauen.


Nichts als Pleiten, Pech und Pannen

1. September 2006. Noch eine Panne. Wieder machten die Mikrophone schlapp. Diesmal dauerte es geschlagene zwei Wochen, bis der Schaden wieder behoben war.
Zeitweise geriet die Überwachung der Bocciahalle gar zur Lachnummer. Patrick Lamon, der Staatsanwalt des Bundes, der die «Operation Feigenbaum» leitete, und seine Fahnder hatten in ihrem Übereifer auch hohe Magistraten und bekannte Briger Beamte heimlich gefilmt und ihre Gespräche aufgezeichnet. In der Tat, in der Bocciahalle verkehrten damals nicht nur Mafiosi, sondern auch Briger Richter, ebenso Stadtschreiber Eduard Brogli. Wenn sie nach Feierabend ein Bier trinken oder ungestört reden wollten, gingen sie nicht in eines der bekannten Briger Bistros, sondern wählten den diskreten Privatclub Bocciahalle. Es steht zu vermuten, dass die Mafiosi den Spieß umgekehrt hatten und die Richter abhörten und filmten.

Am 25. Oktober wurden die Überwachungskameras und Mikrophone definitiv abgeschaltet, «aus technischen Gründen», wie es im Einstellungsbeschluss hieß. Was hatte die dreimonatige Überwachung gebracht? Nichts als Pleiten, Pech und Pannen. Die einzige gesicherte Ermittlungserkenntnis war: «Wir konnten immerhin feststellen, dass die Bocciahalle die offiziellen Öffnungszeiten nicht einhält.» Lächerlicher kann man sich als Kripo der Sondereinsatztruppe nicht machen.


vermeintliche Italienische Anti-Mafia-Polizei hinter der Tarnfirma

Erschreckend der Dilettantismus, mit dem «Sheriff» Patrick Lamon und seine Fahnder – alle Angehörige der Bundeskriminalpolizei – ans Werk gingen. Doch das war nicht alles. Hinter der stümperhaften Video-Überwachung in Brig entwickelt sich nun ein handfester Skandal.

Die Techniker, die die Überwachungsanlage einbauten, gehörten weder zur Bundespolizei noch zu einer anderen Schweizer Polizei. Sie kamen aus Italien und waren Mitarbeiter der «Network Security Activity» (NSA), eine völlig unbekannte Sicherheitsfirma aus Cigognola, ein kleines Nest ein paar Kilometer südlich von Pavia. Allesamt Mafiosi, die ihr Handwerk verstanden. Die NSA-Techniker lieferten auch die Kameras und Mikrophone, für die sie pro Tag 480 Euro verrechneten. Und sie waren es, die für die Übermittlung der Aufnahmen beauftragt waren. Dazu benutzten sie zwei Mobiltelefone, beide mit italienischem Anschluss. Kostenpunkt für einen Monat: 2‘100 Euro.

Doch eigentlich gab es die NSA nicht. In Tat und Wahrheit handelte es sich um eine Tarnfirma. Unsere Recherchen haben ergeben: Hinter der NSA verbirgt sich niemand anders als die italienische Mafia-Polizei.


Heiße Fragen an die Bundesanwaltschaft

Wieso setzte Staatsanwalt Patrick Lamon nicht eigene Techniker ein? Immerhin verfügten Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalpolizei über bestens ausgebildete Abhörspezialisten. War es rechtens, Ausländer mit diesem Job zu betrauen? Wurden die Aufnahmen aus der Bocciahalle in Brig ausschließlich an das Team von «Staatsanwalt» Patrick Lamon übermittelt oder eventuell auch an italienische Polizei- und/oder Ermittlungsbehörden? Fragen über Fragen.
Zu diesen Fragen hörte man von der Bundesanwaltschaft folgende Stellungnahme:
«Das Verfahren wurde gemäß der damals geltenden Strafprozessordnung geführt. Die angeordneten Überwachungsmaßnahmen waren von der zuständigen Behörde bewilligt. Die vorgenommenen Ermittlungshandlungen brachten keine verwertbaren Resultate zu Tage, um das Verfahren weiterzuführen. Es wurde im August 2007 eingestellt.»


Keine Rede von einer Rechtshilfe an Italien

Es trifft in der Tat zu, dass die Überwachung der Bocciahalle bewilligt wurde. Doch die zuständige Bewilligungsbehörde wusste nicht, dass an der Überwachung italienische Ermittler beteiligt waren. Im Gesuch war auch weder von einer Rechtshilfe an Italien die Rede noch davon, dass die italienische Anti-Mafia-Polizei DIA an der Operation direkt beteiligt war.

Im Gesuch hieß es lediglich: «Beim jetzigen Stand der Ermittlungen können wir immerhin sagen, die Bocciahalle ist ein wichtiger Ort (‚lieu clé‘ - eine Schlüsselstelle, A.d.R.), wo unsere diversen Verdächtigen täglich verkehren.» Und: «Fügen wir noch an: Aus technischen Gründen werden die nötigen Überwachungsgeräte von einer Privatfirma zur Verfügung gestellt und auch installiert.» Kein Wort über die Zusammenarbeit mit italienischen Ermittlungs- oder Fahndungsbehörden. Da waren mit «Sheriff» Patrick Lamon wieder mal die Pferde durchgegangen. Er hatte geschummelt: Mit Lügen durch Weglassen eine Bewilligung für eine Videoüberwachung erschlichen.

