Sonntag, 30. Juni 2013

Mafia zockte die Bundesbahn ab....

Etwa 100 Millionen Euro zu viel hat die Deutsche Bahn 2006 für Schienen bezahlt. Die Hersteller hatten die überhöhten Preise untereinander abgesprochen. Doch das Bundeskartellamt kommt solchen illegalen Preisabsprachen immer häufiger auf die Schliche.
 
Die „Schienenfreunde“ trafen sich in der Duisburger Pizzeria „Da Bruno“, wo im August 2007 die brutalen Mafiamorde zweier verfeindeter ´Ndrangheta-Clans stattfanden, um dort abzusprechen, wer wie viele Schienen an die Deutsche Bahn verkaufen darf. Bei den „Schienenfreunden“ handelte es sich um Mitglieder eines Stahlkartells, das über zehn Jahre die Preise für die Bahnschienen in Deutschland bestimmte. Allein im Jahr 2006 hat die Bahn schätzungsweise 100 Millionen Euro zu viel für Schienen bezahlt. Doch das Bundeskartellamt kam den Betrügern auf die Schliche. Gegen die Mitglieder des Kartells wurde nun ein Bußgeld in Höhe 124,5 Millionen Euro verhängt. Ein lachhaftes Urteil, weil sich die Mafia kaum vom deutschen Kartellamt beeindrucken lässt.

Das Schienenkartell war sicherlich einer der spektakulärsten Fälle, die das Bundeskartellamt in den vergangenen beiden Jahren aufklären konnte. Doch auch in anderen Bereichen ermittelt die Behörde immer erfolgreicher gegen illegale Preisabsprachen in der deutschen Wirtschaft. Die Höhe der verhängten Bußgelder stieg im vergangenen Jahr von 190 Millionen Euro auf 316 Millionen Euro. Insgesamt verfolgte das Bundeskartellamt 2012 insgesamt 34 Fälle illegaler Preisabsprachen.

Illegale Preisabsprachen auch bei Wurst und Bier

Viele Verfahren gegen Kartelle laufen noch. „Wir haben ein stetig hohes Niveau an Fällen“, sagte Präsident Andreas Mundt bei der Vorstellung der Jahresbilanz in der vergangenen Woche. Die Arbeit des Bundeskartellamts bewahrt nicht nur große Konzerne, wie die Deutsche Bahn, vor künstlich überhöhten Preisen, sondern auch die Otto-Normal-Verbraucher. Derzeit ermittelt die Behörde zu illegalen Preisabsprachen unter anderem bei Produkten, wie Wurst, Kartoffeln, Zucker und sogenannten „Fernsehbieren“.
Dabei handelt es sich um die Biere großer, überregionaler Brauereien, die im Fernsehen für ihre Produkte werben. Details zu den mutmaßlichen Preisabsprachen der Bierhersteller wollte Mundt nicht bekanntgeben, da das Verfahren noch laufe.

Die Strafe der Camorra folgt auf dem Fuß / VIDEO

Er versuchte aufzusteigen, sich seinen Anteil an kriminellen Aktivitäten einer Bande im Stadtteil zu sichern und dafür wurde er vom Capo di Famiglia bestraft. Gazmir Bici, ein 38jähriger Albaner, der glaubte, die Kontrolle über die Diebstähle und die Prostitution in Caivano bei Neapel übernehmen zu können, hatte nicht mit der gnadenlosen Brutalität der Camorra gerechnet. Er wurde Samstag Nacht in der Caffetteria Nocera am Corso Umberto in der neapolitanischen Vorstadt Caivano von Profikillern hingerichtet.





Die Carabinieri aus Casoria untersuchten die ganze Nacht die Unterwelt von Caivano, sie führten verschiedene Hausdurchsuchungen und Straßenblockaden durch, aber ohne Resultat. Nach bisherigen Ermittlungen handelt es sich bei den Tätern um professionelle Camorra-Killer. Die 2 Killer betraten die Bar, forderten die dort anwesenden Personen auf die Bar zu verlassen und eröffneten dann das Feuer mit Revolvern auf den Albaner. Ihr Vorteil: Revolver hinterlassen nach der Tat keine Patronenhülsen am Tatort. Das Opfer wurde von neun Schüssen getroffen, der tödliche Schuss traf ihn im Kopf. Die Täter zerstörten daraufhin die Überwachungskameras und nahmen die Aufzeichnungskassette mit. Ein gut und schnell und ausgeführter Auftragsmord, angeordnet vom Paten des Stadtteils.

Löchrige Tarnung für Kronzeugen: Jetzt jagt ihn Mafia

Als Insider lieferte er der Republik Österreich Drogenbosse und kiloweise Heroin und Koks zur Beschlagnahmung. Dann, sagt er, versagten Zeugenschutz und deutscher Geheimdienst. Nun ist er auf der Flucht. Ein Blick ins Innere der Schwerstkriminalität.

Seit 2005 ist Adrian Krasniqi* auf der Flucht vor der Mafia / Bild: Polizei

Adrian Krasniqi* hat gesungen. Oder ausgepackt, wie es in Kriminalromanen auch manchmal heißt. Und zwar im ganz großen Stil. Was Krasniqi den Behörden diktierte, steht in keinem Buch mit fiktiver Handlung. Das Wissen des Mannes, der viele Jahre in Kärnten lebte, ist feinsäuberlich in Prozess- und Ermittlungsakten österreichischer und tschechischer Behörden dokumentiert. Wissen, das gleich mehrere international agierende Drogenbosse hinter Gitter brachte, zur Beschlagnahmung Dutzender Kilogramm Heroin und Kokain führte, und damit wohl auch so manches Leben rettete.

Seither fürchtet Krasniqi um sein eigenes. Was vor acht Jahren als Schlussstrich unter eine Karriere als Schwerkrimineller gedacht war, war in Wahrheit der Startschuss zu einem Leben auf der Flucht. „Alles, was in der Zwischenzeit passierte, ist meine behördlich organisierte Enttarnung“, sagt er heute. Ein schwerer Vorwurf.


Goldgrube Balkanroute

Die Republik Österreich versprach ihm einst für seine Kooperation Zeugenschutz und eine neue Identität. Tatsächlich erwecken die Rechercheergebnisse der „Presse am Sonntag“ den Eindruck, dass dabei einiges schief gelaufen ist. So steht es in Papieren aus den geheimen Führungsakten des Bundeskriminalamts (BK) in Wien und des kooperierenden Landeskriminalamts Rheinland-Pfalz. So steht es in als „Verschlusssache“ deklarierten Schriftverkehren zwischen eben diesem LKA und dem deutschen Bundesnachrichtendienst (BND). Heute droht Krasniqi die Abschiebung in sein Geburtsland, die Republik Kosovo. Ein kleines Land am Balkan, in dem bis heute Mitglieder jener Organisation leben, die seinen Kopf wollen. Aber alles der Reihe nach.


Mit dem Zerfall Jugoslawiens hatte die berüchtigte Balkanroute, über die Heroin aus der Türkei und Afghanistan bis heute in rauen Mengen nach Europa kommt, an zusätzlicher Attraktivität gewonnen. Gleichzeitig wollte das Geschäft mit dem Vertrieb von Kokain, das in den dunklen Bäuchen von Frachtschiffen in den Häfen Belgiens und der Niederlande aus Südamerika anlandete, bedient werden. Ein Geschäft, bei dem Adrian Krasniqi an einer der Schnittstellen saß. Er, der als Gastarbeiter nach Österreich gekommen war, war Zwischenhändler, Vertreter und Vermittler in einem, Klagenfurt auf Grund seiner Lage gleich hinter der EU-Außengrenze ein guter Standort. Neben seiner Muttersprache spricht er Deutsch, Türkisch, Italienisch, Rumänisch und mehrere slawische Sprachen. Eine Qualifikation, die nicht nur seriöse Arbeitgeber schätzen, sondern auch internationale Drogensyndikate. Sein Talent als Kommunikator über alle Sprachbarrieren hinweg brachten ihm im Laufe seines Lebens acht Jahre Strafhaft ein. Bis er sich dazu entschloss die Seiten zu wechseln und mit den Behörden zu kooperieren. Ein Kronzeuge wie aus dem Bilderbuch.


Im Helikopter zum Drogenbunker

Dankbarkeit erwartet er sich bis heute dafür nicht. „Ich habe selbst genug angestellt“, sagt er. Allerdings ging er damals noch davon aus, dass sich jene Behörden, die ohne seine Hilfe die Bosse niemals ins Gefängnis gebracht hätten, auch an Absprachen halten, sein Leben nicht gefährden. Eine Hoffnung, die sich aus seiner Sicht als Trugschluss erwies. Dabei begann die Zusammenarbeit durchaus im gedeihlichen Einvernehmen.

