Freitag, 28. Februar 2014

Klaut die Polizei im Allgäu die Drogen der Mafia?

1,6 Kilo Kokain hortete der Chef-Drogenfahnder von Kempten in seinem Spind – bis ihn die Ehefrau nach einem brutalen Streit verriet. Die CSU spricht von „versuchtem Totschlag“. Doch der Beamte konnte so viel Koks gar nicht schnupfen: Verfing er sich im Netz der Mafia?

Der Chef der Drogenfahndung in Kempten sieht sich schweren Vorwürfen ausgesetzt: In seinem Spind wurden 1,6 Kilogramm Kokain gefunden. Das Rauschgift soll Medienberichten zufolge einen Wert von rund 250.000 Euro haben. In den ersten Ermittlungen hätten sich Hinweise darauf ergeben, "dass der Beamte selbst Drogen konsumieren soll", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Dienstag am Rande einer Landtagssitzung. „Das kann ich mir aber absolut nicht vorstellen“, widerspricht ein Nachbar des Mannes.




"Wissen, welche Köpfe sich hier aufhalten"

Heftig spekuliert wird deshalb über einen möglichen Zusammenhang des Falls mit mafiösen Strukturen im Allgäu: Rund 200 mutmaßliche Mafia-Mitglieder stünden derzeit in Bayern unter Beobachtung der Sicherheitsbehörden, unter Berufung auf Mario Huber vom Bayerischen Landeskriminalamt. „Wir haben relativ gute Informationen darüber, welche Köpfe sich hier aufhalten“, habe Huber bei einer Experten-Anhörung des Landtags in München gesagt.

Oberstaatsanwalt Gunther Schatz ist bei der Ermittlungsbehörde zuständig für den Bereich der organisierten Kriminalität. Er sagte der „Augsburger Allgemeinen“, dass jetzt häufig die Kinder- und Enkelgeneration der seit den 1960er-Jahren ins Allgäu gezogenen Mafiosi nach Süddeutschland komme. Das Allgäu war seit den spektakulären Mafiaprozessen in den 1980er- und 1990er-Jahren vor dem Kemptener Landgericht in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten.


Kokainhandel ist wichtigstes Geschäft der Mafia im Allgäu

Mittlerweile habe sich Bayern aber von einem Aktionsraum der Mafia vor allem zu einem „Ruheraum“ oder „Rückzugsraum“ gewandelt, fasst Huber die Erkenntnisse der Behörden zusammen. Das heiße allerdings nicht, dass Mafia-Angehörige nicht weiterhin Geld investierten. Dies wird besonders dadurch begünstigt, dass auch höhere Summen in Deutschland vergleichsweise leicht gewaschen werden können: „Das deutsche Geldwäschegesetz ist ein relativ stumpfes Schwert“, beklagt sich Schatz. In anderen Ländern müssten Verdächtige dagegen nachweisen, wie sie an größere Geldsummen gekommen sind. Schatz fordert deshalb eine „Beweislast-Umkehr“.


Zumal die Mafiosi den Ermittlern zufolge „schlauer geworden“ seien. Im Allgäu ist ihr wichtigstes Geschäftsfeld Schatz zufolge nach wie vor der Kokainhandel. Tätig sei die kriminelle Organisation aber auch beispielsweise im Bereich der Produktfälschung und der regenerativen Energien: Dort könne Geld gewaschen und gleichzeitig noch Subventionen abgegriffen werden.
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Donnerstag, 27. Februar 2014

Mittwoch, 26. Februar 2014

Drogen-Skandal bei Polizei - "Nur die Spitze des Eisbergs"?

Nach dem Drogenskandal bei der Kemptener Polizei fordert der Landtag Aufklärung - insbesondere über mögliche Verbindungen des verhafteten Chefs der Drogenfahndung in Kempten zur italienischen Mafia, die seit heute nicht mehr ausgeschlossen werden kann.




Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sicherte am Mittwoch im Innenausschuss „sorgfältigste Ermittlungen“ zu.

Das Allgäu galt in früheren Jahren als Rückzugsraum für italienische Gangster verschiedener Syndikate. „Man muss befürchten, dass es sich möglicherweise nur um die Spitze eines Eisbergs handelt“, sagte der SPD-Abgeordnete Paul Wengert. Aber wer sagt uns, ob Mafiosi nicht in aller Stille ihre Bastion in Kempten ausgebaut haben?

Der frühere Landtags-Vizepräsident Peter Paul Gantzer (SPD) sagte, der Fall ähnele einem Hollywood-Krimi - „und der Böse ist auch noch der Chef“. „Leider ist das kein guter Krimi“, sagte Tanja Schweiger (Freie Wähler). Auch die CSU will Aufklärung: „Aber mir ist wichtig, dass das nicht die hervorragende Arbeit unserer Polizei insgesamt in Verruf bringt“, sagte der CSU-Abgeordnete Manfred Ländner.


