Freitag, 30. November 2012

Berlusconi und die Geister aus der Unterwelt




Wieder einmal ein seltsamer Krimi: Gangster kidnappten den Buchhalter Berlusconis und forderten 35 Millionen Euro. Dafür versprachen sie belastendes Material über den Intimfeind des Ex-Regierungschefs. Nun nahm die Polizei sechs Verdächtige fest - sie vermutet Verbindungen zur Mafia.





Giuseppe Spinelli, Buchhalter und enger Vertrauter Silvio Berlusconis, kam am 15. Oktober erst spät, gegen 22 Uhr, nach Hause. Spinelli war es, der die jungen Teilnehmerinnen bei den "Bunga-Bunga"-Festen mit Tausenden von Euro im Namen seines Chefs entlohnte. Als seine Ehefrau ihm an jenem Abend die Tür öffnete, machten sich zwei vermummte Gestalten über Spinelli her.

Sie schlugen ihm ins Gesicht, zerrten ihn ins Haus, zertraten dem 71-Jährigen die Brille. Einer von ihnen fuchtelte mit einer Pistole herum. "Die bringen uns um!", dachte seine Ehefrau in dem Moment. Aber die Eindringlinge hatten anderes im Sinn.


Gegen zwei Uhr nachts kam ein dritter Mann hinzu. Er war vermummt wie die anderen, trug aber auffällige Schuhe - rot mit schwarzen Bändern, die Farben des Fußballclubs AC Mailand. Dieser Dritte hielt dem zitternden Spinelli ein verblichenes oder angeschmutztes DIN-A4-Blatt vor das Gesicht. Darauf stand, nach dessen Erinnerung, etwas wie "Betrifft Fall Mondadori". Dazu wurde eine Szene beschrieben, mit "Fini und den Richtern der ersten und zweiten Instanz": Fini fordere die Richter beim gemeinsamen gemütlichen Abendessen angeblich dazu auf, Berlusconi in Schwierigkeiten zu bringen.


560 Millionen und ein Intimfeind
Für Berlusconi möglicherweise ein phantastisches Dokument, das ihm in einem Rechtsstreit nützlich hätte sein können. Er wurde nämlich 2011 verurteilt, 560 Millionen Euro Schadensersatz zu zahlen, weil er vor vielen Jahren, bei der höchst umstrittenen Übernahme des Verlagshauses Mondadori, einen Richter bestochen haben soll.

Gianfranco Fini, einst Anführer der postfaschistischen Partei Alleanza Nazionale, enger Verbündeter von Berlusconi und sein Außenminister, ist heute Parlamentspräsident und Berlusconis Intimfeind.

Für Berlusconi wäre das Paket in zweifacher Hinsicht nützlich gewesen: Fini wäre ins Zwielicht geraten; der teure Prozess hätte womöglich neu aufgerollt werden müssen. Die Kidnapper machten eine entsprechende Rechnung auf: Von den dann ersparten 560 Millionen - so rechnete der Vermummte dem Buchhalter vor - wolle man von Berlusconi sechs Prozent. Das mache also, etwas aufgerundet, 35 Millionen Euro. Diese Forderung solle Spinelli seinem Chef verklickern, dann passiere ihm nichts.

Doch erst am nächsten Morgen, kurz vor acht Uhr, erwischt Spinelli Berlusconi und erzählt ihm alles. Der ist völlig überrascht und beendet das Gespräch nach wenigen Sätzen mit dem Hinweis, dass sein Rechtsanwalt Niccolò Ghedini gleich zurückrufen werde. Der Jurist ruft auch umgehend an - und nun verliert sich die Kenntnis, was genau geschah, im Nebulösen.

Fest steht: Um neun Uhr ziehen die Gangster ab, lassen Spinelli und seine Frau unversehrt zurück. Die werden von Berlusconis Leibwache abgeholt und zum Chef nach Mailand gebracht, in Sicherheit. Berlusconis Anwalt sagt, man habe kein Lösegeld gezahlt.