Der Eintritt in das Zeugenschutzprogramm des Bundeskriminalamts geschah im Lärm der Rotoren eines Helikopters. Bei Nacht und Nebel verschwand Krasniqi aus seiner Zelle und flog wie ein prominenter Stargast aus Hollywood in Richtung Tschechien. Zweck der Reise war jedoch kein Urlaub. Es gab auch keinen Roten Teppich. Er verriet den Behörden das Versteck eines Zwischenlagers für Heroin. Dabei war dort in jener Nacht vergleichsweise wenig Stoff gebunkert. Immerhin, es reichte für die Sicherstellung von 140 Kilogramm Heroin und die Festnahme von 30 Personen.

Auch sonst hingen die Ermittler aufmerksam an den Lippen ihres Informanten aus dem innersten Kreis der organisierten Kriminalität. In langen Einvernahmen erzählte er von Kurierfahrten zwischen Klagenfurt und Wien, bei denen er an guten Tagen 13 Kilogramm Koks im Fußraum seines Autos hatte. Er nannte die Namen von Lieferanten und Abnehmern, erzählte von Verhandlungen in bekannten Wiener Hotels und Geldübergaben in Bars am Graben. Und von einem Leben als abgebrühter Halunke im Stile eines Westernschurken: Einmal kam es nach einem geplatzten Deal in Budapest kurz vor der österreichischen Grenze zu einer wilden Schießerei auf einer ungarischen Autobahn. Die Drogenfahnder müssen geschmunzelt haben, als er davon berichtete, wie er die Einschusslöcher – um nicht übermäßig aufzufallen – mit Aufklebern von der Tankstelle überklebte (siehe folgendes Faksimile).


 
Dokumente eines Lebens als Gangster: In langen Verhören erzählte
Adrian Krasniqi* über sein kriminelles Treiben und – vor allem –
seine Partner und Auftraggeber.


Der BND half ausPolizei und Staatsanwaltschaft waren die Schilderungen, die zu zahlreichen Verurteilungen führten, einiges wert. Sie versprachen ihm eine neue Identität mit EU-Papieren. Das behauptet zumindest Krasniqi, der nur unter Erfüllung dieser Bedingung auch vor Gericht gegen die Drogenbarone aussagen wollte und heute mit einem kosovarischen Pass um sein Leben fürchtet.
Der seinerzeitige Ankläger bestreitet ein derartiges Angebot jedoch vehement. Entsprechende Papiere seien nicht einmal „vage in Aussicht gestellt“ worden. Und auch das Innenministerium sagt heute: „Eine solche Absprache gab es allein schon deshalb nicht, weil das Ministerium gar nicht die Möglichkeit zur Durchführung hatte.“

Versucht hat man es trotzdem. Krasniqis Führungsbeamtin H. bemühte sich laut Akt um die österreichische Staatsbürgerschaft für ihren Klienten, scheiterte jedoch an seinem langen Vorstrafenregister. Schließlich bat man Kollegen aus Deutschland, die hochgradig gefährdete Schutzperson auf Kosten Wiens nach Rheinland-Pfalz zu übernehmen, damit diese dort und mit neuer Identität ein neues Leben beginnen könne. Ein im länderübergreifend arbeitenden Zeugenschutz durchaus üblicher Vorgang.

Bemerkenswert dabei ist, dass das zuständige LKA in Mainz offenbar sehr wohl darüber Bescheid wusste, dass für Krasniqi EU-Papiere vorgesehen waren. In einer als „Verschlusssache“ geführten Korrespondenz ersucht der leitende Kriminaldirektor W. des Zeugenschutzdezernats nämlich den Bundesnachrichtendienst, entsprechende Dokumente anzufertigen (siehe folgendes Faksimile).


 
Gefährliche Papiere: Die deutsche Polizei „bestellt“ für die Schutzperson
 beim BND unter der Anleitung Wiens Papiere aus „Alt-EU-Staaten“
 
 
Dazu muss man wissen, dass das LKA Rheinland-Pfalz formal nur so etwas wie der verlängerte Arm des Wiener Bundeskriminalamts war. Das BK war die bestimmende Instanz, „insbesondere für die Entscheidung, ob und in welchem Umfang eine Schutzperson mit Personaldokumenten ausgestattet wird“, heißt es in einem später angefertigten Papier des LKA.
Und tatsächlich, was in Österreich laut offizieller Stellungnahme unmöglich ist und deshalb auch nicht angeboten worden sei, brachten die „Geheimen“ vom BND zustande. Krasniqi erhielt einen italienischen Personalausweis mit neuem Namen, einen deutschen Führerschein, Versicherungskarte und Steuernummer. Kopien der Dokumente befinden sich in den Rechercheunterlagen der „PamS“. Alles gut?



Mit "Cobra" im Gerichtssaal

Zunächst schon. Zusätzlich zur neuen Identität gab es regelmäßige Betreuung durch Beamte des Zeugenschutzes und monatlich 500 Euro Unterstützung. Krasniqi schaffte sogar den Einstieg ins Berufsleben. Zwischendurch flog er unter einer weiteren Identität und einem von den Behörden nur für den Flug übergebenen österreichischen Reisepass zu Prozessterminen. Alles streng geheim, teilweise unter Personenschutz der Spezialeinheit „Cobra“.


Es kehrte eine Art Alltag ein. Bis der ehemalige Drogenschmuggler einen Strafbescheid wegen einer geringfügigen Geschwindigkeitsübertretung bekam. Plötzlich bemerkte er, dass die vom BND angefertigten Papiere insgesamt drei unterschiedliche Geburtsorte auswiesen. Wien, Rom und eine Stadt im Kosovo. Seine ganze Legende drohte aufzufliegen. Und dann kam die Angst.

Schwere Panikattacken brachten den einst so robusten Schwerkriminellen in psychiatrische Behandlung. Seinem Arzt erschienen die Probleme derart real, dass sich dieser mit dem ehemaligen Innenminister von Rheinland-Pfalz und dem damaligen Präsidenten des angeschlossenen LKA traf. In dem Gespräch sei abermals über neue, vor allem aber „saubere EU-Papiere“ gesprochen worden.


Niemand zuständig

Und wieder wollen die Angesprochenen nichts davon wissen. Auch vor Gericht nicht, mit dessen Hilfe der Mann auf der Flucht endlich zu sicheren Papieren kommen wollte. Ohne Erfolg. Zwar stellte die Justiz des Landes Rheinland-Pfalz fest, dass die misslungenen Papiere eine mitunter „erhebliche“ Gefahr für Krasniqis Leben darstellen könnten (siehe folgendes Faksimile), verwies jedoch gleichzeitig darauf, dass die deutschen Behörden eigentlich die falschen Ansprechpartner seien. Verantwortlich für die ganze Affäre zeichne nämlich ausschließlich die Abteilung für Zeugenschutz im Bundeskriminalamt in Wien.
 

 
Ein Gericht hielt fest, dass die vom BND angefertigten Papiere das
Leben von Adrian Krasniqi* erheblich gefährdeten
 
 
Dort jedoch war man auf den Schutzbefohlenen nicht mehr gut zu sprechen. Das kann man zwischen den Zeilen mehrerer Aktenstücke deutlich herauslesen. Vor dem Eintritt in das seit 1998 bestehende Zeugenschutzprogramm unterzeichnet jeder Teilnehmer einen Vertrag, der unter anderem zur Geheimhaltung verpflichtet. Ein ehemalige Leiter der verschwiegenen Abteilung sprach in einer Festschrift einmal von „hoher Konspirativität“ als wesentliches, weil zum Schutz der handelnden Personen notwendiges Merkmal. Das betrifft auch die Beamten, die Deck-, oder besser, Arbeitsnamen führen dürfen, um ihre wahre Identität und damit ihr Privatleben vom Beruf trennen zu können. Und gegen diese systematisierte Vertraulichkeit hatte Krasniqi mit seinen Beschwerden verstoßen.

Einfach war er nie. In einem Dokument, das am ehesten einer Art Persönlichkeitsprofil nahekommt, wird er als schwierig und extrovertiert beschrieben. Teure Anzüge schätze er genauso wie ausschweifende Beziehungen zu Frauen. Sein Lebensstil sei aufwendig, und: „Hinzu kamen Fahrzeuge der Oberklasse, zuletzt ein gepanzertes Fahrzeug, Daimler 320 E.“


Das Ultimatum

Seine Kontaktbeamtin entschied sich schließlich dazu, ihrem Schutzbefohlenen im Tausch gegen die BND-Papiere neue Dokumente anzubieten. Allerdings nicht im Einvernehmen, sondern ultimativ und schriftlich. Sollte er nicht zustimmen, würde das BK das Zeugenschutzprogramm beenden und er, Krasniqi, die Papiere aus seiner Zeit als Drogenschieber wieder erhalten. Doch Krasniqi lehnte – zunächst – ab. Grund: Das Angebot bestand aus einem kosovarischen Pass.