Ja, ja, wer die Mafia aufs Kreuz legen will, muss sehr früh aufstehen.


Sonntag, 8. April 2018

Der Pate aus Stuttgart gefasst


Über 25 Jahre lang war es dem Pizzeria-Wirt aus Stuttgart gelungen, durch die Maschen von italienischen und deutschen Fahndern, Ermittlungen und Justizprozessen zu schlüpfen. Mario L. soll Handlanger und Statthalter einer mächtigen Mafia-Familie aus Kalabrien, des Farao-Marincola-Clans, sein und für sie, völlig unbehindert, illegale Geschäfte in Deutschland geführt haben.



War ihm das gelungen, weil er Vermögen besaß und Freundschaften in Politik und Wirtschaft pflegte? Schon in den 90er-Jahren speisten baden-württembergische Politiker in der Pizzeria von „Mariuzzo“, darunter der damalige CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag und heutige EU-Kommissar, Günther Oettinger. Am Dienstag führte die Polizei außer in Baden-Württemberg auch Razzien in Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen durch.

Politische Macht ist für die Mafia in Italien alles. Noch während Mario L. abgeführt wurde, legten italienische Carabinieri nicht nur zwölf Komplizen Handschellen an – auch sie mutmaßliche Angehörige und Handlanger der mächtigen ’Ndrangheta-Familie –, sondern auch Lokalpolitikern in Kalabrien. Unter ihnen ist der Präsident der Provinz Crotone. Gegen 158 weitere Verdächtige wurden Haftbefehle in ganz Italien vollstreckt. Ziel der „Operation Stige“ der italienischen Antimafia-Staatsanwaltschaft und der Carabinieri war ein Schlag gegen das Wirtschaftssystem der Farao-Marincola-Familie. Sie ist tonangebend in der kalabrischen Mafia, ein „Clan der Serie A“, wie es der ermittelnde Staatsanwalt Nicola Gratteri nannte.
(siehe auch Mafia-Clans – hier im Blog)

Die Vorwürfe lauten Erpressung, Korruption, Geldwäsche und illegale Geschäfte. Aktiv ist der Clan im Lebensmittel- und Weinhandel, in der Müllentsorgung und in Beerdigungsunternehmen – Sektoren, die zu den einträglichsten Wirtschaftszweigen der Region Kalabrien gehören. 50 Millionen Euro Vermögenswerte wurden bei der Razzia beschlagnahmt. In Deutschland ging es vor allem um Wein: Lokale Wirte und Händler wurden gezwungen, Produkte zu kaufen, die der Farao-Marincola-Clan nach Deutschland exportierte.

„Tochterorganisationen“ in Stuttgart, Frankfurt, München und Wiesbaden organisierten das Geschäft, nach den Erkenntnissen der Ermittler mit denselben hierarchischen Strukturen und kriminellen Methoden des Mutter-Clans. Auch Mario L. soll für den Farao-Marincola-Clan jahrelang diese Geschäfte gelenkt haben. Dabei war er der deutschen Öffentlichkeit längst bekannt. In den 90er-Jahren brüstete L. sich gern damit, dass er mit dem damaligen CDU-Fraktionschef und späteren Ministerpräsident Oettinger befreundet sei. Mario L. hatte der Landes-CDU damals Spenden in Höhe von mehreren Tausend Mark zukommen lassen, in seinem Lokal richtete er „kalabrische Abende“ für die Fraktion aus.

Man konnte Oettinger häufig in L.s Restaurant antreffen. Der damalige Justizminister Baden-Württembergs, Thomas Schäuble (CDU), warnte Oettinger 1992 unter vier Augen, dass sein Name im Zusammenhang mit abgehörten Telefonaten aus der Pizzeria mehrfach aufgetaucht sei. Auch Innenminister Frieder Birzele (SPD) unterrichtete Oettinger im Oktober desselben Jahres, dass Mario L. im Verdacht stehe, mit einer Mafia-Organisation zusammenzuarbeiten.


Prozess aus Mangel an Beweisen eingestellt

In einem Vermerk der Staatsanwaltschaft Stuttgart von 1994 stand L. als mutmaßliches Clanmitglied unter dem „dringenden Verdacht, Organisator von Rauschgift- und Waffentransporten im Großraum Stuttgart“ zu sein und mehrere Millionen Mark in schweizerische und italienische Immobilien und Wertpapiere investiert zu haben.

Ein Untersuchungsausschuss prüfte, ob Oettinger sich des Geheimnisbruchs schuldig gemacht und die Ermittlungen behindert habe. Doch der Verdacht gegen Oettinger lief ins Leere. Die italienische Justiz eröffnete in den 90er-Jahren einen Prozess gegen Mario L., aber 1999 wurde der mangels Beweisen freigesprochen.
Die „Operation Stige“ (italienisch für Styx, den Unterweltfluss der griechischen Mythologie) ist ein wichtiger Meilenstein im Kampf der italienischen Ermittler gegen die Expansion der ’Ndrangheta aus Kalabrien, die heute weltweit operiert und zu den gefährlichsten und mächtigsten kriminellen Organisationen der Welt aufgestiegen ist. Sie macht einen Jahresumsatz von schätzungsweise 150 Milliarden Euro – mit Drogen- und Waffenhandel sowie Geldwäsche, aber auch mit Investitionen in legale Unternehmen. Mit ihrer finanziellen Kraft kauft sie sich in die Politik ein.