Die Staatsanwaltschaft geht freilich davon aus, dass doch gezahlt wurde. Das berichten italienische Online-Medien. Warum sonst hätten die Gangster so friedlich abziehen sollen? Ghedini behauptet, er habe den Behörden den Vorfall noch am gleichen Tag gemeldet. Aber erst am nächsten Nachmittag wurde der Fall offiziell zur Anzeige gebracht. Man habe erst genauer wissen wollen, was passiert sei, und das Ehepaar habe unter Schock gestanden, sagt der Anwalt. Die angeblichen Dokumente und die CD habe man nicht zu Gesicht bekommen. Die ganze Sache sei ein Bluff, die komplette Geschichte völlig unstimmig gewesen, unglaubwürdig.

Seither ermittelte die Polizei, heute wurde sie fündig. Sechs Personen wurden festgenommen, drei Italiener, drei Sizilianer. Regisseur des mysteriösen Krimis war, nach Darstellung der Fahnder, ein allseits bekannter Unterweltler: Francesco L., 51. Bekannt wurde er in den achtziger Jahren durch einen Millionenraub. Die Sache ging schief, er wurde geschnappt, bot sich als Kronzeuge in anderen Verfahren an und kam in ein Zeugenschutzprogramm. Da blieb er nicht lange, sattelte wieder um auf Raub und bekam schließlich 2001 neun Jahre und vier Monate wegen der erpresserischen Entführung eines Militärangehörigen. Für die Polizei gehört Francesco L. zum Mafia-Clan Parisi, im süditalienischen Bari.

Auch seine Landsleute und die drei sizilianischen Killer, die vermutlich Aufgaben im Umfeld und bei der Logistik übernommen hatten, sind einschlägig vorbestraft, Profis mithin. Sie könnten durchaus in Diensten der Parisi tätig geworden sein. Doch wenn die abstruse Räuberpistole derart dilettantisch inszeniert wurde, wie Anwalt Ghedini es darstellt, und wenn sie am Ende ohne Lösegeld schlicht abgebrochen wurde - "Entschuldigung, war nur ein Versuch!" - spricht das nicht unbedingt für das Werk der Organisierten Kriminalität. Oder verlief das Ende der Aktion vielleicht ganz anders als bis jetzt bekannt?

Auf die Spur der Täter, ließ die Polizei genüsslich durchblicken, sei man auch wegen der rot-schwarzen Schuhe gekommen. Manchmal ist das allzu offene Bekenntnis zum geliebten Fußballclub offensichtlich von Nachteil. Ob es Berlusconi schaffen wird, seinen Hals erneut aus der Schlinge zu ziehen, wird man sehen.

Mafia-Boss küsst seinen Bruder in den Knast



Küsse für einen Killer: Acht Jahre nach dem Mord an einem stadtbekannten Mafioso schnappte die Polizei von Neapel jetzt den Hauptverdächtigen: Vincenzo Bonavolta.




Mit vier Komplizen soll er einen Krankenwagen überfallen haben, in dem schwer verletzt der Boss eines rivalisierenden Clans lag. Auch ein Wachmann wurde erschossen.
Nach der Verhaftung küssten Verwandte und Freunde Bonavolta auf den Mund – eine Szene wie im Filmklassiker „Der Pate“. Diese „Bruderküsse“ sollen verhindern, dass Mafiosi ihren Treueschwur brechen und auspacken.

Großaktion gegen Mafia



In einer Großaktion ist die italienische Polizei am Samstag gegen einen Clan der kalabrischen 'Ndrangheta mit Verbindungen bis in die Lombardei und die Schweiz vorgegangen.
Die Anti-Mafia-Einheiten rückten bei ihren Razzien mit 23 Haftbefehlen gegen Mitglieder des Bellocco-Clans der kalabrischen Mafia an, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete.
Den mutmaßlichen Mafiosi werden illegaler Waffenbesitz, Scheinüberschreibungen von Gütern und Raubüberfälle zur Last gelegt. Die Anti-Mafia-Polizei in Reggio Calabria arbeitete bei ihren Ermittlungen gegen den Clan auch mit Schweizer Bundesstaatsanwälten in Lugano im Tessin zusammen.