Bis heute leben dort Mitglieder jener Organisation, die die wegen Krasniqis Aussagen verurteilten Bosse rächen wollen. Das sieht sogar das BK so, das dem Beschützten vor einigen Jahren aus Sicherheitsgründen dringend davon abriet, den todkranken Vater in der Balkanrepublik zu besuchen. Warum ihm Führungsbeamtin H. schließlich doch einen Pass dieses Landes verpasste? „Weil die rechtlichen Rahmenbedingungen kein anderes Dokument zuließen“, so eine aktuelle Stellungnahme des Innenministeriums.

Krasniqi beugte sich schließlich dem Druck, akzeptierte den Pass aus dem Kosovo und verließ die Obhut der Behörden. „Das Vertrauen war zerstört.“ Verliert er nun seine Arbeit, droht ihm die Abschiebung in seine Heimat. Dort, so seine Befürchtung, sei es für seine Gefährder mit „besten Beziehungen zu den Behörden“ ein Leichtes, über seinen Reisepass seine wahre Identität festzustellen.
 


Freitag, 28. Juni 2013

Bischof von Salerno festgenommen

Im Zuge von Ermittlungen gegen die Vatikanbank ist der Bischof von Salerno festgenommen worden. Gegen den Geistlichen Nunzio Scarano werde wegen Betrugs und Korruption ermittelt, berichteten heute die Zeitung "Corriere della Sera" und der Sender Sky TG-24.

Zudem seien ein Mitarbeiter des italienischen Geheimdienstes und ein Finanzdienstleister festgenommen worden. Die Vatikanbank steht wegen des Verdachts der Geldwäsche bereits seit Jahren im Fokus der italienischen Justiz.

Scarano arbeitete als Buchhalter für die Verwaltung des Vatikans und wurde bereits vor einigen Wochen beurlaubt. Ihm wird vorgeworfen, 600.000 Euro von einem Konto der Bank abgezweigt zu haben, um einen Immobilienkredit zu bezahlen.

Jetzt wurde er an der italienisch-schweizerischen Grenze verhaftet, weil er gemeinsam mit einem Finanzmakler und einem Mitglied des Geheimdienstes versucht hat. 20 Millionen Euro aus der Schweiz wieder in die IOR - der Vatikanbank zu schaffen. Dem berüchtigten Finanzhai sagt man intensive Mafia-Kontakte nach. Papst Franziskus hat in der Zwischenzeit eine 5-köpfige Untersuchungsgruppe gebildet, die Vatikanbank von Grund auf zu durchleuchten und verlangt persönliche Berichte!



 

Vatikanbank in Geldwäsche verstrickt

Im September 2010 waren Ermittlungen gegen den damaligen Präsidenten der Vatikanbank Ettore Gotti Tedeschi und den damaligen Generaldirektor Paolo Cipriani wegen Verstoßes gegen das Geldwäschegesetz eingeleitet worden. Daraufhin wurde die Führung des Geldhauses entlassen und mehrere Millionen eingefroren.

Die Vatikanbank erklärte im Mai, den Kampf gegen Geldwäsche zu verstärken. Auch der neue Chef der Vatikanbank, Ernst von Freyberg, versprach, das Geldinstitut endlich aus den Negativschlagzeilen zu bringen.

Donnerstag, 27. Juni 2013

"Zum Killer muss man geboren sein"

Die 'Ndrangheta deckt sich seit Jahrzehnten in Zürich mit Waffen ein. Ein Insider berichtet, wie das Geschäft läuft – und welche Rolle ein dubioser Honorarkonsul spielt

Giuseppe di Bella ist einer der wenigen Männer, der die kalabrische Mafiagruppe 'Ndrangheta lebend verlassen hat. Ein halbes Jahrzehnt lang hielt er der Verbrecherorganisation die Treue und arbeitete für den 'Ndrangheta-Boss Franco Coco Trovato.


Franco Coco Trovato
 
 
Der war der kalabresische Pate aus dem Süden, der den Norden Italiens von der Lombardei bis Veneto mit Blut kolonisierte: Durch Erpressungsgelder aus dem Süden, durch Korruption in der Polizei des Nordens und wenn es wirklich hart wurde, einfach durch Blei.
 
Mittlerweile kooperiert di Bella mit der italienischen Justiz. Und was er zu erzählen hat, zeigt, dass die Schweizerische Bundespolizei Fedpol 30 Jahre Rückstand aufzuholen hat, wenn sie – wie vor wenigen Tagen geschehen – verkündet, dass sie die Italo-Mafiosi in der Schweiz seit drei Jahren intensiv beobachte und nun auch Waffenhandel auf dem Schirm habe.


 
 
In ihrem Buch "Metastasi" halten der italienischen Journalist Gianluigi Nuzzi und der Autor Claudio M. Mancini die Lebensgeschichte Giuseppe di Bellas fest. Die darin veröffentlichten Geständnisse di Bellas werfen ein Licht auf die Rolle, welche die Schweiz und insbesondere Zürich in den blutigen Mafiafehden in Italien spielen: Denn in der Schweiz besteht ein Waffenmarkt, in dem sich die Mafiosi nicht einmal im Verborgenen bedienen müssen.
 

Liberaler Waffenhandel in der Schweiz


Die Schweiz ist im Bereich Waffenhandel eines der liberalsten Länder der Welt. Nicht von ungefähr findet man bei der Recherche zu Gewaltverbrechen immer wieder Spuren in die Schweiz. Der letzte spektakuläre Fall war die ostdeutsche Neonazi-Zelle NSU, die bundesweit gemordet haben soll. Die Erschossenen starben durch eine aus der Schweiz besorgten Pistole.
 
Was di Bella erzählt, macht deutlich, dass die Waffengeschäfte keineswegs Einzelfälle sind. Die 'Ndrangheta hat mit der Achse Schweiz-Italien ein feinmaschiges Netz aufgezogen, das Gelegenheit bietet, alle möglichen Arten krimineller Organisationen mit Waffen zu beliefern.
 
Bereits im März 1990 deckten italienische Behörden auf, dass in nur sechs Monaten über 200 Maschinengewehre und ebenso viele Maschinenpistolen illegal aus der Schweiz nach Italien eingeführt wurden. Die Waffen wurden später in Bandenkriegen, Überfällen auf Geldtransporter, Bank- oder Postfilialen verwendet.


Honorarkonsul von Honduras im Fadenkreuz


1991 gerät Friedrich Leopold Renfer-Kempf, Honorarkonsul von Honduras in der Schweiz, ins Visier der Schweizer Ermittler. Ursprünglich wegen eines Uran-Deals, als versucht wurde, 30 Kilogramm Uran in ein Balkanland zu transportieren.
 
Die beiden italienischen Journalisten schreiben in ihrem Buch: "Zwei Jahre später, im Sommer 1993, fällt sein Name erneut, als ein Kronzeuge über die Geldgeschäfte der Brüder Salvatore, zwei herausragende Mitglieder der Cosa Nostra, auspackt. Renfer wäscht für die Brüder offensichtlich Geld und handelt im Auftag der Familie mit Waffen und Uran.
 
Er arbeitet nicht exklusiv für eine Familie. Von seinem Konsularbüro in Zürich aus wäscht er jahrelang das Geld der mächtigsten 'Ndrangheta-Clans der Lombardei." Die Mafia gab es ja laut offizieller Verlautbarung damals nur im Süden Italiens.
 
Renfer-Kempf ist der klassische Geschäftsmann, der Beziehungen zu afrikanischen Diktatoren ebenso unterhält wie zu ehemaligen Sowjet-Generälen. Er kauft bei ihnen Waffen, leitet sie auf den Schwarzmarkt um und speist sie gleichzeitig einen Teil in legale Kanäle ein, um dem ganzen Geschäft einen offiziellen Anstrich zu geben. "Waffen, die dann über 'Vertrauenspersonen' unter den Waffenhändlern an die 'Ndrangheta verscherbelt werden", so die Autoren von "Metastasi".


