Dienstag, 16. August 2016

Corleone wegen Mafia unter Zwangsverwaltung

Corleone in Sizilien? Bekannt aus dem weltberühmten Mafia-Epos "Der Pate". Seinem Ruf als Hochburg des organisierten Verbrechens wird der Ort nun einmal mehr gerecht. Aktueller Anlass: Unterwanderung des Gemeinderates.



Italiens Regierung hat den Gemeinderat der Mafia-Hochburg Corleone aufgelöst - weil Kriminelle das Gremium unterwandert haben sollen. Bis zu Neuwahlen sollen Corleone sowie drei weitere Gemeinden in Kalabrien und bei Neapel unter die Kontrolle Roms gestellt werden, beschloss das Kabinett von Ministerpräsident Matteo Renzi. Unter Zwangsverwaltung gestellt wurden neben Corleone auf Sizilien auch Arzano im Kerngebiet der neapolitanischen Camorra sowie Bovalino und Tropea in Kalabrien, der Heimat der 'Ndrangheta.

Dass die Mafia in dem Ort Corleone immer noch mitmischt, brachten seit Juni laufende Ermittlungen des Innenministeriums zutage: Demnach hatte der Gemeinderat Verwandte von bekannten Mafiosi beschäftigt, zudem gab es Unregelmäßigkeiten beim Betrieb einer kommunalen Molkerei. Hintergrund der neuen Untersuchung waren frühere Ermittlungen zu zweifelhaften Vergaben von Bauaufträgen der Vorgängerverwaltung.

Das Verfahren, Gemeindeverwaltungen unter Kontrolle der Regierung zu stellen, wurde in den vergangenen 25 Jahren schon bei über 200 Kommunen angewandt - jedoch noch nie in Corleone. Dabei steht die Kleinstadt wie kaum eine zweite für die Machenschaften der Mafia.



Corleone ist Geburtsort der berüchtigten Mafia-Bosse Bernardo Provenzano und Salvatore "Toto" Riina, die aus äußerst brutalen Revierkämpfen mit ihren Rivalen in Palermo in den Achtzigerjahren als die unbestrittenen Chefs der Cosa Nostra hervorgingen. Beide wurden erst nach jahrelanger Flucht geschnappt und wegen mehrfachen Mords zu mehrfach lebenslänglicher Haft verurteilt. Provenzano starb im vergangenen Monat im Alter von 83 Jahren im Gefängniskrankenhaus.

Weltberühmt wurde der Ort aber vor allem als Heimat von Vito Corleone, dem "Paten" im gleichnamigen Film von Francis Ford Coppola. "Der Pate" gilt als einer der besten Filme der Geschichte.



Freitag, 5. August 2016

...wenn die Mafia Häuser baut

Illegale Bauten verschandeln auf Sizilien historische Ruinen oder Küstenstreifen. Abreißen, fordern nun viele Italiener. Doch wer das tut, lebt gefährlich. Und so könnten die Gebäude am Ende genehmigt werden.




Mindestens 770.000 Gebäude - manche schätzen: bis zu zwei Millionen - sollen seit Mitte der Siebzigerjahre ohne Genehmigung errichtet oder ausgebaut worden sein auf der schönen Insel. Von der Mafia, von Lokalpolitikern, von kleinen Häuslebauern und vor allem von Spekulanten.

Zigtausende dieser Schwarzbauten bleiben jahrelang als Betongerüste, ohne Wände und ohne Zufahrt, in der Landschaft stehen. Irgendwann, so das Kalkül, bringt der hässliche Beton dann viel hübsches Geld.

Seit 2009 sind weitere 22.000 illegale Häuser dazu gekommen. Sie wurden an die schönsten Küstenstreifen gesetzt, an der Meerenge von Messina etwa oder rund um Marsala. Sogar in der Nähe der antiken griechischen Säulen im berühmten Valle dei Templi (Agrigento), dem von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärten Tal der Tempel, stehen viele hässliche Neubauten. Hier allerdings greift man jetzt durch, trotz ernstzunehmender Warnungen der Mafia.



Inzwischen stören sich viele Italiener daran, fordern den Abriss der illegalen Architektur. Umweltorganisationen machen Druck, die Medien nehmen sich des Skandalthemas an. Die Politik verspricht, jetzt wirklich hart durchzugreifen. Denn bislang wurde eher symbolisch ab und zu ein Exempel statuiert. So wurden im vorigen Jahr gerade einmal zwei Dutzend illegal gebauter Häuser abgerissen. Meist waren es nur kleine, billige.