Junger Camorra-Boss in Neapel gefasst

Einen weiteren Erfolg feierte die Polizei auch im Kampf gegen die Camorra, den neapolitanischen Arm der Mafia. Der junge Camorra-Boss Giuseppe Bastone, der in Italien zu den meist gesuchten Kriminellen zählte, wurde am Samstag in Neapel festgenommen. Der 21-Jährige war für den Drogenhandel im neapolitanischen Viertel Scampia zuständig, der als Hauptplatz für den Suchtgiftverkauf in Italien gilt.

Abete, der zum prominenten Clan der „Scissionisti“ gehört, wurde in einem Versteck in der Wohnung seiner Mutter gefunden.100 Polizisten waren bei der Razzia in Scampia im Einsatz. Trotz seines jungen Alters zählte Abete bereits zu den gefährlichsten Bossen der Gegend, berichtete die Polizei.

Montag, 26. November 2012

LA NERA - EIN BESTSELLER



Für Sophia, eine junge Sizilianerin aus einfachen Verhältnissen, ist es ein Traum: Sie heiratet den schwerreichen Arzt und Unternehmer Giulio Saviani, der Schönheitskliniken für die High Society betreibt. Erst allmählich wird Sophia klar, dass sie nun der »ehrenwerten Familie« angehört. Die Kliniken sind nichts weiter als Fassade für einen höchst lukrativen Organhandel. Als ihr Mann ermordet wird, muss Sophia sich unversehens in einem blutigen Machtkampf der Mafiaclans behaupten. Doch sie hat gelernt: Mit gnadenloser Härte verfolgt sie alle, die sich ihr in den Weg stellen. Und sie hat nun auch die Macht, Rache zu nehmen für ein traumatisches Erlebnis in ihrer Jugend ...




inzwischen 7 Monate unter den ersten 10 in der Amazon-Bestseller-Liste

Blutiger Camorra-Konflikt in Neapel


Im Norden Neapels ringen Banden um die Vorherrschaft im Drogengeschäft. Im Norden Neapels spielt sich einer der brutalsten Camorra-Konflikte seit Jahren ab. Am Sonntagmorgen ermordeten Killer in Scampia den 42 Jahre alten Raffaele Abete, Bruder eines inhaftierten Clanchefs. Mit drei Schüssen in den Schädel streckten ihn die Mörder vor der "Caffetteria Zeus" nieder. Von den Tätern fehlt jede Spur, doch ihr Motiv ist für die Ermittler eindeutig: Dem Mann wurde zum Verhängnis, der Bruder des Camorra-Bosses Arcangelo Abete zu sein. "Krieg in Scampia", schreibt die Zeitung "La Repubblica".




Jetzt spielt sich am Rand dieser tristen Gebäude ein heftiger Camorra-Konflikt ab. Etwa 80 Clans gibt es in Neapel, unter einigen von ihnen ist ein blutiger Streit um die Vorherrschaft im "größten Drogensupermarkt Europas" neu entbrannt. So nennen Insider den trostlosen Distrikt im Norden der Stadt.

Dieser enorme Profit ist der Grund für den neuen Konflikt, in dem sich in erster Linie die Clanfamilien Abete-Abbinante-Notturno und Menetta-Magnetti-Petriccione bekriegen. Die Tötung Abetes sei die Rache für einen anderen Mord gewesen, behauptet die Polizei. Am 23. August starb Gaetano Marino im Kugelhagel, als er an der Strandpromenade von Terracina, einer Kleinstadt zwischen Neapel und Rom, in sein Auto einsteigen wollte. Die Exekution erfolgte mitten am Tag, Touristen liefen auf der Straße. Auch Marino ist der Bruder eines gefürchteten Bosses im Norden Neapels, Gennaro Marino.