1979 zum ersten Mal in Zürich auf Einkaufstour


Giuseppe die Bella berichtet: "Zum Killer muss man geboren sein, und das bin ich nicht. Waffen organisieren und verkaufen, das ja. Mir war gleich klar, dass dieser Job mir liegt, als ich 1979 zum ersten Mal in die Schweiz fuhr. Bis dahin hatte ich mir meinen Lebensunterhalt mit Geldeintreiben und ein paar Gelegenheitsjobs für den Clan verdient.
 
Anfang Sommer 1979 fahren wir mit zwei Autos nach Zürich. Wir fahren zu einem großen Waffengeschäft am südlichen Stadtrand von Zürich. Dort wartet der Besitzer auf uns. Er ist italienischstämmig und hat, wie man sagt, Beziehungen zu einigen Geldverleihern vom Spielkasino in Campione und zu Schweizer Kleinbanken. Offensichtlich auch zu Coco Trovato.
 
Wir haben einen kleinen Koffer mit 15 Millionen Lire dabei. Für diesen Betrag bekommen wir vom Waffenhändler 40 Pistolen: Beretta 70, Kaliber 7,65, und ein paar Revolver Kaliber 38 Special. Wir laden sie in den Kofferraum eines einzigen Wagens, eines Alfetta. Es hat alles Platz, weil wir keine Munition kaufen.
 
Wir fahren sofort zurück zur Grenze bei Chiasso. Halten nur kurz zum Essen. Schließlich müssen wir noch bei Tageslicht den Zoll erreichen. Der Alfetta mit vier Personen an Bord biegt zehn Kilometer vor der Grenze nach Mendrisio ab. Ein kleines Sträßchen führt nach Stabio hoch. Dann endet der Weg. Zwei von uns steigen aus. Sie laden die Waffen auf den Rücken und überqueren den Grenzübergang auf dem Weg, den normalerweise die Schmuggler benutzen."


 
 
"Zwei Tage später liefern wir die 40 Pistolen an drei sizilianische Freunde und erhalten dafür 30 Millionen Lire. Unsere Freunde bringen die Waffen zuerst nach Reggio Calabria, dann nach Palermo. Wir teilen das Geld unter uns auf und kehren einen Monat später nach Zürich zurück. Im Monat darauf nochmals, insgesamt drei Mal. Das Ganze wird zur Routine. Der Schweizer Waffenhändler meldet nach unseren Treffen einen Waffendiebstahl bei der Polizei und erhält so auch noch Geld von der Versicherung. Ein narrensicheres System."
 
 
 

Mittwoch, 26. Juni 2013

Man muss der Mafia die Attraktivität nehmen


Der Jahresbericht des Bundesamts für Polizei wirft ein Schlaglicht auf die Aktivitäten der italienischen Mafia in der Schweiz. Warum ihre Machenschaften lange unbemerkt blieben, erklärt Stefan Kunfermann vom Fedpol (Office fédéral de la Police).


Das war bei weitem kein Einzelfall: Die Akten stapeln sich im Gerichtssaal in Lugano
vor dem Prozess gegen den Anwalt Francesco Moretti. Der Kalabrese wurde
beschuldigt, 60 Millionen Franken für die italienische Mafia
gewaschen zu haben. (2. Juni 2003)
 

Laut dem neuesten Fedpol-Bericht spielt die italienische Mafia eine bedeutende Rolle in der Basiskriminalität in der Schweiz – beispielsweise beim Drogen- und Waffenhandel. Ist diese Erkenntnis tatsächlich neu? 

 Es gab immer wieder Hinweise dafür, dass die italienische Mafia die Schweiz nicht nur als Rückzugsraum und für die Geldwäsche benutzt, sondern auch Delikte, wie zum Beispiel Diebstahl und Raub, begeht. Ein einzelnes Delikt, welches nicht typisch zu mafiösen Organisationen passt, ist aber nur ein einzelnes Element. Es brauchte verschiedene Elemente, bis sich ein schlüssiges Bild ergab. Zudem dauert es, bis solche Organisationen infiltriert werden können.

Es brauchte Zeit, bis Verbindungen zwischen einzelnen Personen hergestellt und alle Informationen überprüft werden konnten. Wir haben in den letzten drei Jahren die Ermittlungen in diesem Bereich intensiviert und so die Elemente zusammengetragen, die zu der Erkenntnis führten, dass die italienische Mafia auch in der Basiskriminalität aktiv ist.


Wieso bemerkte die Fedpol dies in den letzten 20 Jahren nicht?

 Kriminelle Organisationen zeichnen sich gerade durch ihr Abschottung aus. Dadurch unterscheiden sie sich auch von normalen Banden. Dies macht es schwieriger oder verunmöglicht es, in die Organisationen einzudringen. Die Erfahrung, dass es sehr lange braucht, bis sich diese Strukturen erkennen lassen, macht nicht nur die Schweiz. Auch in Deutschland brauchte es sehr lange, bis man die tatsächliche Dimension der italienischen OK in Deutschland erkannte.

Und selbst in Italien bestehen, was beispielsweise die Organisation der 'Ndrangheta angeht, teilweise noch Unsicherheiten. Selbst in ihrem Mutterland funktioniert die Abschottung derart gut, dass man trotz großer Anstrengungen noch nicht alles über sie weiß. Gerade aber die Erfolge gegen die organisierte Kriminalität in Italien und Ermittlungen in Deutschland haben auch in der Schweiz dazu geführt, dass die Strukturen und Funktionsweisen vermehrt bekannt werden.

Dienstag, 25. Juni 2013

die aktivsten Mafia-Zellen in Deutschland

Meine Berichte, Interviews und Nachrichten sind für viele nicht mehr als ein unterhaltsamer Thrill. Kaum einem Leser scheint bewusst zu sein, wie dramatisch Deutschland mit äußerst gefährlichen Mafiazellen unterwandert ist. Daher habe ich mich entschlossen, die wichtigsten Clans in meinem Blog zu dokumentieren, auch wenn ich mich einige Herrschaften noch weniger mögen als zuvor.


Wie die Mafia, ’Ndrangheta und andere Gruppierungen der Organisierten Kriminalität hat auch die Camorra längst ihre regionale Herrschaftszone verlassen und ihre Verbrechen auf andere Länder der EU und darüber hinaus ausgeweitet. Ich halte diese kriminellen Organisationen für den Inbegriff von Internationalismus, da diese Syndikate mit modernsten Mitteln operieren und sich überdies untereinander verheiraten wie einst der europäische Hochadel.

 Ein Beispiel: Im schottischen Aberdeen investiert der Clan La Torre in den Tourismus. Alle großen neapolitanischen Clans investieren in Dortmund, Leipzig und Ostdeutschland generell. Francesco Schiavone, genannt "Cicciariello", wurde in Polen verhaftet und investierte auch in Rumänien. Vincenzo Mazzarella wurde in Paris verhaftet, wo er mit den afrikanischen Kartellen mit Diamanten handelte.

In Nizza gibt es Investitionen in Immobilien. Weiter sind Unternehmen an der spanischen Costa del Sol weitgehend unter der Kontrolle der Camorristi. Dort werden neben dem Rauschgifthandel vor allem Geldwäsche über das Baugewerbe betrieben. In Deutschland lohnen sich vor allem Investitionen und die ungestörte Koordination größerer "Projekte".



Mafia in Hamburg:
Clan Licciardi,
Clan Sarno und
Clan Di Lauro (alle Camorra aus dem Viertel Secondigliano in Neapel)
Clan Rinaldi-Reale (Camorra aus San Giovanni a Teduccio und dem Barra-Viertel in Neapel)
Clan Cursoti (Cosa Nostra aus Catania)


Vincenzo Licciardi


Mafia in Berlin:
Allianz aus dem Viertel Secondigliano in Neapel (Camorra)
Clan Licciardi (Camorra aus Neapel)

Mafia in Düsseldorf:
Clan Licciardi (Camorra aus Neapel)

Mafia in Dortmund:
Clan Fezza (Camorra aus Pagani und Nocera Inferiore)
Clan Licciardi (Camorra aus Neapel)

Mafia in Wuppertal:
Familie Niscemi (Cosa Nostra)

Mafia in Braunschweig:
Clan Licciardi (Camorra aus Neapel)

Mafia in Köln:
Familie Licata (Cosa Nostra)
Familie Favara (Cosa Nostra)

Mafia in Frankfurt:
Clan Licciardi
Clan Sarno und
Clan Di Lauro (alle Camorra aus dem Viertel Secondigliano in Neapel)
Clan der Casaleser (Camorra aus Casal del Principe)
Clan Licciardi (Camorra aus Neapel)

Mafia in München:
Clan Licciardi (Camorra aus Neapel)

Mafia in Mainz:
Clan Lubrano-Nuvoletta (Camorra aus Marano)