Ermittler warnt vor langem Arm der Mafia

„Operation Stige“ ist dafür exemplarisch. Staatsanwalt Gratteri, der das kriminelle Potenzial der ‘Ndrangheta wahrscheinlich besser kennt als irgendein anderer, ist ständig in Europa, den USA und Kanada unterwegs. Um zu ermitteln und um seine Arbeit mit anderen Fahndern zu koordinieren. Er rät seit vielen Jahren, die Gefahr auch in Deutschland nicht zu unterschätzen. Am Dienstag warnte Gratteri vor allem vor der Infiltration der Politik durch Mafia-Familien.

„Wir wissen, dass die Kriminellen die Politiker heute nicht mehr erpressen müssen, um Einfluss in der Politik zu gewinnen“, sagte er am Dienstag auf einer Pressekonferenz über die aktuellen Razzien. „Die Politiker wenden sich an die Clans, um bei Wahlen deren Unterstützung und Stimmenpakete der Wähler zu erhalten. Sie gestatten der Mafia mitzuregieren, ihre Leute direkt auf politische Posten und in die öffentliche Verwaltung zu setzen“, so Gratteri.

Er weiß, dass gerade die `Ndrangheta – im Gegensatz zur sizilianischen Cosa Nostra und der neapolitanischen Camorra – international Respekt und Ansehen bei kriminellen Organisationen, Drogen- und Waffenhändlern genießt, weil sie streng hierarchisch organisiert ist und es kaum Überläufer und Kronzeugen gibt. Ihre Hauptquartiere liegen nach wie vor in kalabrischen Dörfern, hoch in den Bergen und von der Außenwelt abgeschnitten, häufig komplett von den Clans regiert.
So lag die Zentrale des Strangio-Clans im kleinen San Luca, in dem kleinen Ort Ciro das Hauptquartier der mit ihr alliierten Farao-Marincola-Familie. Gratteri weiß, wie das Leben in diesen Dörfern funktioniert: Er stammt aus dem kleinen Bergdorf Gerace in dieser Gegend.



Mittwoch, 14. März 2018

Mafiosi aus dem Umfeld des Paten Matteo Denaro verhaftet


Italienische Ermittler haben zwölf Verdächtige aus dem Umfeld des seit einem Vierteljahrhundert flüchtigen Mafia-Paten Matteo Messina Denaro verhaftet. Sie stehen im Verdacht, den mutmaßlichen Chef der sizilianischen Cosa Nostra finanziell unterstützt zu haben, erklärte die Polizei am Dienstag. Demnach stammten die Verhafteten aus Mafia-Familien der beiden im Westen der Insel gelegenen Orte Vita und Salemi.

Matteo Denaro

Am Dienstag wurde der Unternehmer Vito Nicastri in Sizilien verhaftet. Er steht im Verdacht, Messina Denaro zur Flucht verholfen und ihn finanziell unterstützt zu haben. Insgesamt wurden zwölf Personen in Haft genommen. 

Matteo Messina Denaro altert nicht. Seine Haare sind noch genauso voll wie vor 20 Jahren, das Gesicht zeichnet keine Falte mehr, die Brille trug er schon immer. Matteo Messina Denaro, 55 sieht im kollektiven Gedächtnis Italiens noch genauso aus wie irgendwann Anfang der 90er. Aus dieser Zeit stammen die letzten Fotos, die ihn zeigen. Seitdem nichts mehr. Kein Bild, kein Wort, keine Spur. 1993 tauchte Denaro unter. Und er tauchte nie wieder auf.

Messina Denaro trägt viele Namen. Einige nennen ihn "Rolex", weil er neben schönen Frauen und schnellen Autos auch teure Uhren liebt. Andere nennen ihn "Diabolik", von "diavolo", Teufel, als Hommage an seine blutige Geschichte. Denaro, der Killer, der Drahtzieher, der angeblich ganz große Boss der sizilianischen Mafia "Cosa Nostra". "Mit meinen Opfern", soll Denaro einmal geprahlt haben, "lässt sich ein Friedhof füllen." Seinen ersten Mord soll er im zarten Alter von 18 Jahren begangen haben, mittlerweile werden ihm über 50 angelastet. Deshalb trägt Denaro noch einen weiteren Namen: "capo dei capi", Boss der Bosse.

Aktuell gilt Matteo Messina Denaro als einer der meistgesuchten Schwerverbrecher der Welt, extrem gefährlich. Wie "Il Corriere della Sera" berichtet, gab der italienische Staat bisher Abermillionen Euro aus, um Denaro zu finden und dingfest zu machen. Rund 200 Beamte von Polizei und Carabinieri arbeiten an dem Fall, die Ermittlungen werden von der Staatsanwaltschaft von Palermo und Caltanissetta geleitet. Die Ermittler sind abgeschirmt, Informationsaustausch findet nur auf höchster Ebene statt, zu groß ist die Angst, ein Maulwurf könnte sich einnisten und die Ermittlungen zunichte zu machen.