Ermittlungen auch wegen versuchten Totschlags

Nach dem Drogenskandal bei der Polizei Kempten muss sich der betroffene Beamte möglicherweise auch wegen versuchten Totschlags verantworten. Dessen Ehefrau, die nach einem Familienstreit die Polizei alarmiert hatte, sei „Opfer schwerer Körperverletzungen“ geworden, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Dienstag am Rande einer Landtagssitzung. „Aktuell stellt sich sogar die Frage, ob es sich um versuchten Totschlag handelt.“

Der Beamte, der zuletzt Leiter der Drogenfahndung war, sitzt in Untersuchungshaft. Er war kurze Zeit nach dem Streit mit seiner Frau festgenommen worden. In seinem Spind wurden später nach Angaben Herrmanns 1,6 Kilogramm Kokain gefunden. In den ersten Ermittlungen hätten sich Hinweise darauf ergeben, „dass der Beamte selbst Drogen konsumieren soll“, sagte Herrmann. Es sei aber noch unklar, woher die Drogen stammen und wie sie in den Besitz des Beamten gekommen seien. Das Rauschgift soll Medienberichten zufolge einen Wert von rund 250 000 Euro haben.


Die Mafia als Macht in den Gefängnissen

Wie ich den neuesten Statistiken der Anti-Mafia-Kommission in Rom entnehme, machen die Schutzgelder, "pizzo" genannt, 250 Mill. Euro pro Tag aus, 130 Milliarden sollen es angeblich jährlich sein! 180 000 Betriebe, so Comandante Giulio Monteverdi, sind es in derzeit nur in Italien, die Schutzgelder zahlen müssen, um unbehelligt ihrer Arbeit nachgehen zu können. In Deutschland treiben die netten Herrn der Firma jährlich etwa 3 Milliarden Euro ein. Sogar der Organisator eines Anti-Mafia-Konzerts in Neapel musste im November 2013 "für den Schutz" seiner Veranstaltung zahlen.




Marco Venturi, Präsident der Händlervereinigung "Confesercenti" rechnet vor: Tag für Tag nehmen die Mafia-Organisationen in Italien 250 Mill. Euro an Schutzgeldern ein, 10 Millionen pro Stunde, 160.000 Euro pro Minute, dazukommen noch 92 Milliarden aus "reinen Handelsgeschäften" (das wären acht Prozent des italienischen Bruttoinlandsproduktes!) und das interessante Geschäft mit Drogen, das zusätzlich mit 84 Milliarden Euro zu Buche schlägt!





Und mit einem Teil der Einnahmen erhalten die Insassen vom Gefängnis Poggioreale in Neapel von der Mafia ein "Taschengeld" ausbezahlt, 312 Euro sollen es im Schnitt pro Person sein. Interessant, woher man die Zahlen hat. Noch interessanter ist jedoch die Tatsache, welche finanzielle Macht diese kriminellen Organisationen haben. Es liegt natürlich auch auf der Hand, dass die Zahlungen der Mafia an Inhaftierte auch Bindung an das System bedeutet. Selbst die Familien der Inhaftierten, die somit keinen Ernährer mehr haben, werden regelmäßig versorgt. Es bleibt abzuwarten, wie gefährlich die Mafia für die Regierung noch werden kann, stellt man nicht schnellstens diese Zahlungen ab.


Der Mafia-Boss findet alles heraus ...

Ein Mafia-Boss findet heraus, dass ihn sein ...

... Buchhalter um 10 Millionen Dollar betrogen hat.



Der Buchhalter ist taub. Die ursprüngliche Idee war, dass ein tauber Buchhalter nichts mithören und deshalb vor Gericht keine Aussagen machen könnte.

Als sich der Boss den Buchhalter vornehmen will, bringt er seinen Consigliere (Anwalt) mit, der die Zeichensprache beherrscht.

Der Boss lässt fragen, wo die 10 Millionen Dollar versteckt sind, die in der Buchhaltung verschwunden sind.

Der Anwalt stellt die Frage in Zeichensprache und der Buchhalter signalisiert zurück: "Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen."

Der Anwalt antwortet dem Boss: "Er sagt, er weis nicht, wovon Sie sprechen."

Nun reicht's dem Boss und er nimmt seine Beretta mit Schalldämpfer aus der Schreibtischschublade, hält sie gegen den Kopf des Buchhalters und sagt: "Frag ihn noch mal!"

Der Anwalt signalisiert dem Buchhalter: "Er wird dich umbringen, wenn du es nicht sagst."

Signalisiert der Buchhalter zurück: "OK, Sie haben gewonnen. Das Geld ist in einem braunen Koffer, es ist vergraben hinter einem Schuppen von meinem Cousin Enzo drüben in Queens."

Der Boss fragt: "Nun, was hat er gesagt."

Der Anwalt antwortet: "Er sagt, Sie haben nicht den Mumm, abzudrücken."

Dienstag, 25. Februar 2014

Kemptner Drogenfahnder, jetzt auch versuchter Totschlag...?

Nach dem Drogenskandal bei der Polizei Kempten muss sich der betroffene Beamte möglicherweise auch wegen versuchten Totschlags verantworten. Dessen Ehefrau, die nach einem Familienstreit die Polizei alarmiert hatte, sei "Opfer schwerer Körperverletzungen" geworden, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Dienstag am Rande einer Landtagssitzung. "Aktuell stellt sich sogar die Frage, ob es sich um versuchten Totschlag handelt."  




Der Beamte, der zuletzt Leiter der Drogenfahndung war, sitzt in Untersuchungshaft. Er war kurze Zeit nach dem Streit mit seiner Frau festgenommen worden. In seinem Spind wurden später nach Angaben Herrmanns 1,6 Kilogramm Kokain gefunden. In den ersten Ermittlungen hätten sich Hinweise darauf ergeben, "dass der Beamte selbst Drogen konsumieren soll", sagte Herrmann. Es sei aber noch unklar, woher die Drogen stammen und wie sie in den Besitz des Beamten gekommen seien. Das Rauschgift soll Medienberichten zufolge einen Wert von rund 250 000 Euro haben. 