Mafia in Baden-Baden:
Clan Licciardi (Camorra aus Neapel)

Mafia in Mannheim:
Familie Emanuello (Cosa Nostra aus Gela)

Mafia in Nürnberg:
Clan Aparo-Nardo-Trigila (Cosa Nostra aus Siracusa)

Mafia in Dresden:
Clan Licciardi (Camorra aus Neapel)

Mafia in Chemnitz:
Allianz aus dem Viertel Secondigliano in Neapel (Camorra)

Mafia in Freiburg:
Clan Licciardi (Camorra aus Neapel)

Mafia in Eisenach:
Clan Licciardi (Camorra aus Neapel)

Mafia in Berlin:
Clan Nirta-Strangio
Clan Pelle-Vottari,
Clan Mammoliti,
Clan Romeo und
Clan Giorgi (alle 'Ndrangheta aus San Luca)

Mafia in Köln:
Clan Morabito ( 'Ndrangheta aus Africo)
Clan Nirta-Strangio
Clan Pelle-Vottari,
Clan Mammoliti,
Clan Romeo und
Clan Giorgi (alle 'Ndrangheta aus San Luca)

Mafia in Düsseldorf:
Clan Megna ('Ndrangheta aus dem Papanice-Viertel in Crotone)
Clan Nirta-Strangio
Clan Pelle-Vottari,
Clan Mammoliti,
Clan Romeo und
Clan Giorgi (alle 'Ndrangheta aus San Luca)

Mafia in Hannover:
Clan Ursino ('Ndrangheta aus den Städten Gioiosa Ionica und Marina die Gioiosa)

Mafia in Bochum:
Clan Farao ('Ndrangheta aus Cirò)
Clan Nirta-Strangio
Clan Pelle-Vottari,
Clan Mammoliti,
Clan Romeo und
Clan Giorgi (alle 'Ndrangheta aus San Luca)

Mafia in Münster:
Clan Aracri ('Ndrangheta aus Crotone)

Mafia in Mühlheim:
Clan Carelli ('Ndrangheta aus Corigliano Calabro)

Mafia in Detmold:
Clan Ascone ('Ndrangheta aus Rosarno)
Clan Nirta-Strangio ('Ndrangheta aus San Luca)

Mafia in Siegburg:
Clan Giglio ('Ndrangheta aus Strongoli)

Mafia in Stuttgart:
Clan Mazzaferro ('Ndrangheta aus den Städten Gioiosa Ionica und Marina die Gioiosa)
Clan Farao ('Ndrangheta aus Cirò)
Ableger der 'Ndrangheta aus Cosenza
Clan Iona ('Ndrangheta aus den Städten Belvedere Spinello und Rocca di Neto)

Mafia in München:
Clan Nirta-Strangio
Clan Pelle-Vottari,
Clan Mammoliti,
Clan Romeo und
Clan Giorgi (alle 'Ndrangheta aus San Luca)

Diese Clans haben neben dem Ruhrgebiet, Berlin und München auch das Saarland mit Saarbrücken und Neunkrichen besetzt.

Mafia in Nürnberg:
Clan Muto ('Ndrangheta aus Cetraro)
Clan Carelli ('Ndrangheta aus Corigliano Calabro)

Mafia in Frankfurt:
Clan Carelli ('Ndrangheta aus Corigliano Calabro)
Clan Farao ('Ndrangheta aus Cirò)

Mafia in Mannheim:
Clan Mazzaferro ('Ndrangheta aus den Städten Gioiosa Ionica und Marina die Gioiosa)
Clan Farao ('Ndrangheta aus Cirò)

Mafia in Schweinfurt:
Clan Maiolo ('Ndrangheta aus Gerocarne)

Mafia in Ravensburg:
Clan Maiolo ('Ndrangheta aus Gerocarne)

Mafia in Ludwigsburg:
Clan Carelli ('Ndrangheta aus Corigliano Calabro)

Mafia in Kassel, Marburg, Freiburg und Riesa:
Clan Farao ('Ndrangheta aus Cirò)

Mafia in Tübingen:
Clan Ruga ('Ndrangheta aus Monasterace)
Clan Nirta-Strangio
Clan Pelle-Vottari,
Clan Mammoliti,
Clan Romeo und
Clan Giorgi (alle 'Ndrangheta aus San Luca)


Mafia in der Schweiz vielseitig aktiv



Ableger der italienischen Mafia nutzen die Schweiz laut dem Bundesamt für Polizei nicht nur für Geldwäscherei und als Rückzugsgebiet, sondern auch als Tummelplatz für einfachere Formen der Kriminalität. Den Behörden blieb dies allerdings lange Zeit verborgen.

Raub, Drogenhandel und Waffendeals: Die italienische Mafia nutzt die Schweiz nicht nur für Geldwäscherei, sondern auch für Basiskriminalität – dies seit 20 Jahren. Und die Bundespolizei wusste von nichts.

 Vermutlich schon seit 20 Jahren sind italienische Mafiaorganisationen auch in der sogenannten «Basiskriminalität» aktiv, wie das Bundesamt für Polizei (fedpol) in seinem Jahresbericht festhält. Dazu zählen Drogen- und Waffenhandel, Raub oder gewaltsame Geldeintreibungen.


Der Direktor des Bundesamtes für Polizei: Jean-Luc Vez


Da sich Mafiaorganisationen stark abschotten, bemerkten dies die Behörden kaum. Erst vertiefte Analysen zusammen mit ausländischen Partnerorganisationen brachten das volle Ausmaß ans Licht. Schon im vergangenen Jahr wies das fedpol beispielsweise darauf hin, dass Mafiagruppierungen auch im Drogenhandel auf der Straße aktiv sind.

Das fedpol geht zudem davon aus, dass mehr Gewaltakte als angenommen Mafiagruppierungen wie der 'Ndrangheta zuzuordnen sind. Die kalabrische Mafia trage interne Konflikte häufig gewaltsam aus.

Fälle mit Mafiabezug stellen laut Bericht nach wie vor ein Schwerpunkt der fedpol-Tätigkeit dar. Vor allem in den Grenzregionen zu Italien und Deutschland halten sich mutmaßliche Mafiamitglieder auf. 171 von 716 Geschäften im Jahr 2012 ordnet das fedpol den Delikten Geldwäscherei und Organisierte Kriminalität zu.


Unveränderte Bedrohungslage

Die Bedrohungslage in der Schweiz blieb in der Gesamtbeurteilung des fedpol allerdings unverändert, wie fedpol-Direktor Jean-Luc Vez festhält. Als weitere «Brennpunkte» in der Kriminalitätsbekämpfung nebst der Organisierten Kriminalität nennt das Bundesamt Terrorismus und Menschenhandel.

Die Schweiz stelle nach wie vor kein «primäres Anschlagsziel für Dschihadisten» dar, allerdings komme es im Ausland auch zu Entführungen von Schweizern, heißt es im Bericht weiter. Genutzt werde die Schweiz aber von Dschihad-Gruppierungen als Basis für Aktivitäten im Ausland.

Rückzug von Drahtziehern

Für den Menschenhandel stellt die Schweiz laut fedpol wegen hoher Gewinnmöglichkeiten bei geringem Risiko weiterhin ein beliebtes Ziel dar - hauptsächlich werden Roma-Frauen aus Rumänien, Ungarn und Bulgarien zur Prostitution gezwungen.


Nachdem in der Stadt Zürich brutale Zuhälter zu langen Haftstrafen verurteilt wurden, haben sich laut fedpol andere Drahtzieher aus der Schweiz zurückgezogen. Allerdings kontrollieren sie das Gewerbe weiterhin aus der Ferne, während «höher gestellte Prostituierte» in der Schweiz die unmittelbare Kontrolle ausüben.

Montag, 24. Juni 2013

Mafiabosse der Stidda verhaftet

Das mobile Spezial-Einsatzkommando der DIA hat in Caltanissetta (Sizilien) zugeschlagen. Immerhin haben die Behörden 22 Jahren gebraucht, die Mafia-Bosse zu identifizieren und dingfest zu machen.

Zehn Führer und Anhänger der Cosa Nostra von Niscemi, an der Ermordung von Robert Bennici und des versuchten Mord an Francis Nanfaro beteiligt waren, sitzen in Untersuchungshaft. Zwei von ihnen werden der Mafiaorganisation Stidda Niscemese zugeordnet, äußerst brutale Killer, die man bereits am 23. Oktober letzten Jahres gefasst hatte. Weitere 90 Mitglieder der Stidda sind identifiziert, verbergen sich jedoch in den unzugänglichen Hochburgen der sizilianischen Berge.