PhantomSecure verhökert abhörsichere Smartphones an Mafia


Weil seine Firma neben Regierungsstellen und Behörden auch Bosse der Mafia und von Drogenkartellen mit abhörsicheren Smartphones ausgestattet haben soll, wurde der Chef von Phantom Secure jetzt in den USA verhaftet.


Der Markt für speziell gegen Spionage abgesicherte Smartphones ist äußerst überschaubar und ein guter Leumund bei Regierungen und öffentlichen Einrichtungen ein fast ebenso wichtiger Erfolgsfaktor wie das entsprechende technische Knowhow. Umso erstaunlicher scheint deshalb die Nachricht, dass nun ausgerechnet der Gründer und Chef des angesehenen Anbieters Phantom Secure, Vincent Ramos, von der US-Bundespolizei FBI verhaftet wurde.

Laut Berichten amerikanischer Medien ist er auf der Suche nach neuen zahlungskräftigen Kunden offenbar den finanziellen Verlockungen der Unterwelt erlegen und hat seine Geräte auch zu Tausenden bewusst an diverse kriminelle Organisationen von Rockergruppen über Mafiaclans bis hin zu Drogenkartellen verkauft. Das FBI wirft Ramos deshalb unter anderem Beihilfe zum Drogenhandel vor.

Phantom Secure ist nicht der erste Anbieter solcher Hochsicherheits-Mobiltelefone, der in den Verdacht geraten ist, auch kriminelle Organisationen zu beliefern. In Europa wurden etwa in den letzten zwei Jahren die Büros der beiden niederländischen Anbieter Ennetcom und PGP Sure wegen entsprechender Vorwürfe durchsucht und dabei auch mehrere Mitarbeiter verhaftet.

Mittwoch, 7. März 2018

Ehrenwerter Mafioso in Erfurt verklagt TV-Sender


Von Journalisten und Polizeibehörden wurde im Rahmen der Fernsehsendung „Mafiosi unter uns“ ein Erfurter Gastronom enttarnt. Die Sendung wurde im November 2015 im MDR ausgestrahlt und auch auf YouTube angeschaut werden. Nun ja, es ist kein Geheimnis, dass im Ristorante Roma häufiger Gäste verkehren, die aus Kalabrien kommend, endlich einmal in Erfurt gut essen gehen wollen.



In einem Fernsehbeitrag des MDR wird der Italiener der Mafia-Mitgliedschaft verdächtigt. Bei der Polizei übrigens auch. Wer Besitzer und Lokal kennt, kann ihn im Beitrag identifizieren. Für diese Bloßstellung forderte der Restaurant-Betreiber eine Geldentschädigung wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts. Bislang erfolglos. Im Fokus des Berichts stand die ’Ndrangheta, die ihren Ursprung in Kalabrien hat und seit Mitte der 1990er Jahre als mächtigste Mafia-Organisation Europas gilt. Wichtigste Einnahmequellen sind der Drogenhandel und die illegale Müllentsorgung.

Deutschland wird vor allem dazu genutzt, die Millionen von Einnahmen sauber zu waschen, bevorzugt über hochpreisige italienische Restaurants. Nach den Ermittlungen von Polizeibehörden und Journalisten spielt die Stadt Erfurt eine maßgebliche Rolle in den Geldwäsche-Aktivitäten der ’Ndrangheta. Alle Wetter. So neu ist das auch wieder nicht, zumindest nicht für die Sondereinheit der Antimafiasektion der Carabinieri in Italien.


 Im TV-Beitrag berichteten die Journalisten anonymisiert über einen bestimmten Gastronomen, der Mitglied der Mafia sein soll. Das Bildmaterial lässt relativ einfach Rückschlüsse auf das Restaurant und seinen Besitzer zu, wenn man sich in Erfurt auskennt oder für die Sache interessiert. Diese Publizität passte dem enttarnten Gaststätten-Inhaber überhaupt nicht. Er sah sich durch die MDR-Sendung verunglimpft und in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Das Dumme an der Geschichte: Die Richter wiesen die Klage des Gastronomen zurück. Mein Rat? Einige Journalisten sollten öfter einmal hinter sich schauen, wenn sie essen gehen.

Samstag, 3. März 2018

Mafia-Boss in Saarbrücken festgenommen

Er war der Vizechef der süditalienischen Mafia. Jetzt wurde er in Deutschland festgenommen. Spezialeinheiten der Polizei und verdeckt arbeitende Carabinieri überwältigten den Mann in der Saarbrücker Innenstadt.




Ein international gesuchter Mafia-Boss ist am Freitagnachmittag in der Innenstadt von Saarbrücken festgenommen worden. Wie das Landespolizeipräsidium mitteilte, wurde der 31-jährige mutmaßliche Vizechef eines süditalienischen N'drangheta-Clans von Spezialeinheiten der Polizei in der Nähe der Fußgängerzone im Zentrum der saarländischen Landeshauptstadt überwältigt. Er sollte demnach noch am Abend einem Haftrichter vorgeführt werden, der dann auch über seine Auslieferung an Italien entscheide.