Trickreicher Antrag in Palermo

Aber kann man wirklich Hunderttausende Gebäude zerstören, auch wenn es rechtens ist? Wo bleiben die Bewohner? Manche haben das umstrittene Objekt schon geerbt. Eine Gruppe sizilianischer Politiker hat nun ihre ganz eigene Lösung für das leidige Problem gefunden. Mit einem trickreichen Antrag, der im Regionalparlament von Palermo demnächst zur Abstimmung steht, wollen sie illegale Häuser nachträglich genehmigen. Die Bauten müssen mindestens 150 Meter vom Strand entfernt stehen.

Initiatoren sind Parteifreunde des italienischen Innenministers Angelino Alfano. Der hatte vor geraumer Weile noch vollmundig das Ende der Toleranz gegenüber den illegalen Häuslebauern verkündet. Er kennt das Problem aus der Nähe: Er ist in Agrigent0, also nahe des hochgradig verschandelten Tals der Tempel geboren.
Die geplante Legalisierung sei klar verfassungswidrig, halten Juristen dagegen. Italiens Umweltminister Gian Luca Galletti kündigte an, falls ein solches Gesetz in Palermo eine Mehrheit finde, werde er das Verfassungsgericht anrufen.
Kungeln, kassieren, verschleppen. Oft fand sich auch einfach keine Baufirma für den Abriss - zu gefährlich, hieß es.

Dass die Sorge nicht unbegründet ist, zeigt ein Beispiel aus Licata, einer Schwarzbau-Hochburg an Siziliens Südküste. Dort zündeten Unbekannte das Haus des Bürgermeisters an, der sich für den Abriss einiger Häuser eingesetzt hatte. Anderenorts werden ganze Gemeinderäte und deren Familien bedroht. Die Mafia ist mit im Spiel.

Nach Recht und Gesetz hätten die Behörden die meisten Bauten schon vor Jahren abreißen lassen müssen. Aber die Bauherren kennen ihr Land, ihre Justiz- und Verwaltungsbehörden und ihre Politiker gut. Die haben nämlich dazu beigetragen, dass genehmigungsfreies Bauen durchaus Sinn machen kann.

Dreimal - 1985, 1994 und 2003 - haben die freundlichen Politiker in Rom mit einem gesetzlichen Gnadenakt die Wildwest-Bauten nachträglich legalisiert. Gegen einen kleinen Obolus an die jeweilige Kommune wurden Bauernkaten zu Mehrfamilienhäusern und Geräteschuppen zu Luxusvillen, und alle waren zufrieden. Die Gemeinden bekamen etwas Geld in die leeren Kassen. Politiker machten sich beliebt. Das Volk löste seine Bauprobleme selbst.

Etwa zwei Millionen Anträge auf die politische Absolution wurden seinerzeit eingereicht, viele wurden akzeptiert, andere nicht. Etwa 40 Prozent der Verfahren sind bis heute nicht abgeschlossen. Für die Betroffenen muss das kein Nachteil sein.


Gute Freunde helfen und Akten gehen verloren

Denn so lange kein negativer Bescheid ergeht, droht auch kein Abriss. Das hilft jenen, die im Naturschutzgebiet oder Weltkulturerbe-Tal gebaut haben, die in jedem Fall ihre Häuser räumen müssten. Aber bleiben dürfen sie, solange der Räumungsbeschluss nicht rechtskräftig wird.

Also werden Verfahren verschleppt, mithilfe „guter Freunde“ in der Verwaltung oder der Politik. Die Justiz ist ohnehin so langsam, dass oft Jahrzehnte bis zur Entscheidung vergehen. Derweil können Akten verloren gehen, Staatsanwälte und Richter andere Prioritäten setzen und auch die Objekte des langen Streits können sich verändern. Mitunter hat das erstaunliche Folgen.

So attestierte im vorigen Oktober ein Berufungsgericht Hauseigentümern auf einem Hang oberhalb von Palermo: Sie hätten nicht gewusst, dass sie illegale Bauten kauften - hätten vielmehr "in gutem Glauben" ihre Immobilie erworben. Deshalb dürfen sie diese auch behalten und nutzen. Die Verkäufer waren inzwischen stillgelegte Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Der trotz Bauverbot inzwischen dicht besiedelte Hügel mit Aussicht aufs Meer wird Hügel der Schande genannt.