Die Handschellen klickten auch für den Chef Giancarlo Junio - 53 Jahre, für Pietro Rosario und La Rocca, 56 Jahre. Die anderen acht Gefangenen sind ebenfalls in Haft, und wurden mit äußerst restriktiven Maßnahmen (schalldichte Einzelzellen) im Gefängnis untergebracht. bei den Mafiosi handelt es sich um: Salvatore Calcagno, 58, de Niscemi, Giovanni Passaro, 56, Giuseppe Tasca, 40 Jahre, Pasquale Trubia, 45, Emanuele Cassara, 42, Iozza Emanuele, 51, alle aus dem Bergdorf
Gela, des weiteren Angelo Tisa, 45 Jahre, und Salvatore Siciliano, 48, beide aus Mazarino.

Den Beteiligten werden außerdem eine Vielzahl von Morden, Erpressungen und Drogenschmuggel angelastet.

Grausamer Mafia-Mord mitten in Palermo

Dieses Mal ein Mord nach traditioneller Methode. Die Anti-Mafia-Behörde befürchtet einem neuen Krieg zwischen den großen Bossen.




Ein 38jähriger Mann wurde im Albergheria-Viertel ganz in der Nähe des Ballaro halbnackt und leblos aufgefunden. Die "Incaprettata" - eine Hinrichtungsart, bei der die Hände und Füße des Opfers mit Draht verbindet, so dass es sich bei nachlassenden Kräften allmähglich selbst stranguliert. Grausam und menschenverachtend!

Mit diesem neuerlichen Verbrechen an einem stadtbekannten Geldeintreiber der Mafia ist eine klare Botschaft geknüpft. Die Cosa Nostra in Palermo ist wieder bereit zu töten, wie in den "guten, alten" Zeiten.

Sonntag, 23. Juni 2013

Italienischer Nationalspieler Miccoli wegen Mafia-Kontakten unter Druck

Der zehnmalige italienische Fußball-Nationalstürmer Fabrizio Miccoli wird der Erpressung beschuldigt und steht wegen Kontakten zur Mafia unter Druck.


Fabrizio Miccoli


Palermo (SID) - Der zehnmalige italienische Fußball-Nationalstürmer Fabrizio Miccoli wird der Erpressung beschuldigt und steht wegen Kontakten zur Mafia unter Druck. Der 34-Jährige, Torjäger des Serie-A-Absteigers US Palermo, soll einen Freund, den Sohn des verhafteten Mafia-Bosses Antonino Lauricella, als Geldeintreiber beauftragt haben.


Antonino Lauricella (rechts)-  Geldeintreiber der Mafia


In Telefongesprächen, die von der Polizei abgehört wurden, äußerte sich Miccolo herablassend über den Mafia-Gegner Giovanni Falcone. Der Staatsanwalt war 1992 bei einem Sprengstoffanschlag auf Sizilien von der Cosa Nostra ermordet worden. Miccoli soll in der kommenden Woche von der Staatsanwaltschaft befragt werden.

Samstag, 22. Juni 2013

Spezialeinsatz der Polizei gegen die Camorra, mehr als 100 Festnahmen

Mehr als hundert Mitglieder des Clan der Camorra von Di Lauro wurden in Neapel in einer Blitzaktion festgenommen. Die Operation fand im Morgengrauen in der Region Kampanien statt. Unter den Verhafteten befinden sich enge Vertraute des flüchtigen Clanchefs Marco Di Lauro.

immer noch flüchtig: Marco Di Lauro


Die Polizei brachte hundert Personen in Untersuchungshaft. Die Beschuldigungen gehen von internationalem Drogenhandel, über Mord und bis zu Besitz von illegalen Kriegswaffen. Bei dem Einsatz wirkten 400 Beamte des Spezialkommandos der DIA mit

Hat die Mafia den Gewerkschaftsboss zerhäckselt?

Amerikas berühmtester Gewerkschaftsboss Jimmy Hoffa ist seit 1975 spurlos verschwunden. Jetzt behauptet ein FBI-Ermittler, dass Hoffa von der Mafia in einer Häckselmaschine zerstückelt wurde.




Wo ist Jimmy Hoffa? Auch 38 Jahre nach dem mysteriösen Verschwinden von Amerikas berühmtesten Gewerkschaftsboss bleibt einer der größten Kriminalfälle des Landes weiterhin ungeklärt. Eine dreitägige Suche in dieser Woche nach den sterblichen Überresten von Hoffa auf einem Feld nahe Detroit im US-Bundesstaat Michigan blieb ohne Erfolg.
 
Der Mafia-Boss Anthony "Tony" Zerilli hatte gegenüber den Behörden behauptet, der mächtige und umstrittene Arbeitnehmervertreter, der auch enge Kontakte zum organisierten Verbrechen pflegte, sei 1975 ermordet und auf einen Gelände in Oakland Township verscharrt worden. Die Stelle liegt nur 32 Kilometer von dem Ort entfernt, wo Hoffa zuletzt gesehen wurde. Das FBI glaubte dem heute 85-jährigen Mafioso und begann daraufhin große Teile des Feldes umzugraben.
 
 
Mafiaboss Tony Zerilli
 
 
"Natürlich sind wir enttäuscht", sagte der Leiter der Suchaktion, Detroits FBI-Chef Robert Foley. Man sei sehr optimistisch gewesen, Spuren von Hoffa zu finden. "Nach drei Tagen muss ich jedoch eingestehen, dass wir leider keine Beweise entdeckt haben, die zur Aufklärung des Falles beitragen könnten", sagte Foley. Mehr als 40 FBI-Agenten, Gerichtsmediziner und andere Spezialisten, ausgerüstet mit Hacken und Schaufeln und unterstützt von einem Bagger, hatten sich an der Suchaktion beteiligt.
 
 
FBI-Chef Robert Foley

 

Die Suche nach der Leiche kostet Millionen


Es war nicht die erste heiße Spur, die die Behörden seit dem Verschwinden von Hoffa verfolgt hatte. Insgesamt 15 Orte, an denen die Leiche laut Zeugen angeblich entsorgt wurde, hatte das FBI in den vergangenen Jahren genauer untersucht. Selbst unter dem New Yorker Giants-Football Stadion wurde die Leiche vermutet. Doch Hoffas letzte Ruhestätte bleibt bis heute ein Mysterium. Der Nachrichtensender CNN schätzt die Kosten der Suche für den Steuerzahler mittlerweile auf mehr als drei Millionen Dollar.
 
Das Rätsel um das Verschwinden von James Riddle "Jimmy" Hoffa, Sohn eines Grubenarbeiters, der in den 50er-Jahren auch mit Hilfe der Mafia zum Chef der einflussreichen Lastwagenfahrer-Gewerkschaft "Teamster" aufgestiegen war, begann am 30. Juli 1975 auf einem Parkplatz in Bloomfield in Michigan.
 
Hoffa, damals 62 Jahre alt, hatte sich dort vor seinem Stammrestaurants "Machus Red Fox", 30 Autominuten nördlich von Detroit, mit zwei Männern verabredet: dem einflussreichen Gewerkschaftler und Mafioso Anthony "Tony Pro" Provenzano und dem Detroiter Boss der berüchtigten Genovese-Familie, Anthony Giacolone.
 
 
 
 
Die drei wollten darüber beraten wie Hoffa, der vier Jahre zuvor nach einer Verurteilung wegen Betruges und Bestechung und erst nach einem Gnadenerlass von US-Präsident Richard Nixon aus dem Gefängnis entlassen wurde, wieder zurück an die Teamster-Spitze aufrücken könnte.
 

War es ein Auftragskiller?


Was dann auf dem Parkplatz genau geschah, bleibt bis heute in vielen Punkten unklar. Das letzte Lebenszeichen von Hoffa, der 1992 in dem gleichnamigen Hollywood-Film mit Jack Nicholson in der Hauptrolle auch zu Kino-Weltruhm kam, gab es um 14.15 Uhr. Der Gewerkschafter telefonierte in einer öffentlichen Telefonzelle.
 
"Hoffa ist auf dem Parkplatz von einem Auftragskiller ermordet worden", sagte nun Mafia-Boss Zerilli. Danach habe man ihn in einem Wagen abtransportiert und auf einem Feld vergraben. Auf dem Acker, der Zerillis Cousin, dem späteren Paten von Detroit, Jack Tocco, gehörte, soll ein Haus und eine Scheune gestanden haben. "Ich bin mir absolut sicher, dass Hoffa dort liegt", hatte Zerilli behauptet. "Wenn ich Geld hätte, würde ich darauf wetten."
 