Spekuliert wird nun über einen möglichen Zusammenhang des Falls mit mafiösen Strukturen im Allgäu. Außerdem steht die Frage im Raum, ob es sich bei dem gefundenen Kokain um Rauschgift handelt, das im Laufe der vergangenen Jahre von der Polizei beschlagnahmt worden war. 

Herrmann sagte dazu, es werde "umfassend und schonungslos" aufgeklärt. Insbesondere werde ermittelt, welche Bezüge es zur Organisierten Kriminalität geben könnte. Zudem sollten sämtliche Rauschgift-Beschlagnahmungen seit dem Jahr 2000 überprüft werden. Zu klären ist nach Worten Herrmanns auch, ob es "Mitwisser" bei der Polizei geben könnte. Dafür gebe es aber bisher keinerlei Hinweise.  

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Montag, 24. Februar 2014

Der Mafia-Mythos Guzmán ist tot

Die Flucht des mächtigsten Drogenbosses der Welt ging am Samstagmorgen in einem unauffälligen elfstöckigen Wohnblock in der Stadt Mazatlán an der Pazifikküste zu Ende. 




Ohne einen Schuss abzufeuern, verhaftete die Polizei Joaquín Guzmán Loera alias «Chapo Guzmán», den von Legenden umgebenen Chef des Sinaloa-Kartells. Dreizehn Jahre zuvor war ihm die Flucht aus einem Hochsicherheitsgefängnis geglückt, angeblich versteckt in einem Wäschewagen.




Seither umgab Chapo Guzmán (der kleine Guzmán) der Mythos der Unfassbarkeit und Allgegenwart. Unzählige Male war es ihm gelungen, den Ermittlern im letzten Moment zu entkommen. Kaum ein Tag verging, ohne dass jemand behauptete, den Großverbrecher irgendwo gesehen zu haben, in den zerklüfteten Gebirgszügen seines Heimatstaates Sinaloa, in einem verlassenen Dorf in Guatemala, in Argentinien.


Resigniert und gedemütigt

Als er wenige Stunden nach seiner Verhaftung den Medien präsentiert wurde, kollidierte der Mythos mit der Realität: der Drogenboss, wie er in Handschellen zu einem Helikopter geführt wird, den Blick gesenkt, weil ihm ein Soldat den Nacken umklammert und den Kopf nach unten drückt. Jeans und helles Streifenhemd, Schnurrbart und Bauchansatz verleihen ihm das Aussehen eines Herrn Jedermann. Während andere Großverbrecher, etwa Guzmáns einstiger Untergebener und späterer Todfeind Edgar Valdez Villarreal alias La Barbie, nach ihrer Verhaftung aufrecht und arrogant in die Kameras lächeln durften, ist der Chef des Sinaloa-Kartells zu einem Auftritt als Besiegter verurteilt. Er wirkt resigniert, verschreckt, gedemütigt.


Joaquín Guzmán Loera alias «Chapo Guzmán»


Der Versuch der Staatsgewalt, ihn binnen Sekunden zu entzaubern, ist offensichtlich.
Laut dem mexikanischen Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam haben die Ermittler am 12. Februar erfahren, daß sich Chapo Guzmán in einem Haus in Culiacán aufhielt, der Hauptstadt des Bundesstaates Sinaloa. Ihn zu verhaften, schätzten sie in jenem Moment noch als zu riskant ein. Stattdessen nahmen sie mehrere seiner engsten Vertrauten fest, was den Drogenboss zur Flucht ins 220 Kilometer entfernt gelegene Mazatlán trieb. Der Zugriff der Ordnungskräfte, bei dem 13 weitere Personen verhaftet und zahlreiche Maschinengewehre, Pistolen, Granaten und Fahrzeuge beschlagnahmt wurden, erfolgte mithilfe amerikanischer Geheimdienste. Zuvor festgenommene Mitglieder des Sinaloa-Kartells hatten berichtet, Guzmán flüchte schon seit Monaten wie ein gehetztes Tier von einem Versteck ins andere.

beschlagnahmte Waffen des Kartells


Globalisierte Holding des Verbrechens

Das Kartell von Sinaloa ist die mächtigste Verbrecherorganisation auf dem amerikanischen Kontinent, und nach dem Tode Osama Bin Ladens war ihr 56-jähriger Anführer der meistgesuchte Mann der Welt. Laut Samuel González, ehemaliger Chef einer mexikanischen Sondereinheit, ist Guzmáns Verhaftung einzig mit dem Sieg über den Kolumbianer Pablo Escobar vergleichbar. Aber während sich der Chef des Medellín-Kartells auf den Schmuggel von Kokain in die USA beschränkte, handelte Guzmán auch mit Marihuana, Heroin und synthetischen Drogen. Er exportierte nicht bloß in die USA, sondern auch nach Asien, Europa und nach Australien. Seine Organisation ist eine globalisierte Holding des Verbrechens.




Um seine Gelder reinzuwaschen, betreibt das Sinaloa-Kartell laut dem Kriminalitätsexperten und UNO-Berater Edgardo Buscaglia weltweit mindestens 3500 scheinlegale Unternehmen. Es kontrolliert 25 Prozent des amerikanischen Drogenmarktes, produziert und transportiert 45 Prozent der aus Mexiko stammenden Drogen und erzielt Schätzungen zufolge jährlich 18 Milliarden Dollar Umsatz – fast gleich viel wie alle anderen mexikanischen Kartelle zusammen.