Wenn die lahme Staatsmacht doch einmal einen Abriss verfügt hat, fanden sich meist alternative Lösungen zur Selbsthilfe. Da formierten sich zum Beispiel Menschenketten, die den anrückenden Bagger stoppten. Dagegen war natürlich auch die Polizei machtlos.
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Warnung aus Italien - Mafia in Deutschland etabliert

Der italienische Staatsanwalt Nicola Gratteri warnt vor einer Ausbreitung der Mafia in Deutschland. "Wir haben Beweise dafür, dass die Strukturen in Deutschland genau so sind wie in Italien", sagte Gratteri, der sich seit rund 25 Jahren gegen die Mafia engagiert, am Samstag in Darmstadt.



"Die große Gefahr besteht darin, dass die kriminelle Organisation alle Bereiche des öffentlichen Lebens durchdringt", warnte Gratteri. Er beklagte, dass in Deutschland beispielsweise es keine Straftat sei, Mitglied einer kriminellen Organisation wie der Mafia zu sein.

"Wer die Mafia bekämpfen will, braucht eine europaweite Anpassung der Gesetze. Es bringt nichts, die kleinen Fische zu fangen, die Kokain transportieren. Man muss die Strukturen knacken", betonte der Staatsanwalt, der europäisch einheitliche Gesetze forderte. Heute habe man es mit einem Imperium zu tun, das einer Holding gleiche. Ziel der Mafia sei es, wirtschaftliche Macht und Kontrolle auszuüben. Und seit der Öffnung des Ostblocks habe sich die Mafia in ihrem Aktionsraum vergrößert.

Der Präsident des Polizeipräsidiums Südhessen, Gosberg Dölger, erklärte, gerade das Rhein-Main-Gebiet sei als wirtschaftsstarker Raum für die Akteure der organisierten Kriminalität interessant. Auch wenn man in den Zeitungen nicht täglich darüber lese, fänden Mafia-Aktivitäten auch hier statt. "Wir führen Strukturermittlungen durch und sind in diesem Bereich gut informiert", versicherte Dölger.

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Italien: Senator wegen Mafia-Verstrickungen verhaftet

Der Senat in Rom hat heute mit 154 Stimmen gegen 110 und zwölf Stimmenenthaltungen einem Antrag zur Festnahme des Parlamentariers Stefano Caridi zugestimmt. Dem Senator der Gruppierung GAL werden Mafia-Verstrickungen vorgeworfen.

Senator Stefano Caridi


Nach der Abstimmung wurde der Senator in die römische Strafanstalt Rebibbia geführt. Die Festnahme war beim Senat von einem Untersuchungsrichter der süditalienischen Stadt Reggio Calabria eingereicht worden.


Senat unter Tränen verlassen

Die Staatsanwälte ermitteln gegen Caridi sowie den Vizepräsidenten Kalabriens, Francesco D’Agostino, und weitere 38 Personen wegen Kontakten zur kalabresischen Mafia-Vereinigung ’Ndrangheta. Caridi wird unter anderem beschuldigt, während des Wahlkampfes für die Regionalwahlen 2010 einen Mafia-Boss in seiner Wohnung aufgesucht zu haben, um sich seine Unterstützung beim Wahlgang zu sichern.
Der 46-jährige Caridi erklärte vor dem Senat seine Unschuld und appellierte an die Kollegen, gegen seine Festnahme zu stimmen. Er verließ nach der Abstimmung in Tränen den Senat.


Donnerstag, 4. August 2016

Mafia-Mitglieder des Gambino-Clans in New York festgenommen

Den New Yorker Strafverfolgungsbehörden ist ein Schlag gegen das organisierte Verbrechen gelungen. Sie verhafteten 13 mutmaßliche, teils hochrangige Mitglieder der Gambino-Mafia-Familie. Einer der Angeklagten befand sich zunächst noch auf der Flucht.



In der am Dienstag (Ortszeit) veröffentlichten Anklageschrift wirft die Staatsanwaltschaft den 14 Angeklagten eine Reihe von Verbrechen vor, darunter auch - erstmalig in einem Mafia-Fall - Menschenhandel in Verbindung mit der Prostitution einer Minderjährigen.

Die bei einem Bundesgericht in Manhattan eingereichte Anklage beschuldigt die Verhafteten, als Mitglieder des Gambino-Clans in Stripclubs Prostituierte angeworben und deren Dienste im Internet angeboten zu haben. Dabei sollen sie auch ein 15-jähriges Mädchen rekrutiert haben.