Seit 2011 sind laut Polizei 20 der insgesamt 48 Morde in Neapel auf die Auseinandersetzung in Scampia zurückzuführen. Seit März 2012 forderte der Konflikt sieben Tote. Polizei und Carabinieri sind seit dem Mord an Marino auf 200 Mann verstärkt worden, das jüngste Attentat konnten sie dennoch nicht verhindern. Immerhin ist der Drogenhandel nun erschwert. Innenministerin Anna Maria Cancellieri sagte: "Offensichtlich hat dieser Aufwand nicht genügt, wir werden mehr tun müssen." Nun wird über einen Einsatz des Militärs spekuliert.


Freitag, 23. November 2012

Die Mafia geht mit Facebook online

Die Zeiten, in denen die Mafia mit kleinen Zettelchen kommunizierte, sind vorbei. Längst nutzen die Bosse soziale Netzwerke wie Facebook, um Botschaften zu verbreiten oder untereinander zu kommunizieren.

Frauen, Waffen und Champagner. Das ist der Dreiklang der Camorra. Zumindest legen das die Bilder im Facebook-Profil dieses Mannes aus der Unterwelt nahe: Nino Manuel Spagnuolo gilt bei Ermittlern als einer der aufsteigenden Mafiabosse in der Provinz Neapel. Er soll eine führende Rolle im berüchtigten Clan D’Alessandro von Castellammare di Stabia eingenommen haben, um den ein Machtkampf tobt und der seine Geschäfte mit Drogen- und Waffenhandel macht.

In der Nacht des 15. August 2012 entkam Spagnuolo am Strand des Badeorts Vico Equense nur knapp einem Attentat. Von einem Schlauchboot aus schossen Killer auf den 35-Jährigen, der mit einem Beinschuss davon kam. Am nächsten Tag beruhigte Spagnuolo seine Angehörigen. "Macht euch keine Sorgen um mich, mir geht es bestens." Die Worte waren auf seinem öffentlichen Facebook-Profil zu lesen. Wenig später ließ Spagnuolo weitere Sätze folgen. "Rache ist ein Gericht, das kalt serviert wird."


Nino Manuel Spagnuolo / aufgenommen in Agrigento 2012


Nino Manuel Spagnuolo gilt bei Ermittlern als einer der aufsteigenden Mafiabosse in der Provinz Neapel. Er soll eine führende Rolle im berüchtigten Clan D’Alessandro von Castellammare di Stabia eingenommen haben, um den ein Machtkampf tobt und der seine Geschäfte mit Drogen- und Waffenhandel macht.

Donnerstag, 22. November 2012

PALERMO  Großrazzia
Großoperation gegen die Mafia in Süditalien: Fast 100 mutmaßliche Mafiosi konnten am Dienstagmorgen von Sondereinheiten der Carabinieri in Palermo und der Provinz festgenommen werden. Der Großeinsatz richtete sich gegen den Versuch des flüchtigen Superbosses Matteo Messina Denaro, die sizilianische Cosa Nostra rund 15 Jahre nach der Verhaftung des Mafia-Chefs Totò Riina wieder aufzubauen.



"Ein wichtiges Ergebnis unserer Ermittlungen ist, dass die Mafia sich treu bleibt", erklärte der zuständige Staatsanwalt von Palermo, Francesco Messineo. "Ihre Strukturen, ihre Methoden, ihre Projekte sind am Ende immer dieselben." Den Festgenommenen wird unter anderem Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung, Schutzgelderpressung sowie internationaler Waffen- und Drogenhandel zur Last gelegt.    

Die sizilianischen Mafia-Bosse sähen den seit 1993 einsitzenden Riina immer noch als ihren Chef an, und einige von ihnen hätten mit Zustimmung des Inhaftierten dann begonnen, die Kommandozentrale neu aufzubauen, hieß es. Dazu habe der Superboss Denaro zwar beigetragen, er sei dabei trotzdem von anderen Mafia-Chefs daran gehindert worden, seine Hand auf die neue Kommandozentrale der Cosa Nostra zu legen.

Die Ermittlungen hätten über neun Monate gedauert und wären ohne Abhör-Aktionen unmöglich gewesen, hieß es. "Mit der heutigen "Operation Perseo" sind alle wichtigen, neu strukturierten Schaltstellen der Cosa Nostra gekappt worden", erklärte der nationale Chef der Anti-Mafia-Kommission Pietro Grasso. "Wie wir im Juni 2006 die Cosa Nostra in die Knie gezwungen haben, so ist es uns heute gelungen, sie am Wiederaufstehen zu hindern".