Foltervideos fürs Internet

Chapo Guzmán hat zwei Stellvertreter, Ismael «El Mayo» Zambada und Juan José Esparragoza Moreno alias «El Azul» (der Blaue). Letzterer ist derart unauffällig und vorsichtig, daß man trotz seiner vierzigjährigen Tätigkeit als Drogendealer kaum etwas über ihn weiß und es keine halbwegs aktuelle Aufnahme von ihm gibt. Welche Auswirkungen Guzmáns Festnehme auf das Sinaloa-Kartell und den Gang des mexikanischen Drogenkriegs hat, hängt davon ab, ob sich einer der beiden als neuer Capo zu installieren vermag. Falls nicht, drohen Nachfolgekämpfe, vielleicht sogar ein Zerfall der Verbrecherorganisation in rivalisierende Untergruppen.

Die schrecklichen Folgen einer solchen Entwicklung zeigten sich, als die mexikanische Marine im Dezember 2009 Arturo Beltrán-Leyva erschoss, den Anführer des Kartells der Gebrüder Beltrán-Leyva: Seine ehemaligen Untergebenen bekämpften sich gegenseitig mit aller Brutalität, mordeten und metzelten, ließen enthauptete Leichen von Autobahnbrücken hängen und stellten Foltervideos ins Internet. Experten gehen davon aus, dass Guzmáns Verhaftung die Rivalen des Sinaloa-Kartells stärken dürfte, allen voran die Tempelritter und die für ihre Grausamkeit berüchtigten Zetas.






Chapo hinter Gittern – ein Unglück für Mexikos Bevölkerung?

Chapo Guzmán gilt als Drogenboss der alten Schule. Er sah seine Hauptaufgabe im Schmuggel und in der Eroberung und Verteidigung der dafür notwendigen Territorien. Die Expansion des Sinaloa-Kartells ging mit blutigen Schlachten einher, etwa um die Vorherrschaft über Ciudad Juárez. Guzmáns erfolgreicher Angriff auf das alteingesessene Juárez-Kartell machte die Grenzstadt zwischen 2009 und 2011 zum tödlichsten Ort des Planeten. Sinnlose Brutalität gegen die Zivilbevölkerung, die Entführung von Unbeteiligten, die Erpressung kleiner Geschäftsleute, Prostitution und Menschenhandel gehörten hingegen nicht zu den Tätigkeiten des Sinaloa-Kartells. Sein Zerfall droht die Entstehung von Gruppierungen zu fördern, die mangels organisatorischer und logistischer Kapazität zum Drogenschmuggel in die USA unfähig sind und deshalb genau solche Verbrechen zu ihrem Hauptgeschäft machen.

 
Arturo Beltrán-Leyva


Zumindest kurzfristig könnte sich Guzmáns Verhaftung für die mexikanische Bevölkerung als Unglück erweisen. Und selbst wenn sie es dem Staat erlauben sollte, das organisierte Verbrechen in den vom Sinaloa-Kartell beherrschten Territorien in die Defensive zu drängen, sind sich Experten einig: Die Ausschaltung eines großen Capos ist ein eher symbolisches Ereignis, solange die finanziellen Strukturen seiner Organisation unangetastet bleiben, solange Scheinfirmen weiter Geld waschen und mit Politik und Wirtschaft vernetzte Hintermänner in aller Unbescholtenheit weiter agieren. Von durchschlagenden Erfolgen in diesem Bereich ist Mexiko weit entfernt.


Mexikos Präsident hat bei der Verbrechensbekämpfung versagt

Für den mexikanischen Präsidenten Enrique Peña Nieto ist die Festnahme dennoch ein großer, dringend benötigter propagandistischer Erfolg. Denn während ausländische Medien den 47-jährigen Regierungschef als großen Reformer feiern und ihn das Magazin «Time» in seiner letzten Nummer zum «Retter Mexikos» hochstilisierte, ist seine Beliebtheit im eigenen Land laut einer im Dezember publizierten Umfrage auf 44 Prozent gesunken.

48 Prozent der Befragten sind mit seiner Arbeit unzufrieden, wozu sie allen Grund haben: Die Wirtschaft ist im vergangenen Jahr um ein kümmerliches Prozent gewachsen, die Steuerreform untergräbt die Kaufkraft der Mittelschicht. Was die anderen im Ausland bejubelten Neuerungen in den Bereichen Bildung, Telekommunikation und Energie betrifft, weiß die mexikanische Bevölkerung aus leidvoller Erfahrung, wie leicht hochtrabende Reformen bei der konkreten juristischen Umsetzung verwässert werden. Deshalb ist sie nicht begeistert, sondern wartet mit der gebotenen Skepsis ab.


150 Millionen in bar - Drogengelder in Tijuana



Vor allem aber hat Peña Nietos Regierung bei der Kriminalitätsbekämpfung versagt. Es ist ihr zwar gelungen, die Mordrate um rund 15 Prozent zu senken, doch haben Entführungen laut offizieller Statistik allein 2013 um 20 Prozent zugenommen. Die Dunkelziffer, die laut Experten bei über 90 Prozent liegt, ist dabei nicht erfasst. Paradoxerweise besteht die Gefahr, daß nun auch Guzmáns von Polizei und Rivalen bedrängte Nachfolger die Entführungsindustrie als profitable Alternative zum Drogenhandel wählen.
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Sonntag, 23. Februar 2014

Die Mafia, der Bulle und Berge von Schnee

Beim obersten Kemptener Drogenfahnder werden 1,5 Kilo Kokain gefunden. Der Beginn einer Affäre. Es geht um die Mafia und das Verhältnis eines Fahnders mit einer Gangsterbraut. 