Der Mafia-Boss wurde demnach seit 2013 mit einem von den italienischen Behörden ausgestellten europäischen Haftbefehl gesucht. Ihm werde Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Erpressung und Rauschgiftkriminalität vorgeworfen. Bei seiner Festnahme gegen 15 Uhr sei er in Begleitung einer 31-jährigen Frau gewesen. Bei dem Einsatz arbeiteten Beamte der Polizeien des Saarlandes sowie von Rheinland-Pfalz und Carabinieri aus Catania zusammen.

Freitag, 2. März 2018

Die ’Ndrangheta mitten im slowakischen Politik-Filz


Die «italienische Spur» im Mordfall Kuciak weist auf heikle Kontakte zwischen Politik und organisiertem Verbrechen. Zu klären bleibt, wie stark die ’Ndrangheta die Slowakei bereits unterwandert hat.



Ins Zwielicht geraten waren Troskova und Jasan wegen ihrer Verbindungen zu Antonino Vadala. Er solleinem der einflussreichsten Clans der Ndrangheta angehören. Dieser soll laut der italienischen Polizei für mindestens 25 Morde verantwortlich sein und einen Teil des Kokainhandels kontrollieren. Der Italiener floh 2003 vor einem Gerichtsverfahren in die Slowakei; er hatte einem Auftragsmörder Unterschlupf gewährt. Mit viel Geld ausgestattet, kaufte Vadala im ostslowakischen Bezirk Trebisov Land und etablierte sich als Unternehmer im Immobilien- und Energiegeschäft. Obwohl er bisher nicht der Geldwäsche überführt wurde, passt die Übersiedelung in die Strategie der ’Ndrangheta, ihr Geld im Ausland zu waschen.

Politisch relevant ist die Geschichte deshalb, weil Vadala nicht nur Wahlwerbung für die Regierungspartei Smer machte, sondern auch mit Troskova und Jasan Firmen besaß. Damit hätten zwei Personen mit Mafiakontakten regelmäßig Zugang zu Ministerpräsident Fico gehabt, schreibt Kuciak. Über den Sicherheitsrat hatte Jasan zudem Kenntnis von Staatsgeheimnissen. Fico wählte ihn und Troskova persönlich für ihre Posten aus – wobei der Aufgabenbereich von Letzterer nie spezifiziert wurde. Die Kontakte der beiden werfen auch ein schiefes Licht auf Fico, auch wenn ihm selbst keine dubiosen Geschäftsbeziehungen vorgeworfen werden.

Offen bleibt, wie stark die italienische Mafia die Slowakei unterwandert hat. Auffällig ist die starke Stellung der ’Ndrangheta in der Landwirtschaft. Mafiosi kassieren dafür laut dem Nachrichtenportal Aktuality Subventionen in Millionenhöhe, auch von der EU. Die Kommission hat angekündigt, diese Zahlungen zu prüfen. Sie sind aber nur dann missbräuchlich, wenn die Landbesitzer die Größe ihrer bewirtschafteten Fläche übertreiben, um mehr Geld zu erhalten, wie dies teilweise geschah. Die Frage, ob Mafiagelder über Investitionen in slowakischen Grund und Boden gewaschen wurden, müssten die nationalen Behörden prüfen.



Donnerstag, 1. März 2018

Journalist Ján Kuciak von `Ndrangheta hingerichtet


Mitglieder des italienischen Mafiaclans ’Ndrangheta haben sich in der Slowakei ausgebreitet. Von den Mächtigen werden sie geschützt.


Ján Kuciak hat seine Recherchen nicht mehr zu Ende führen können. Am 25. Februar wurde der Reporter des slowakischen Nachrichtenportals aktuality.sk mit seiner Verlobten Martina Kusnirova in ihrem Haus im Dorf Velka Maca erschossen. Kuciaks letzte Recherche drehte sich um mögliche Verbindungen der kalabrischen Mafia ‘Ndrangheta bis in die höchsten Sphären der slowakischen Politik.

Kuciak hatte herausgefunden, dass eine enge Beraterin des slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico, Maria Troskova, und der Chef des nationalen slowakischen Sicherheitsrates, Viliam Jasan, Verbindungen zu einem dubiosen kalabrischen Geschäftsmann namens Antonino Vadala unterhielten. Fico könnte diese Verbindung noch in erhebliche Bedrängnis bringen. Am Mittwoch trat der slowakische Kulturminister als Reaktion auf den Mord an dem Journalisten zurück.

Der Italiener Vadala lebt seit Jahren in der Slowakei und ist dort an einer Vielzahl von obskuren Unternehmungen involviert, von landwirtschaftlichen Betrieben bis zu Biogasanlagen. Zahlreiche Indizien deuten darauf hin, dass Vadala in Verbindung mit der ‘Ndrangheta steht, immer wieder wurden in seine Unternehmen Gelder aus dunklen italienischen Quellen investiert.