Samstag, 17. November 2012

Die Gänge von Platì

Beschaulich liegt der Ort Platì am Fuß des Aspromontegebirges, tief im Süden, an der Spitze des italienischen Stiefels. Oberflächlich betrachtet deutet nichts daraufhin, dass Platì anders ist als die meisten Orte in der Provinz Reggio Calabria. Rund 2.800 Menschen leben im Dorf, in Häusern, denen Reichtum nicht anzusehen ist.


Platì - Geburtsort der 'Ndragheta


Wenige Meter unter den Häusern und schmalen Gassen erstreckt sich jedoch ein zweites Platì: ein Gewirr aus Räumen und Gängen, oft parallel zur Kanalisation, dessen genaue Lage nur Insider kennen. Das verborgene Netz erleichtert rasches Verschwinden, falls die Staatsgewalt zudringlich wird. Platì ist, neben dem nahen San Luca, Geburtsort der kalabrischen Mafia, der 'Ndrangheta. Kein Ort, den man als Tourist bedenkenlos besuchen könnte!

Drogen, Waffen - und Menschen

Platì ist ein realer Ort - und es ist ein Symbol: Denn seit Jahrzehnten durchziehen die unterirdischen Räume und geheimen Gänge der 'Ndrangheta nicht nur das heimische Stückchen kalabrische Erde. Sie queren Europa, haben Endpunkte in Russland und Kanada, reichen bis nach Australien und auf den südamerikanischen Kontinent.

Drogen werden dort gehandelt, Waffen und Menschen; Politiker werden bestochen, Schutzgelder erpresst - und, an der Oberfläche, wird Geld investiert in Unternehmen, teure Immobilien und Restaurants. Die Bosse der 'Ndrangheta sind heute Manager mit besten Kontakten. Laut Schätzungen beträgt der Umsatz der inzwischen mächtigsten Vereinigung des organisierten Verbrechens zwischen 40 und 60 Milliarden Euro pro Jahr.
Der Unerbittliche von Sizilien


In Büchern und Filmen ist die Mafia längst zum Kulturphänomen geworden. Doch wie sieht der alltägliche Kampf gegen die Verbrecher aus? Unterwegs mit dem Chef eines mobilen Einsatzkommandos auf Sizilien.

Giuseppe Linares ist 39 Jahre alt und leitet das mobile Einsatzkommando von Trapani. Er ist einer der erfolgreichsten Polizisten Siziliens. In nur sechs Jahren nahm Linares mehr als 460 Mafiosi fest, darunter bedeutende Bosse wie Vincenzo Virga, einen Stellvertreter des vor zwei Jahren verhafteten Gottvaters Bernardo Provenzano. Linares ist so erfolgreich, dass er rund um die Uhr mit einer Leibwache lebt und auf der Straße nicht mehr gegrüßt wird. Er ist so erfolgreich, dass die Mafia ihm einen mit Scheiße gefüllten Schweinekopf zukommen lässt. Globalisierung hin, weltweite Investitionen her: Wenn es darum geht, Vorherrschaft zu demonstrieren, vertrauen die Mafiosi auf ihre immergleichen archaischen Botschaften.

Matteo Messina Denaro ist ein Boss, wie ihn die Mafia schon lange ersehnte: Endlich einer, der nicht mehr wie noch Provenzano in der Hütte eines Käsebauern hockt und darauf wartet, dass ihm seine Frau sein wöchentliches Wäschepaket zukommen lässt. Sondern einer, der sich in der Welt bewegt, als gehörte sie ihm. Einer, der das enge Moralkorsett der Mafia sprengte und auf der Flucht seinen Ruf als Frauenheld festigte – und das sizilianische Sprichwort Lügen strafte, dass befehlen besser sei als vögeln. Denaro traf sich mit Damen der besten Gesellschaft Trapanis in einem Hotel in Selinunt – und ließ dessen Besitzer kurz darauf ermorden, weil er sich von ihm nicht genügend respektiert fühlte.