Der Hilferuf der verzweifelten Frau erreichte die Polizei Kempten in der Nacht zum Samstag. Ein Streit mit ihrem Ehemann war völlig aus dem Ruder gelaufen. Zwei Streifenpolizisten läuteten an der Wohnungstür, um nach dem Rechten zu sehen. Was sie fanden, war alles andere als recht. Sondern vielleicht der Auftakt zu einem Polizeiskandal ungeheuren Ausmaßes. Denn gegen den Herrn des Hauses ergab sich der „Verdacht von Straftaten zum Nachteil seiner Ehefrau“, was auf häusliche Gewalt deutet. Und auf eine gewaltige Drogensache. Der rabiate Ehemann war kein Unbekannter. Sondern ein Kollege, ein Rauschgiftermittler, aber nicht irgendeiner.

Der 52-Jährige ist Leiter des Rauschgiftkommissariats Kempten. Ein Polizist ganz oben in der Hierarchie, Erster Kriminalhauptkommissar. Im Rahmen der weiteren Ermittlungen wurde in seinem Spind bei der Dienststelle in Kempten Rauschgift gefunden. Nach Informationen unserer Zeitung 1,5 Kilogramm Kokain im Schwarzmarktwert von einer viertel Million Euro. Dass ein gravierender Fall vorliegt, zeigt schon die Tatsache, dass er von einem speziellen Dezernat beim Bayerischen Landeskriminalamt verfolgt wird. Die Truppe aus München wird immer dann aktiv, wenn die Beschuldigten Polizisten sind.


Allgäu seit Jahren als Mafia-Zentrum bekannt

In Polizeikreisen ist die Affäre Gesprächsthema Nummer eins. Einer aus den eigenen Reihen möglicherweise in Drogengeschäfte verstrickt – die Nachricht hat eingeschlagen wie eine Bombe. Woher stammt das Kokain? Wurde es bei Ermittlungen beschlagnahmt und dann unterschlagen? Und der ganz schlimme Verdacht: Ist der Kollege ein Verräter, der einer Verbrecherbande einen Freibrief für den Rauschgifthandel ausgestellt hat? Informationen über Ermittlungen und Razzien ausgeplaudert hat? Hat er gar ein Komplott gegen zwei Ermittler angezettelt, die seinem Treiben zu nahe kamen?

Die zuständige Staatsanwaltschaft München I gibt aus „ermittlungstaktischen Gründen“ keine Auskunft zu der Sache, die dadurch besonders brisant wird, dass Kempten seit Jahren als Hochburg der italienischen Mafia gilt. Genauer gesagt: der kalabrischen ’Ndrangheta. 1998 wird am Bahnhof der Allgäu-Metropole eher zufällig der Auftragskiller Giorgio Basile aufgegriffen. Das „Engelsgesicht“ soll mehr als 30 Morde auf dem Konto haben und wird später zum Kronzeugen. 2010 hebt die Polizei bei einer Razzia in der Pizzeria Vulcano in Sonthofen einen Stützpunkt der kalabrischen ‘Ndrangheta aus. Ein Clan soll vom Allgäu aus im großen Stil mit Kokain gehandelt haben. „Diese Strukturen sterben nicht“, sagt ein hochrangiger Polizist damals in einem Interview. Seit Jahren ist die Szene in der Ferienregion Ziel aufwendiger polizeilicher Ermittlungen.


Polizei in Neu-Ulm ermittelte verdeckt

Für die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität im ganzen Gebiet von den Königsschlössern bei Füssen bis zu den markanten Kühltürmen des Kernkraftwerks Gundremmingen bei Günzburg ist die Kriminalpolizeiinspektion für zentrale Aufgaben (KPiZ) in Neu-Ulm zuständig. Ihr Leiter bis April 2013 ist Gregor Piper (Name geändert), ein Vorzeigepolizist, Familienvater, Marathonläufer. Ein Typ wie Fußball-Bundestrainer Jogi Löw, drahtig, gut gekleidet, souverän. Seine „Kundschaft“: Islamisten, Rockerbanden und die Mafia in all ihren Ausprägungen. Die russische Variante, Banden vom Balkan, Verbrecherorganisationen wie die Camorra aus Neapel oder besagte ‘Ndrangheta aus Kalabrien, die angeblich den Drogenhandel im Allgäu kontrolliert. Piper gilt als knallharter Ermittler, genießt in seiner Mannschaft höchsten Respekt.

Es ist eine eingeschworene Truppe, die von Neu-Ulm aus gegen die Verbrecherorganisationen kämpft. Einer von Pipers besten Leuten ist ein Polizist türkischer Herkunft, Anfang dreißig, den Kollegen so beschreiben: „Smart, gut aussehend, Frauentyp.“ Er soll hier Ali C. heißen. Seinen richtigen Namen zu nennen, wäre lebensgefährlich für ihn. Weder Ali noch Gregor Piper wollen sich auf Anfrage zur Affäre um den Kemptener Drogenermittler äußern. Doch es gibt Hinweise, dass ihr berufliches Schicksal eng mit dem Kokainfall im Allgäu verknüpft ist. Mehrere Vertreter der Sicherheitsbehörden der Region, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, erzählen unabhängig voneinander die Geschichte eines möglichen Komplotts.