Antonio Vadala - Mitglied der `Ndrangheta

In diversen Gerichtsverfahren musste sich Vadala in den vergangenen Jahren unter anderem wegen illegalen Waffenbesitzes oder des Verdachts auf betrügerische Spekulation und Mehrwertsteuerbetrug verantworten. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass seine Firmen an Agrar-Subventionsbetrug und Geldwäsche beteiligt waren. Den Beweis dafür konnte Ján Kuciak nicht mehr führen. Wir dokumentieren den Stand seiner Recherchen anhand seines letzten, unfertigen Textes, der sich auf seinem Computer befand.



Samstag, 24. Februar 2018

Paten der deutschen Provinz


In Erfurt soll die 'Ndrangheta Restaurants betreiben, das vermutet auch die italienische Antimafiabehörde. Die Behörden in Thüringen aber sehen keinen Anfangsverdacht.



Die Michaelisstraße in Erfurt ist das, was man als gute Adresse bezeichnet. Manche nennen sie sogar die steinerne Chronik der Stadt. Ein mittelalterliches Gebäude reiht sich an das nächste, vom vormaligen Hauptgebäude einer der ältesten deutschen Universitäten bis hin zur Michaeliskirche ist alles saniert. Der Benediktsplatz und die Krämerbrücke grenzen an, auch der Fischmarkt mit seinen alten Gildehäusern ist nah. Hier ist die thüringische Landeshauptstadt, die auch sonst sehr vorzeigbar ist, besonders hübsch.

Am Abend des 11. Oktober saßen Einheimische und Touristen vor den Cafés der Michaelisstraße. Es war ungewöhnlich lau, die Innenstadt voller Menschen. Sie aßen Eis oder genossen einen letzten Aperol vor dem Winter. Plötzlich fiel ein Schuss. Menschen schrien, Stühle flogen. In einem Lokal am Ende der Straße gingen etwa 20 Männer aufeinander los. So berichteten es später Zeugen. Nach wenigen Minuten war alles vorbei. Die herbeigerufene Polizei traf keinen der Angreifer mehr an. Sogar eines der Opfer war geflohen. Der Rest der Beteiligten schweigt, bis heute.   

Die Polizei führte Razzien und Durchsuchungen in Erfurt, Weimar und Suhl durch, auch in Zwickau und Berlin. Gefunden wurden Schusswaffen, Elektroschocker, Schlagstöcke und fast 30.000 Euro Bargeld. 15 Tatverdächtige ermittelten die Beamten, darunter mehrere Russen, ein Serbe, aber auch Männer mit deutschem Pass. Fünf kamen in Untersuchungshaft.   

Einige Monate später, an einem schmuddeligen Wintertag, sitzt Peter Hehne an einem großen Besprechungstisch im Thüringer Landeskriminalamt. Die Polizeibehörde befindet sich an einer Ausfallstraße im Süden Erfurts, in einem großen, gut bewachten Gebäudekomplex. "Von Mafia rede ich nicht so gerne", sagt er. Wenn, dann gehe es um organisierte Kriminalität, kurz OK. 


Jeder kann es sehen

Neben Hehne sitzt LKA-Präsident Frank-Michael Schwarz. Er war den größten Teil seines beruflichen Lebens Staatsanwalt und lässt lieber seinen Abteilungsleiter reden. Ab und an sagt er in ausgesucht freundlichem Ton Sätze wie: "Wir müssen uns streng an die Strafprozessordnung halten." Das soll wohl heißen: Wir würden ja gerne mehr tun. Aber leider.

Hehne ist als Abteilungsleiter für das OK-Dezernat 62 zuständig. Der Beamte schiebt seine Brille auf der Nase nach oben und referiert: 20 Dienstposten stünden für die OK zur Verfügung, 16 seien mit realexistierenden Beamten besetzt. "Und die", sagt er, "haben alle allein mit dem, was sich aus dem Hellfeld an Ermittlungen aufdrängt, gut zu tun."

Der Begriff Hellfeld ist bitter wörtlich zu nehmen. Es bezeichnet jenen Bereich der organisierten Kriminalität, der für die Strafverfolger sichtbar ist. Was die Polizei in Erfurt sieht, kann aber praktisch auch jeder andere sehen. 

In dieser übersichtlichen Stadt, die mit den vielen eingemeindeten Dörfern gerade mal gut 210.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählt, kämpfen kriminelle Banden erstaunlich offen im öffentlichen Raum. Bereits im Sommer 2014 kam es zu einer Schießerei vor einem Spielpalast. Dabei wurden zwei Männer schwer verletzt. Es gab zwar einen Prozess und einige Verurteilungen, doch wer da genau gegen wen kämpfte, wissen die Ermittler bis heute nicht.


"Die Leute sind so dreist"

Später brannte der Wagen eines mutmaßlichen Mafiamitglieds aus, postwendend traf es ein Auto der Konkurrenz, wobei es sich beide Male um Fahrzeuge der obersten Preisklasse handelte. Es wurde ein Brandanschlag auf ein Restaurant in der Innenstadt verübt. Bei einer Auseinandersetzung in einem Bordell wurde einem Mann eine Mistgabel in den Bauch gerammt. Und als im vergangenen Jahr der Boxer Arthur Abraham in der Erfurter Messehalle zum Kampf antrat, kam es in aller Öffentlichkeit zu einer Massenschlägerei. Dabei waren zum Teil dieselben Männer beteiligt wie bei der Schießerei vor dem Spielpalast.  