 
Jack Tocco - der Pate von Detroit
 
 
Doch diese Wette hätte Zerilli wohl verloren. Bei der umfangreichen Suchaktion fanden die FBI-Agenten zwar eine Betonplatte, die von dem Haus stammen könnte, aber nicht Jimmy Hoffa. Der Fall, der längst Teil der US-Kulturgeschichte geworden ist, bleibt also weiter ungelöst. Die Diskussion um die letzte Ruhestätte von Hoffa geht aber weiter.
 

"Wir werden die Leiche niemals finden"


"Wir werden seine Leiche niemals finden", sagt jetzt ein FBI-Agent, der von Anfang an in den Fall involviert war und heute anonym bleiben will. "Hoffa wurde in einer Häckselmaschine zerstückelt."
Laut dem Ermittler sei Hoffa auf dem Parkplatz von dem Mafioso Charles "Chuckie" O'Brian abgeholt und in einen bereitstehenden Wagen gelockt worden. Auf der Rückbank sollen Provenzano und Giacolone gesessen haben, mit denen sich Hoffa treffen wollte. Im Jahre 2000 fand die Polizei nach einer DNA-Analyse Beweise, nach denen Hoffa tatsächlich in dem Wagen gesessen haben muss.
 
 
Mafioso Charles "Chuckie" O'Brian
 
 
O'Brian konnte eine Mittäterschaft nie nachgewiesen werden. Provenzano starb 1998, Giacolone 2001. Als die vier den Parkplatz verlassen hatten, habe Provenzano Hoffa umgebracht. "Er hat ihn mit seinen eigenen Händen erwürgt", so der FBI-Mann. Danach sei die Leiche 25 Kilometer weiter nach Inkster, einem Vorort von Detroit gefahren worden, wo Hoffa dann in eine Häckselmaschine gesteckt worden sei.
 
"Wir sollten endlich aufhören, nach der Leiche zu suchen", sagt der Ermittler. "Wir verschwenden nur viel Geld. Finden werden wir Hoffa aber nie."
 
 

Freitag, 21. Juni 2013

Die Camorra wollte Lazio Rom kaufen

Wie soeben bekannt wurde, wollte die Camorra, der neapolitanische Arm der Mafia, mit Hilfe einiger Strohmänner Aktien des italienischen Erstligisten Lazio Rom aufkaufen, der an der Mailänder Börse notiert ist. Zehn Personen wurden in Rom mit dem Vorwurf der Geldwäsche festgenommen. Sie sollen versucht haben, Geld der Camorra mit dem Kauf von Lazio- Aktien zu waschen. Sie wollten somit die Kontrolle des Vereins übernehmen.

Zu den Festgenommenen zählt auch der neapolitanische Unternehmer Giuseppe Diana, der wegen seiner Verstrickungen mit der Camorra bekannt ist, berichtete die Polizei in Rom am Dienstag.
Ein neuer Haftbefehl wurde gegen den Ex- Mittelfeldspieler von Lazio Rom, Giorgio Chinaglia, erlassen. Wegen eines Skandals um mutmaßliche Kursmanipulationen von Lazio- Aktien war Chinaglia im vergangenen November schon zur Zahlung einer Geldstrafe von 4,2 Millionen Euro verurteilt worden.


Giuseppe Diana


Chinaglia hatte 2005 italienischen Medien berichtet, ein ungarischer Pharmakonzern sei an dem Erwerb von Lazio interessiert. Dies hatte die Aktien des seit dem Jahr 2000 an der Mailänder Börse notierten Clubs in die Höhe getrieben, obwohl die Information fundamentlos war. Chinaglia wird auch beschuldigt, Lazio- Präsident Claudio Lotito bedroht und erpresst zu haben. Er soll Druck auf Lotito ausgeübt haben, um ihn zum Verkauf des Clubs zu bewegen.

 

Mafia-Prozess in Palermo: "Feindseligkeiten, Hindernisse, Verzögerungstaktik"

Gab es einen Pakt zwischen dem italienischen Staat und der Cosa Nostra? Ja, sagt Mafiajäger Antonio Ingroia. Im Interview spricht er über seine Ermittlungen gegen hochrangige Politiker und Polizisten - und seine Hoffnung, in der Politik mehr zu erreichen als im Gerichtssaal.


Antonio Ingroia

Antonio Ingroia ist Politiker und Journalist. Einer, der sich einmischt, aufregt und jede Menge Ärger einhandelt. Bis vor kurzem war er vor allem eins: sizilianischer Staatsanwalt und Full-time-Mafiajäger. Ex-Premier Silvio Berlusconi würde ihn vermutlich einen Mafioso nennen. Denn: Dem prozesserfahrenen Cavaliere sind Richter und Staatsanwälte traditionell ein Dorn im Auge, weil er sie für "gefährlicher als die sizilianische Mafia" hält. Umso mehr, wenn sie wie Ingroia weit links im politischen Spektrum stehen.

Ein Vierteljahrhundert ermittelte Ingroia gegen die Granden der Cosa Nostra, mehrere Jahre bereitete er mit anderen Staatsanwälten einen derzeit in Palermo stattfindenden Prozess vor, der als historisch in die Geschichte eingehen könnte.

Verhandelt wird ein mutmaßlicher Vertrag zwischen dem italienischen Staat und der Mafia. Angeklagt sind ein Dutzend Carabinieri, Politiker und hochrangige Mafiosi, die Anfang der neunziger Jahre geplant haben sollen, gegen strafrechtliche Vergünstigungen blutige Anschläge des organisierten Verbrechens auf Staatsdiener auszusetzen. Ein Nichtangriffspakt zwischen Kriminellen und der Regierung sozusagen.

Jetzt läuft der Prozess mit Super-Boss Salvatore Riina und Killer Leoluca Bagarella auf der Anklagebank, außerdem sollen 178 zum Teil hochrangige Zeugen aus Politik und Unterwelt gehört werden. Doch Ingroia ist nur Zaungast. Seine Karriere in der italienischen Justiz nahm jetzt ein unschönes Ende.


Toto (Salvatore) Riina - berüchtigter Mafiaboss


Toto Riinas Schwager und Top-Killer Leoluca Bagarella


Schon immer war der Staatsanwalt für sein zunehmendes politisches Engagement kritisiert worden. Als er kurz vor den italienischen Parlamentswahlen im Februar die Bewegung Rivoluzione Civile gründete, zog er sich weiteren Ärger zu. Der Oberste Rat für das Gerichtswesen versetzte Ingroia von Palermo nach Aosta, aus dem Epizentrum des Antimafia-Kampfes an die Peripherie.

Für den Fahnder eine politisch motivierte Strafaktion eine Enttäuschung, wäre er doch lieber zur Nationalen Antimafia-Behörde gewechselt. Nun kündigte er an, sein Amt endgültig niederzulegen und in Zukunft nur noch politisch tätig sein zu wollen.

FRAGE: Herr Ingroia, jahrelang haben Sie zum Pakt zwischen Staat und Mafia ermittelt. Jetzt verfolgen Sie den Prozess quasi als Außenstehender. Tut das weh?

Ingroia: In Wahrheit habe ich schon als ich noch in den Ermittlungen mittendrin war eines genau verstanden: Die Staatsanwaltschaft wird nie die ganze Wahrheit über die Absprachen zwischen Regierung und organisiertem Verbrechen aufdecken können. Weil es politische Kräfte gibt, die genau das verhindern wollen. Auch deshalb habe ich beschlossen, selbst in die Politik zu gehen.

FRAGE: Was bedeutet der Prozess für Italien?

Ingroia: Er ist zweifelsohne historisch. Zum ersten Mal sind Mafiabosse zusammen mit politischen Größen und Mitgliedern der Sicherheitskräfte angeklagt. Das hat es noch nie gegeben. Außerdem wird etwas verhandelt, was öffentlich immer dementiert oder verschwiegen wurde: Die Zusammenarbeit von Staat und organisiertem Verbrechen.

FRAGE: Ihre Heimat ist berüchtigt für eine extrem schwerfällige Rechtssprechung. Wie lange wird sich das Verfahren hinziehen?

Ingroia: In der ersten Instanz mindestens ein paar Jahre. Wenn wir nicht endlich die längst überfällige Justizreform durchsetzen, mit Sicherheit noch länger.

FRAGE: Ihr Vertrauen in die Staatsanwälte ist groß?

Ingroia: Selbstverständlich, das sind sehr kompetente Kollegen aus meinem Ermittlerteam. Ich habe sie selbst für diese Aufgabe ausgesucht. Aber ohne die Unterstützung des ganzen Landes, ohne eine Öffentlichkeit, die sie in ihrem Bestreben, die Wahrheit herauszufinden, unterstützt, werden sie wenig ausrichten können.