Sie beginnt damit, dass Piper Ali auf den Drogenhandel im Allgäu ansetzt. Ali ermittelt in Kreisen, in denen die Männer teure Autos fahren, edle Anzüge tragen und schöne Freundinnen haben. Eine dieser Frauen wird in der Geschichte noch eine verhängnisvolle Rolle spielen. In der Szene werden viele Sprachen gesprochen, doch vor allem Italienisch. Ali weiß: Seine Ermittlungen sind ein Tanz auf der Rasierklinge. Fliegt er auf, kann er schnell ein toter Mann sein.

Wer diese Kreise stört, endet nicht selten mit „Betonschuhen“ in einem See oder einer Kugel im Kopf. Ali wurde nicht getötet, aber doch kaltgestellt. Immer wieder hatten die Neu-Ulmer Mafiajäger Hinweise bekommen, dass der Rauschgifthandel auch nach der Razzia in der Sonthofener Pizzeria Vulcano munter weiterging. „Von Haschisch über synthetische Sachen bis zu Heroin – im Allgäu ist alles zu kriegen. Geradezu überflutet wird Kempten von Kokain“, sagt ein Kenner der Szene. Woher stammt das „Koks“? Welchen Weg nimmt es ins Allgäu? Wer sind die Hintermänner? Ali und sein Chef Piper kommen den Antworten auf diese Fragen nach Überzeugung von beteiligten Ermittlern immer näher.


Wurden Ermittler gezielt "kaltgestellt"?

Doch dann passiert etwas, das Filmfans aus unzähligen Hollywood-Krimis kennen: Die unerschrockenen Ermittler werden von der eigenen Spitze – dem Präsidium in Kempten – aus dem Verkehr gezogen. Ob sie wie im Film Dienstmarke und Waffe abgeben mussten, ist nicht bekannt. Bei der Staatsanwaltschaft Kempten gibt es damals, im März vergangenen Jahres, eine knappe Auskunft: Gegen einen Beamten der Neu-Ulmer Polizeidienststelle zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität werde wegen des „Verdachts des Verrats von Dienstgeheimnissen“ ermittelt. Dem Ermittler sei die „Führung der Dienstgeschäfte mit sofortiger Wirkung“ untersagt worden.




Im Zusammenhang mit diesen Ermittlungen wird auch der Chef der Neu-Ulmer Dienststelle seiner Führungsaufgaben enthoben. Das Polizeipräsidium teilt mit, dass im Hinblick auf das mögliche Fehlverhalten des Untergebenen „auch das Führungsverhalten des Leiters“ überprüft werde, um über die weitere „dienstliche Verwendung“ entscheiden zu können. Die Vorwürfe sind pikant. Der junge Drogenfahnder Ali, der Kollegen als Ausbund an Verschwiegenheit gilt, wird beschuldigt, Dienstgeheimnisse preisgegeben zu haben. Er hatte sich in die schöne Ex-Freundin eines Mannes verknallt, der als Kopf einer italienischen Bande von Drogenhändlern galt und inzwischen zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden ist. Die Blondine war niemals Zeugin oder Beschuldigte in dem Verfahren.


Kokainfund wohl nur die Spitze des Eisbergs

Und Piper, dem obersten Mafiajäger, wird vorgehalten, dass er die Affäre seines Mitarbeiters mit der attraktiven Gangsterbraut nicht umgehend ans Präsidium in Kempten gemeldet hat. Der Verdacht, dass Drogenfahnder Ali der Ex des Bandenchefs auf dem Liebeslager wichtige Informationen geflüstert hat, bestätigt sich indes nicht. Schon im August 2013 teilt die Staatsanwaltschaft mit: Verfahren eingestellt. Ausgestanden ist die Sache für ihn deshalb nicht. Noch stehen mögliche disziplinarrechtliche Folgen im Raum. Der von seinen Kollegen als „Superermittler“ bezeichnete Ali darf seither nicht einmal mehr Falschparker verfolgen. Und sein Vorgesetzter Piper, der als Mafiajäger viele Erfolge vorweisen kann, wird zu einer Behörde versetzt, die die Einführung des Digitalfunks für Polizei und Rettungsorganisationen koordiniert. Oder, wie es Eingeweihte nennen: „Aufs Abstellgleis geschoben.“

Den Grund, dass zwei profilierte Ermittler derzeit nicht mehr der Arbeit nachgehen können, auf die sie sich am besten verstehen, nämlich das Organisierte Verbrechen zu bekämpfen, glauben mehrere erfahrene Ordnungshüter auch zu kennen. Alles deutet für sie darauf hin, dass die beiden Kollegen „gezielt abgesägt“ worden sind. Weil sie möglicherweise einem Verräter in den eigenen Reihen zu nahe gekommen sind. „Ali wäre dem früher oder später auf die Schliche gekommen“, heißt es. Jetzt können sich manche Fahnder aus Neu-Ulm auch die Reaktionen aus Kempten erklären, wenn es um die Kooperation in Drogenermittlungen ging. „Pfuscht uns nicht drein, wir haben hier in Kempten alles im Griff“, habe es da geheißen.