»Würden Sie Messina Denaro kennenlernen, er würde Ihnen gefallen«, sagt der Fahnder Linares, »er ist großzügig, kann mühelos Konversation betreiben und die Perlfähigkeit eines Champagners beurteilen.« Wenn Linares von Denaro spricht, dann klingt seine Stimme voller Respekt. Ein Gegner, dem er auf Augenhöhe begegnen kann. Viel von dem, was man über den flüchtigen Boss weiß, ist dem Abhörsaal neben Linares’ Büro zu verdanken. Wanzen, Peilsender und Mikrokameras sind die einzigen Waffen. In Trapani gibt es keinen einzigen abtrünnigen Mafioso mehr, sondern nur noch Ehrenmänner, die ins Gefängnis gehen und ihre Strafe absitzen, ohne irgendetwas zu verraten – anders als in Palermo, wo die Cosa Nostra bereits auf minderwertiges Material zurückgreifen musste, auf Mafiosi, die, kaum verhaftet, für einen Straferlass zu infame wurden, zu Ruchlosen.

Das letzte bekannte Foto vom Boss Messina Denaro ist ein Jugendfoto, auf dem er aussieht als sei er bei einem Empfang beim Staatspräsidenten. Auf der Flucht zeugte der große Capo dei tutte le Capi Denaro eine uneheliche Tochter, die heute zehn Jahre alt ist und in Castelvetrano im Haus ihrer Großmutter lebt – zusammen mit ihrer Mutter, die, solange sie lebt, keinem anderen Mann mehr in die Augen schauen wird. »Eine Talibanin«, sagt Linares. »Eine lebendige Tote.«

Aber selbst einer Ikone wie Metteo Denaro kann die Kontrolle in ihrem Herrschaftsgebiet entgleiten. Denaro lebt vielleicht seit Jahren im Ausland. »Und was ist das Schloss von Dracula ohne Dracula?«, ruft Linares. Ein junger Mafioso muss den Boss einmal gesehen haben, sonst verflüchtigt sich sein Zauber. Einmal den Saum der Madonna küssen.

Die beste Lösung wäre natürlich, wenn sich Denaro stellen würde, sagt Linares. Dann könnte er vermeiden, dass seine Helfershelfer mit ihm verhaftet würden. Denn dieser Tag wird kommen. Bis dahin gehen Linares und seine Männer ihrem Tagesgeschäft nach. Sie nahmen den ehemaligen stellvertretenden sizilianischen Ratspräsidenten und einen linken Bürgermeisterkandidaten wegen Unterstützung der Mafia fest, verhafteten neun Architekten, Unternehmer und Stadträte wegen Mafiazugehörigkeit, Beihilfe, illegalen Waffenbesitzes, sie deckten die Verbindung zwischen Mafia und Freimaurern auf, die bis in den obersten Rechnungshof des italienischen Verwaltungsgerichts reicht. »Das Problem ist nicht Messina Denaro«, sagt Linares, »das Problem sind die Politiker. Ein Mafioso hat einen Ehrenkodex, den haben Politiker nicht.«

Europas größter Bingo-Saal in Palermo konfisziert


Das "Las Vegas Bingo" soll massiv als Geldwaschmaschine für die Mafia fungiert haben. Die Besitzer waren Mafia-Strohmänner.

Der europaweit größte Bingo-Saal in Palermo ist von den italienischen Justizbehörden konfisziert worden. Im "Las Vegas Bingo", dessen Wert auf zehn Millionen Euro geschätzt wird, wurde von der sizilianischen Cosa Nostra massiv Geld gewaschen, erklärten die Ermittlungsbehörden. Der Bingo-Saal stand de facto im Besitz des palermitanischen Mafia-Bosses Nino Rotolo. Seine Strohmänner, die als Besitzer des Lokals galten, wurden wegen Geldwäsche zu sechs Jahren Haft verurteilt.