Daniel Marino - Mitglied des inneren Kreises
des Gambino-Clans


Außerdem hätten die Beschuldigten die jungen Frauen den Spielern eines regelmäßig von der Gambino-Familie ausgerichteten Pokerturniers für sexuelle Gefälligkeiten zur Verfügung gestellt. Die zuständige Staatsanwältin nannte dies einen "neuen Tiefpunkt" und eine Premiere für die Mafia.

Ein Punkt der Anklageschrift bezichtigt Daniel Marino, der als Teil des innersten Führungskreises der Gambino-Familie gilt, aus dem Gefängnis den Mord an einem seiner Neffen 1998 in Auftrag gegeben zu haben. Dieser hatte mit der US-Bundespolizei FBI zusammengearbeitet. Der 69-jährige Marino wurde auch wegen eines zweiten Mordes 1989 an einem Mitglied einer rivalisierenden Familie angeklagt. Darüber hinaus wurde ihm Erpressung von Baufirmen und der Betrieb von illegalen Glücksspielen vorgeworfen.


Der Fall ist der jüngste in einer Reihe von Verfahren gegen die Gambino-Familie in den vergangenen Jahren. Seit der berüchtigte Pate John Gotti 1992 zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, haben die Strafverfolgungsbehörden zahlreiche Prozesse gegen den Gambino-Clan geführt. Gotti starb 2002.

Mafia-Krieg in Neapel

Nachdem die Polizei mehrere Bosse der berüchtigten Camorra verhaftet hat, tobt ein Krieg unter jungen Mafiosi um deren Nachfolge.

Im Rahmen einer Fehde zwischen rivalisierenden Clans der Camorra sind am Mittwoch in Neapel auf offener Straße zwei Männer erschossen worden. Eine weitere Person wurde verletzt, berichteten italienische Medien.



Bei den Todesopfern handelt es sich um zwei Vorbestrafte im Alter von 25 und 32 Jahren. Der Angriff ereignete sich in einer Gasse im Zentrum von Neapel. Einer der beiden Männer war sofort tot, der zweite erlag im Spital den schweren Wunden. Der Verletzte schwebe nicht in Lebensgefahr, berichtete die Polizei.

Erst am Dienstag hatten die Behörden in Neapel vor dem Bandenkrieg unter Mitglieder der Camorra, der Mafia in der Stadt, gewarnt.


Jung, skrupellos und mit riesigem Waffenarsenal

Nachdem in den vergangenen Monaten mehrere prominente Bosse der Camorra festgenommen worden sind, hat eine junge Generation die Führung der kriminellen Geschäfte übernommen, analysierten Experten. Junge, skrupellose Kriminelle würden über ein riesiges Waffenarsenal verfügen.

Ein beispielloser Krieg zur Kontrolle des Territoriums und der illegalen Aktivitäten wie Drogen- und Waffenhandel sowie Prostitution und Wucher tobe im Großraum von Neapel, der fast vier Millionen Einwohner zählt.


Mafiaboss ließ Haus wie in «Scarface» umbauen

Außerdem wurde am Mittwoch bekannt, dass die italienische Polizei Vermögenswerte in Höhe von 44 Millionen Euro eines 34-jährigen Mafiabosses beschlagnahmt hat. Laut den Ermittlern gab der Mann an, in 14 Jahren 80'000 Euro verdient zu haben - die wirklichen Einkünfte betragen aber eher zwei Millionen Euro. Beschlagnahmt wurden unter anderen 20 Firmen, 30 Grundstücke sowie Luxusuhren.

Dem Festgenommenen wird vorgeworfen, der Boss eines Clans zu sein, der Drogenschmuggel, Erpressung und Geldwäscherei betreibt sowie mit Wuchermieten Geschäfte macht.

Der Mafioso ist zudem für seine Leidenschaft für den Kinofilm «Scarface» von Brian De Palma aus dem Jahr 1983 bekannt. Er soll derart besessen von der Figur des Tony Montana, gespielt von Al Pacino, sein, dass er sein Haus in Sizilien nach dem Vorbild von Montanas Filmvilla umbauen ließ.

Im Kampf gegen die Mafia ist die Beschlagnahmung von Vermögen eine der Hauptwaffen des italienischen Staates geworden. Für die Clanbosse wiegt es schwerer, wenn sie ihr Vermögen verlieren, als wenn sie in den Knast wandern - denn aus dem Gefängnis treiben sie gewöhnlich ihre kriminellen Geschäfte weiter.