Hat der jetzt verhaftete Kemptener Polizist die Neu-Ulmer Kollegen abwimmeln lassen? Hat er die Informationen über das Techtelmechtel des Neu-Ulmer Drogenfahnders Ali mit der Mafiabraut gestreut, weil dieser seinen schmutzigen Geschäften auf die Spur kam? Die Spezialermittler vom Landeskriminalamt haben jetzt jede Menge Fragen zu klären. Eingeweihte glauben: Der Fund von eineinhalb Kilo „Schnee“, wie Kokain in der Szene heißt, ist nur die Spitze eines gewaltigen Eisbergs.
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Mächtiger Drogenboss Guzmán gefasst

2001 entkam er aus dem Gefängnis und baute sich in Mexiko ein gigantisches Drogenimperium und ein Milliardenvermögen auf. Jetzt wurde «El Chapo» verhaftet.

Joaquin «El Chapo» Guzman

Einer der mächtigsten Drogenbarone der Welt ist gefasst: der Chef des mexikanischen Sinaloa-Kartells, Joaquin «El Chapo» Guzman. Mexikanische und amerikanische Fahnder verhafteten ihn nach Informationen der Nachrichtenagentur AP in der Nacht zum Samstag (Ortszeit) im mexikanischen Badeort Mazatlan.

Der 56-Jährige sei in Begleitung einer Frau gewesen. Es seien keine Schüsse gefallen, hieß es am Samstag. Das Büro des mexikanischen Generalstaatsanwalts bestätigte eine Festnahme, äußerte sich aber nicht dazu, ob es sich um Guzman handelt.



Gigantisches Imperium

Guzman gilt als einer der meistgesuchten Drogenbosse. Sein Imperium soll sich über ganz Nordamerika und auch nach Europa und Australien erstrecken. In Mexiko soll sein Kartell tief in den Drogenkrieg verstrickt sein, der einige Teile des Landes seit Jahren fest im Griff hat.

«Das ist ein riesiger Erfolg für die mexikanischen Behörden, dass dieser Mann nach so vielen Jahren wieder ins Gefängnis wandert», sagte der frühere mexikanische Anti-Drogen-Staatsanwalt Samuel Gonzalez. Dies sei auch eine Genugtuung für seine Opfer.

Die Behörden waren Guzman zuletzt wochenlang auf den Fersen gewesen. Zuvor waren in den vergangenen Monaten bereits mehrere führende Köpfe des Sinaloa-Kartells ausgeschaltet worden. Der Sohn von Guzmans Komplize an der Spitze von Sinaloa, Ismael «El Mayo» Zambada, war im November in Arizona festgenommen worden. Im Dezember wurde Zambadas wichtigster Helfer bei einem Feuergefecht getötet. Nur wenige Tage später fassten Ermittler einen weiteren Handlanger Zambadas in Amsterdam.


 Ismael «El Mayo» Zambada


Drogengeld im Wert von 120 Millionen Dollar beschlagnahmt


Deshalb gab es Gerüchte, dass die Ermittler nun Zambada besonders ins Visier nähmen. Experten glauben, dass das Kartell weitermachen wird, solange Zambada auf freiem Fuß ist. Guzmans Festnahme sei nur ein Stachel in der Seite des Kartells, aber noch nicht der Todesstoß, sagte George Grayson von der Universität William and Mary in den USA, ein Experte für die mexikanischen Drogenkartelle. Zambada werde nun die Geschäfte übernehmen.

Guzman war jahrelang gejagt worden, nachdem er 2001 aus der Haft entkommen war. Immer wieder kursierten neue Gerüchte über seine Aufenthaltsorte, ob nun in Argentinien oder in Guatemala. Zudem gab es Spekulationen, dass er den Schutz der Regierung des früheren mexikanischen Präsidenten Felipe Calderon genieße.


Milliardenvermögen

Nach seiner Flucht entwickelte sich Guzman zu einem der wichtigsten Drogenbosse der Welt. Sein Vermögen wird auf mehr als eine Milliarde Dollar geschätzt. Das Magazin «Forbes» führt ihn auf einer Liste der einflussreichsten Menschen der Welt – und zwar vor den Präsidenten von Frankreich und Venezuela.


Sein Sinaloa-Kartell wurde immer mächtiger und beherrschte zuletzt die meisten der lukrativen Schmuggelrouten an der US-Grenze, darunter auch die Städte Tijuana und Ciudad Juarez. In beiden Städten herrscht die Gewalt. Sinaloa wird in Verbindung gebracht mit dem größten Drogenfund Mexikos, 134 Tonnen Marihuana, sowie mit der größten je gefundenen Anbaufläche und gigantischen unterirdischen Methamphetamin-Laboren in Westmexiko.
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Samstag, 22. Februar 2014

Die goldenen Colts der Drogenbosse

Mexiko schickt seit Jahren Zehntausende Soldaten in den Kampf gegen die Drogenkartelle - ohne großen Erfolg. In einem nicht öffentlichen Museum dokumentiert das Verteidigungsministerium den Krieg gegen die Mafia - und beschlagnahmte Ware aus dem Besitz der Bosse.





Die Begrüßung fällt militärisch knapp aus: "Willkommen im Museo de Enervantes!" Ohne Schnörkel greift der hoch gewachsene Major in grauer Uniform zum Zeigestock und erklärt an einer Schautafel, was den Besucher in den nächsten zwei Stunden im Drogenmuseum des mexikanischen Verteidigungsministeriums erwartet. Es ist eine Zeitreise zu den Anfängen des Rauschgifthandels in Mexiko vor hundert Jahren bis zum Krieg gegen die Kartelle in der Gegenwart.