Die Mafia macht mit Glücksspielen jährlich etwa 230 Mio Euro Umsatz. In den vergangenen Jahren sind in Italien zahlreiche Bingo-Säle entstanden, die laut den Justizbehörden meist der Geldwäsche dienen.

Freitag, 16. November 2012

Mafia-Zeugin in Säure aufgelöst

Szenen wie aus einem Horrorfilm: Mafiosi haben in der Nähe von Monza eine Frau verhört, gefoltert und erschossen. Die Leiche sollte danach für immer verschwinden - in einem Säurebad.

Die italienische Polizei untersucht den Mord an einer Frau. Sie wurde in Säure aufgelöst.

Es sei eine regelrechte Exekution gewesen, sagten die Ermittler italienischen Medien zufolge. Und es war ganz offensichtlich eine Racheaktion. Lea Garofalo, das Opfer, hatte getan, was in Mafia-Kreisen immer lebensgefährlich ist: Sie hatte geredet.

2002 erzählte sie den Antimafia-Behörden, was sie wusste über den Krieg zweier verfeindeter 'Ndrangheta-Clans, Teilen der kalabrischen Mafia. Als Polizeiinformantin sagte sie auch über Morde aus, die Ende der neunziger Jahre in Mailand verübt wurden.

Sie kam in ein Zeugenschutzprogramm. Doch im April 2009 stieg sie aus, ihrer Tochter wegen. Schon im Mai versuchte man sie in Campobasso in der Region Molise das erste Mal zu verschleppen oder zu töten. Gemeinsam mit ihrer Tochter konnte sie den Angriff abwehren. Das nun volljährige Mädchen hatte Lea Garofalo aus ihrer früheren Beziehung mit einem 'Ndrangheta-Mitglied Carlo Chiassolo. gekannt. Sie wurde nun ebenfalls in eine Falle gelockt und ist seither spurlos verschwunden.

Unter dem Vorwand, es gehe um die gemeinsame Tochter, bewegte Carlo Chiassolo den Informationen zufolge Lea Garofalo in Mailand zu einem Treffen. Es war eine Falle. Am 24. November 2011 wurde die Frau zuletzt gesehen, eine Überwachungskamera filmte sie auf der Straße.

Carlo Chiassolo sitzt seit Februar im Gefängnis wegen fünfachen Mordes. Auch gegen zwei seiner Brüder und drei weitere Verdächtige wurde jetzt Haftbefehl wegen Mordes erhoben.

Donnerstag, 15. November 2012

Italienische Polizisten nehmen Camorra-Boss fest

Er soll einen Clan der neapolitanischen Camorra angeführt haben: Jetzt nahmen italienische Polizisten den mutmaßlichen Mafia-Boss Massimo Di Caterino fest. Er hielt sich in einem Bunker versteckt.


Mafia-Boss Massimo Di Caterino

Rom - Eine Pistole und rund 1.000.000 Euro Bargeld haben italienische Polizisten bei ihm gefunden: Am Samstag nahmen sie den mutmaßlichen Mafia-Boss Massimo Di Caterino fest. Die Beamten spürten den 40 Jahre alten Mann nahe der süditalienischen Stadt Caserta auf, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete.

Massimo Di Caterino soll einer der letzten freien Anführer des Casalesi-Clans der neapolitanischen Camorra gewesen sein. Er hatte sich in einem Bunker in dem Ort Francolise versteckt. Di Caterino galt als Vertrauter der langjährigen Clan-Bosses, Michele Zagaria.

Sonntag, 11. November 2012

Frauen in der Mafia sind die Hardliner


Frauen machen heute in der Mafia Karriere in sind in vielen Fällen die wahren Hardliner der Cosa Nostra. Sie füllen die Lücken, die verhaftete oder liqudierte Gangsterbosse in der Welt des organisierten Verbrechens hinterlassen. Frauen steigen auf in der "ehrenwerten Gesellschaft", arbeiten als Bosse im Rauschgifthandel und verwalten kühl und kompetent Milliardensummen aus Drogen- und Waffengeschäften.

Ein Teil des beschlagnahmten Geldes im unterirdischen Bunker
von Donna Patrizia Ferriero. Die Polzei requirierte 150 Millionen Dollar in bar.