"Wir haben es in Erfurt mit gefährlichen Mitgliedern der Mafia zu tun", sagt Ermittler Hehne. "Diese Leute sind so dreist, in der Öffentlichkeit herumzuschießen und sich zu prügeln." Die Erfurter Polizei ist vollauf beschäftigt mit dem Hellfeld.

Doch was ist mit dem Dunkelfeld? Was ist mit den Behauptungen von Buchautorinnen und -autoren wie Claudio Mancini, Petra Reski und Jürgen Roth, dass sich die italienische Mafia seit den frühen 1990er-Jahren in Mitteldeutschland – und hier vor allem in Erfurt – eingenistet hat? Und was ist mit den italienischen Antimafiabehörden, die in der Stadt eine gut organisierte Dependance der kalabrischen Mafia vermuten? Die Justizbehörden schweigen sich darüber aus.  

Montag, 12. Februar 2018

Sizilien: „König“ der illegalen Wetten verhaftet


Bei einer Razzia gegen die Mafia auf Sizilien sind am Donnerstag 31 Personen festgenommen worden. Zu ihnen zähle auch ein Unternehmer, der als italienischer "König" der illegalen Wetten gilt, teilte die Polizei mit.



Mithilfe der Mafia soll der Geschäftsmann ein Netz aus über 700 illegalen Wettstellen in ganz Italien aufgebaut haben, die ihm Millionen bescherten. Dank mafiöser Unterstützung avancierte er laut den Ermittlern zum Monopolisten im Bereich der illegalen Wetten. Teile seiner Einnahmen flossen den Mafia-Clans zu. Dem Unternehmer werden Mafia-Zugehörigkeit, Geldwäsche, Betrug auf Kosten des Staates und Drogenhandel vorgeworfen, berichteten die Ermittler.

Hinter Gittern landeten auch einige enge Mitarbeiter des Mannes. Beschuldigt wurde er von abtrünnigen Mafiosi, die sich zur Zusammenarbeit mit der Justiz entschlossen hatten. "Game over" - so lautet der Name der komplexen Untersuchung der Staatsanwaltschaft von Palermo. Illegale Wetten seien in den vergangenen Jahren für Cosa-Nostra-Clans immer rentabler geworden. Sie hätten sich als ein einfacher Weg zur Geldwäsche etabliert, berichteten die Ermittler.

Justiz rüstet gegen Clan-Mafia in Duisburg auf


"Wir haben es in Duisburg mit 70 relevanten Familien mit mehr als 2.800 Personen zu tun“, erklärte Justizminister in NRW. Diese sollen mit dem Modell "Staatsanwälte vor Ort" besser überwacht werden.


 Mit dem Modell „Staatsanwälte vor Ort“ will die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen in Zukunft den kriminellen Machenschaften der 70 Clans auf den Leib rücken. Zuerst wird das Projekt in Duisburg starten und später auf andere Städte ausgeweitet werden.

Um eine Verbesserung der Datensammlung zu gewährleisten, will Justizminister Biesenbach (CDU), im Norden Duisburgs, zusätzlich zwei Vor-Ort-Staatsanwälte abstellen. Sie sind dazu beauftragt, Informationen über das Milieu der Familienclans zu sammeln, zu bündeln und einen besseren Informationstransfer, zu gewährleisten. Somit kann eine Strafverfolgung schneller erfolgen. Es ist bisher zu wenig über die Aktionen der Clan-Mafia bekannt, sodass es schon vorkam, dass Clanmitglieder mit einem Mercedes der S-Klasse beim Amt vorfuhren, um Hartz IV-Leistungen zu beantragen. Und besonders die männlichen Clanmitglieder seien in Straftaten wie Körperverletzung, Raub, Schutzgelderpressung und Drogenkriminalität, verwickelt.

Direkt im Brennpunkt, im Stadtteil Hamborn sollen die Vor-Ort-Staatsanwälte ihren Sitz bekommen. „Wir haben es in Duisburg mit 70 relevanten kurdisch-, türkisch- und arabischstämmigen Familien mit mehr als 2.800 Personen zu tun“, begründete Peter Biesenbach gegenüber der „Rheinischen Post“ die Dringlichkeit eines solchen Projektes. Es geht auch darum, Einnahmen aus kriminellen Machenschaften einzuziehen. Allein in NRW sollen in 2017 bereits 192 Millionen Euro, durch die Beschlagnahme illegalen Vermögens eingenommen worden sein, teilte Biesenbach der RP mit.

Wie die Sprecherin der Duisburger Staatsanwaltschaft, Anna Christiana Weiler der „NRZ“ mitteilte, reagierte die Staatsanwaltschaft Duisburg erfreut auf die Ankündigung des Justizministers. Das neue Konzept für die Vor-Ort-Staatsanwälte sei in Duisburg erarbeitet worden, um die Zusammenarbeit von Polizei, Zoll, Steuerfahndung, Job-Center und Ordnungsamt im Kampf gegen kriminelle Clan-Strukturen weiter zu verbessern.