Das "Museum für Drogen" im siebten Stock des Verteidigungsministeriums in Mexiko-Stadt gleicht einer gigantischen Asservatenkammer mit einem Hauch pädagogischer Glasur. Auf der Reise durch die Geschichte des Rauschgifts lernt man, dass die Chinesen in den 1880er Jahren nicht nur die Eisenbahn im Bundesstaat Sinaloa bauten, sondern auch die Mohnpflanzen mitbrachten. Und man erfährt, dass die USA im Zweiten Weltkrieg den Anbau von Schlafmohn in Mexiko förderten, um daraus das dringend benötigte Morphium für die verwundeten Soldaten zu gewinnen.




Vor allem aber ist das Museum das geheime Archiv dessen, was sich im jahrelangen Konflikt zwischen Armee und Drogenkartellen als Trophäen sicherstellen ließ. Es bietet gleich dutzendweise vergoldete Pistolen, mit Firlefanz verzierte Maschinengewehre und mit Diamanten besetzte Mobiltelefone. Auch schusssichere T-Shirts kann man bestaunen, sogar komplette Marihuana-Küchen.


Lernen für den "Kampf gegen den Feind"

Besonders erfreuen den Major die hinter Plexiglas im Miniaturformat nachgestellten erfolgreichen Einsätze der Armee gegen die Kartelle. "Es ist ein ständiges Katz- und Mausspiel, bei dem wir aber die Oberhand behalten", behauptet er, obwohl er es vermutlich besser weiß.

Aber das Thema sei ernst, versichert der Major. Zum Beweis fährt er mit seinem Stock die Namen der 900 Soldaten ab, die seit 1976 im Kampf gegen die Drogenkartelle gefallen sind. Jedes Jahr werde die Liste der toten Soldaten länger. Daher dürfe er auch seinen Namen nicht nennen. "Sicherheitsgründe." So seien die Regeln.




Das "Museo de Enervantes" ist dann auch kein Ausstellungsort im herkömmlichen Sinne. Der Allgemeinheit bleibt es verschlossen. "Hier sollen unsere Soldaten und Offiziersanwärter lernen, was sie für den Kampf draußen gegen den Feind brauchen", betont der Mayor.

Seit 2006 haben die Präsidenten mehrere zehntausend Soldaten in die Schlacht gegen die Kartelle geworfen. Das Resultat ist dürftig. Bis zu 100.000 Unbeteiligte, Soldaten, Drogenbosse und Pistoleros sind in diesem Krieg gefallen. Aber der Konsum steigt, und das Ringen um Routen und Reviere geht unvermindert weiter.

Beim Katz- und Mausspiel haben die mexikanischen Sicherheitskräfte die Methoden kennengelernt, mit denen die Mafias das weiße Pulver zu Wasser, zu Land und in der Luft in die USA zu schmuggeln versuchen. Die Kriminellen wickeln ihre Ware in Maisfladen ein und tarnen sie als Tacos, sie bauen Käse aus Kokain, backen Kekse aus Marihuana. Sie stopfen den Stoff in Spazierstöcke, in Bierdosen, hinter Bilder von der Jungfrau von Guadeloupe. Sie haben das weiße Pulver aus der Luft mit Fallschirmen abgeworfen, in U-Booten transportiert, unter der Wasseroberfläche in Netzen von Fischtrawlern ziehen lassen und sogar in Surfbretter eingebaut.


Uhr von Bulgari, Waffe vom Kartellgründer

Der Erstaunlichste ist der vorletzte Saal, "La Narcocultura" heißt er. Hier sind die Kaprizen der Kartell-Könige zu bestaunen. Die AK-47-Sturmgewehre mit vergoldeten Magazinen. Uhren, Halsketten, Armbänder - alles glänzt gleißend gelb. Mobiltelefone mit Blattgoldverschalung scheinen bei den Drogenbossen besonders beliebt. "Wir wollen hier zeigen, wofür die Verbrecher ihr Geld ausgeben", erklärt der Major.


Waffe von Guzmán


Prunkstück der bizarren Sammlung ist die kleine Handwaffe von Joachìm Guzmán dem meistgesuchten Verbrecher der Welt und Chef des Sinaloa-Kartells. Der Colt, Kaliber 38, ist am Griff besetzt mit 24-karätigem Gold und eingearbeiteten Brillanten. Die Waffe wurde "El Chapo" bei seiner Festnahme 1993 in Guatemala abgenommen. Guzmán ist zwar längst aus dem Gefängnis entflohen, nur seine Waffe bleibt im Besitz des Staates. Sie war übrigens ein Vermächtnis von Amado Carillo Fuentes, legendärer Gründer des Juárez-Kartells, und so was wie der Ziehvater von Guzmán im Drogengeschäft. Daher ziert die Waffe auch die Initialen von Fuentes - ACF.

Joachìm Guzmán - der derzeit meistgesuchte
Verbrecher der Welt


Zu den neuen Errungenschaften des Museums zählen Pistole und Uhr von Heriberto Lazcano, dem gefürchteten Gründer der Zeta-Bande, der im Oktober 2012 von Soldaten getötet wurde. Bei sich trug Z-3 seinerzeit eine mit Diamanten besetzte Bulgari-Uhr, Wert über 25.000 Euro, und einen vergoldeten Revolver, in den sein Name eingraviert ist.

Am Ende des Besuchs legt sich erstmals ein Lächeln auf das Gesicht des strengen Majors. Er sieht das Staunen in den Augen des Reporters: "Und das ist nur ein bescheidener Ausschnitt des Luxus", sagt er und fährt seinen Zeigestock wieder ein.