Natürlich müssen sich die Frauen in der archaischen Männerwelt durchsetzen und behaupten. Die letzten Jahre aber haben gezeigt, dass sie raffinierter, konsequenter und effektiver agieren als ihre Männer.

Raffaella d'Alterio bei der Verhaftung im Juni 2012. Sie beherrschte
nach der Ermordung ihres Mannes das Rauschgiftgeschäft in
Italien mit einem Jahresumsatz von 140 Millionen Euro

Freitag, 9. November 2012

Hier finden meine Leser aktuelle und zeitnahe Aktionen der sizilianischen Mafia, der N'drangheta, Camorra und der Sacra Corona Unita. Als Autor von Mafia-Romanen recherchiere ich direkt vor Ort, spreche mit Richtern, Staatsanwälten, Carabinieri, nutze meine persönlichen Kontakte zur Anti-Mafia-Behörde (DIA), führe Interviews mit Betroffenen und verwerte meine direkten Informationen aus dem Milieu. Sie sind inspirative Auslöser für meine Werke.


Meine aktuellen Romane


 

Zum besseren Verständnis für meine Leser:


In Italien existieren vier große Mafia-Organisationen. Die älteste ist die neapolitanische Camorra.   

Aus einer Gruppe von Bauern, die gegen die Großgrundbesitzer revoltierten, entstand auf Sizilien die Cosa Nostra. Durch Auswanderungen armer Sizilianer nach dem ersten Weltkrieg in die USA wurde diese Organisation nach Nordamerkia "exportiert". Mittlerweile ist Deutschland eines der "sichersten" Rückzuggebiete der Mafia.

Tätigkeitsfelder:

  1. Schutzgeld,
  2. Rauschgifthandel,
  3. Prostitution,
  4. Organhandel,
  5. Geldwäsche
  6. Glückspiel
  7. Müllentsorgung
  8. Vergabe von Bauaufträgen,
  9. Besetzung von Stellen im öffentlichen Dienst
  10. und Waffenhandel. 

Die sizilianisch Mafia operiert weltweit. Der Gesamt-Jahres-Umsatz der Mafia wird nach seriösen Angaben der DIA (Direzione Investigativa Antimafia) derzeit auf 140 Milliarden Euro geschätzt.


Ende der 70er Jahre entstand in Sizlien eine zweite, äußerst gewalttätige Gruppe, die sich aus der Mafia herausbildete. Die Stidda! Sie ist weniger gut organisiert, operiert ausschließlich in Sizilien, macht wegen ihrer besonderen Grausamkeit von sich reden.


In Kalabrien entstand die auf Entführungen spezialisierte 'Ndrangheta (Bruderschaft). Viele führende Mitglieder verlegten nach Angaben der italienischen Antimafia-Behörden und des Bundeskriminalamtes ihre Hauptquartiere nach Deutschland.


In Apulien herrscht die auf Schmuggel und Menschenraub spezialisierte Sacra Corona Unita (Heilige vereinigte Krone). Die apulischen Mafiosi haben in den vergangenen Jahren verstäkt Schieberbanden für Menschenschmuggel über die Adria nach Europa gebildet.





La Nera / ersch. Mai 2012



Für Sophia, eine junge Sizilianerin aus einfachen Verhältnissen, ist es ein Traum: Sie heiratet den schwerreichen Arzt und Unternehmer Giulio Saviani, der Schönheitskliniken für die High Society betreibt. Erst allmählich wird Sophia klar, dass sie nun der »ehrenwerten Familie« angehört. Die Kliniken sind nichts weiter als Fassade für einen höchst lukrativen Organhandel. Als ihr Mann ermordet wird, muss Sophia sich unversehens in einem blutigen Machtkampf der Mafiaclans behaupten. Doch sie hat gelernt: Mit gnadenloser Härte verfolgt sie alle, die sich ihr in den Weg stellen. Und sie hat nun auch die Macht, Rache zu nehmen für ein traumatisches Erlebnis in ihrer Jugend ...