Bereits im Jahr 2015 soll der damalige nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) im Kampf gegen die Familienclans in NRW, eine bessere Ausstattung der Polizei versprochen haben, so berichtet die „Junge Freiheit“. Das Projekt wurde in Berlin- Neukölln bereits erfolgreich getestet. 


Freitag, 2. Februar 2018

BKA zählt fast 600 Mafia-Mitglieder in Deutschland


(siehe auch unter CLANS IN DEUTSCHLAND - Hier im Blog)

Seit 2008 hat sich die Zahl der italienischen Clan-Mitglieder in Deutschland mehr als vervierfacht. Die Polizei warnt vor dem zunehmenden Einfluss der Mafia und ruft Opfer auf, ihr „Schweigen zu brechen“.

Die Zahl der italienischen Mafia-Mitglieder in Deutschland hat einen neuen Höchststand erreicht. Das berichtet das Nachrichtenmagazin FOCUS unter Berufung auf das Bundeskriminalamt (BKA). Demnach sind die Polizei bundesweit rund 590 Personen bekannt, die Mafia-Clans angehören. Das sind mehr als vier Mal so viele wie vor zehn Jahren, als die Zahl bei 136 lag.



Die stärkste Mafia-Gruppe in Deutschland ist aktuell die ’Ndrangheta mit 353 Mitgliedern, gefolgt von der Cosa Nostra mit 125 Mitgliedern und der Camorra mit 91 Mitgliedern. Die Dunkelziffer dürfte viel höher sein. Verwaltungen, Ämter und Behörden besonders gefährdet.

Das BKA warnt vor dem zunehmenden Einfluss der Mafia auf allen gesellschaftlichen Ebenen. Sabine Vogt, Abteilungsleiterin Schwere und Organisierte Kriminalität, sagte dem FOCUS: „Vielen ist gar nicht bewusst, welchen Einfluss, welche Macht die Mafia auch hierzulande hat.“ Die Mafia lasse nichts unversucht, „um in die Gesellschaft einzudringen und die Wirtschaft zu schädigen“.

Vogt sagte dem FOCUS weiter: „Es gibt viele Bereiche, die für die Mafia interessant sind, etwa öffentliche Verwaltungen, Ämter und Behörden. Überall da, wo es um große Projekte, lukrative Aufträge, Zulassungen oder Baugenehmigungen geht, muss man sensibel sein.“ Die Einflussnahme könne auf sehr subtile Art erfolgen. Vogt: „Eine Einladung ins Restaurant, Spenden für den Sportverein, eine Kiste Wein – solche kleinen, harmlos wirkende Freundschaftsdienste haben oft ganz andere Hintergründe.“

Das BKA appelliert an Opfer der Mafia, sich an die deutsche Polizei zu wenden. Sabine Vogt sagte dem Magazin: „Wer einmal in die Hände der Mafia geraten ist, wird sich aus eigener Kraft schwer wieder befreien können. Allerdings muss man einen Schritt nach vorne machen und bereit sein, Strafanzeige bei der Polizei zu stellen. Die Opfer müssen ihr Schweigen brechen. Es ist das Einzige, was sie der Mafia entgegensetzen können.“ Laut Vogt sei der Staat in der Lage, durch spezielle Programme „aussagewillige Mafia-Opfer zu schützen“.


Große Anti-Mafia-Operation auch in Deutschland

Erst Anfang Januar gelang der Polizei ein großer Schlag gegen die kalabrische Mafia in Italien und Deutschland. Bei der Operation „Stige“ wurden etwa 170 mutmaßliche Mitglieder der 'Ndrangheta festgenommen, darunter elf in Deutschland. Die in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen gefassten Männer im Alter von 36 bis 61 Jahren stehen im Verdacht, als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung schwere Straftaten wie Erpressung und Geldwäsche begangen zu haben.

Zu den Hintergründen der Aktion erklärte die BKA-Ermittlerin Sabine Vogt im FOCUS: „Im Prinzip ging es um eine Art Schutzgelderpressung auf gehobenem Niveau. Oberflächlich betrachtet wirkte es wie ein legales Geschäft: Der Clan in Kalabrien exportierte Waren nach Deutschland. Wein, Käse, Pizza-Zutaten, Olivenöl, Obst. Die Produkte wurden Gastwirten geliefert, und sie haben diese auch gekauft – aber nicht freiwillig. Sie sind beispielsweise gezwungen worden, für minderwertige Ware überhöhte Preise zu zahlen.“


Zur konkreten Höhe des entstandenen Schadens konnte Vogt keine Angaben machen, weil die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. „Im Moment können wir die Größenordnungen nur erahnen. Insider stellen die Situation dramatisch dar. Nahezu alle italienischen Betriebe der Gastronomie sind Erpressungsopfer. Wenn ein Gastwirt mehrmals im Jahr Lieferungen erhält und jeweils 10.000 Euro zahlen muss, kommt einiges zusammen. Geht man davon aus, dass 80 oder mehr Wirte betroffen waren und die Praxis über Jahre lief, ergibt sich eine erhebliche Summe.“