FRAGE: Was befürchten Sie?

Ingroia: Feindseligkeiten und Verzögerungstaktiken, die eine Entscheidung verhindern. Es gibt Bestrebungen, Dinge zu vertuschen. Ich hoffe sehr, dass das Verfahren vernünftig und mit der nötigen Sorgfalt geführt wird. Die Atmosphäre ist angespannt, das versteht sich von selbst, aber das sollte niemanden daran hindern, umsichtig zu handeln.

FRAGE: Als Beweismittel sollten zunächst auch abgehörte Gespräche zwischen Staatspräsident Giorgio Napolitano und dem wegen Falschaussage angeklagten Ex-Innenminister und mutmaßlichen Mittelsmann Nicola Mancino zugelassen werden. Dann entschied das Verfassungsgericht: Die Aufzeichnungen sind zu zerstören, aus Gründen der Immunität. Ein Skandal?


Innenminister Nicola Mancino  und Staatspräsident Giorgio Napolitano


Ingroia: Ich respektiere die Entscheidung, auch wenn sie mich nicht glücklich macht. Tatsächlich hatten die Gespräche strafrechtlich keine Relevanz. Politisch vielleicht, aber das ging mich als Staatsanwalt nichts an.

FRAGE: Sie sind einer der wenigen Menschen in Italien, die die Bänder abgehört haben. Hat es sich gelohnt?

Ingroia:(lacht): Ich hab den Inhalt mental auch schon gelöscht.

FRAGE: Der ermordete Richter und Mafiajäger Paolo Borsellino war Ihr Mentor, Vorbild und Lehrer. Warum musste er sterben?

Ingroia: Er wurde am 19. Juli 1992 getötet, weil er einem Pakt zwischen Staat und Mafia im Weg stand. Aus Zeugenaussagen geht hervor, dass Borsellino wusste, dass einige Carabinieri Kontakt aufgenommen hatten zum Ex-Bürgermeister von Palermo, Vito Ciancimino. Der galt als Verbindungsmann zum Clan der Corleoneser.

Ex-Bürgermeister von Palermo Vito Ciancimino

Borsellino bat die Carabinieri zum klärenden Gespräch. Bis heute bestreiten sie aber, mit ihm über die Verhandlungen gesprochen zu haben. Einige abtrünnige Mafiosi berichten aber, dass das Attentat auf Borsellino auf die Schnelle angeordnet wurde, weil er den Pakt störte. Da wird einem doch einiges klar, oder?

FRAGE: Der ebenfalls angeklagte Super-Boss Bernardo Provenzano, der vielen als Strippenzieher des mutmaßlichen Paktes gilt, kann aus gesundheitlichen Gründen nicht am Prozess teilnehmen. Geht es ihm wirklich so schlecht?

Bernardo Provenzano -  Capo dei tutte le capi

Ingroia: Ich habe ihn vor einigen Monaten im Gefängnis vernommen. Es ging ihm nicht gut. Aber er hat immerhin verstanden, worum es ging, hat zugehört und war konzentriert.

FRAGE: Provenzano soll mit dem geplanten "Waffenstillstand" einen mafiainternen Strategiewechsel angeschoben haben - von den blutigen Anschlägen der Neunziger zu einer diskreteren Form der kriminellen Aktivität. Zwischendurch gab es Hoffnung, dass er am Ende seines Lebens noch auspacken könnte.

Ingroia: Nein, ich befürchte, dieser Zug ist abgefahren.

FRAGE: Gerade wurde ein Senator der Berlusconi-Partei PdL, Antonio D'Alì, wegen Mafiaverbindungen angeklagt. Er soll mit dem flüchtigen Super-Boss Matteo Messina Denaro Kontakt gehabt haben. Wäre ein Pakt zwischen Staat und Mafia auch heute noch denkbar?


Senator Antonio D'Alì

Ingroia: Sicher, die Mafia ist weiter eine mächtige kriminelle Organisation, und es gibt immer noch jede Menge Staatsdiener, die eher geneigt sind zu verhandeln, als sich mit dem organisierten Verbrechen anzulegen.

FRAGE: Ihr Bündnis Rivoluzione Civile konnte bei den Parlamentswahlen nicht überzeugen. Jetzt haben Sie sich in Azione Civile umbenannt und Antimafia-Aktivisten, Kommunisten und Grüne um sich versammelt. Was können Sie besser als die anderen Parteien?

Ingroia: Wir bündeln die Kraft der Zivilgesellschaft, vertreten Bürger, die für ein gerechteres, solidarischeres Italien kämpfen. Sie engagieren sich für Menschenrechte ebenso wie für Arbeiterrechte. Wir bieten ihnen ein Haus, in dem politischer Pluralismus lebt.

FRAGE: Sie haben sich eine Bewegung jenseits der Parteien genannt. Funktioniert Opposition in Italien nur noch außerparlamentarisch?

Ingroia: Nein, wir sind nicht gegen die Parteien an sich, auch wenn die in Italien ein denkbar mieses Bild abgeben. Wir sind noch eine sehr junge Bewegung, aber wir sind entschlossen, unsere Kompetenz und unsere Forderungen ins Parlament zu tragen.

FRAGE: Wie wollen Sie die bis ins Mark enttäuschten und frustrierten Italiener von ihrer Politikverdrossenheit kurieren?

Ingroia: Mit Leidenschaft. Sie sollen sich die Politik wieder zu eigen machen, sie nicht den anderen überlassen. Sie sollen ihre Verfassung verteidigen, die einer der besten ist, die ich kenne, die aber ständig attackiert wird.

Donnerstag, 20. Juni 2013

Razzia gegen die Mafia - Polizei macht Milliarden-Beute

Bei Razzien gegen Angehörige der italienischen Mafia gehen den Ermittlern dicke Fische ins Netz: Sie beschlagnahmen Güter im Wert von mehr als einer Milliarde Euro. Darunter befinden sich hunderte Wohnungen, Grundstücke und Autos.

  

Mafia-Jäger haben bei zwei groß angelegten Razzien in Süditalien eine Milliarden-Beute gemacht. Bei einem Unternehmer mit dem Spitznamen "Videopoker-König" konfiszierten Beamte der Finanzpolizei nicht nur wertvolle Bilder unter anderen von Salvador Dalí und Giorgio de Chirico, sondern auch die stattliche Zahl von 260 Wohnungen. Gesamtwert der beschlagnahmten Güter: 330 Millionen Euro. Übertroffen wurde die Summe bei einer Razzia, die dem weit verzweigten Camorra-Clan der Casalesi galt. Was in diesem Fall in sechs Regionen beschlagnahmt wurde, summierte sich auf einen Wert von etwa einer Milliarde Euro.

Der süditalienische Unternehmer Gioacchino Campolo sitzt seit anderthalb Jahren hinter Gittern. Er soll mit der kalabrischen 'Ndrangheta zusammengearbeitet haben, wie italienische Medien berichteten. Er habe sein Vermögen mit Erpressungen und im Glücksspielsektor gemacht. Ihm gehören Wohnungen in Rom und Paris.



Gioacchino Campolo


Sonderkommandos der Polizei gingen erneut auch gegen den neapolitanischen Casalesi-Clan vor. 17 mutmaßliche Mafiosi kamen in Haft. Die Carabinieri konfiszierten 138 Wohnungen, 278 Grundstücke und 235 Autos. Sie machten auch Geschäfte und Konten des Clans dicht. Beschlagnahmungen sind nach italienischem Gesetz möglich, sobald auch nur der begründete Verdacht einer Zugehörigkeit zur Mafia besteht.

Wachstumsmarkt Mafia

Das Geschäftsvolumen der Verbrechersyndikate Mafia, Camorra und 'Ndrangheta stellt etwa ein Sechstel des italienischen Bruttosozialprodukts dar. Sie sind einflussreich wie eh und je, einzelne polizeiliche Erfolge scheinen nicht wirklich an ihrer Macht zu kratzen.




Und längst sind sie zu einem Global Player geworden, der nicht nur in Italien agiert. Die Camorra, die Neapel und Kampanien kontrolliert, ist auf Business spezialisiert, insbesondere Drogen, Waffenhandel und Müllentsorgung. Mehr als 3.500 Tote gehen auf ihr Konto und mittlerweile hinterlässt sie ihre Blutspur auch in Deutschland.

Laut dem italienischen Geheimdienst arbeiten Camorra und 'Ndrangheta in Deutschland eng zusammen, wenn es ihnen zweckmäßig erscheint. Die Camorra hat die größere Kompetenz im Business, die 'Ndrangheta darin, ein Territorium zu erobern. Also kollaborieren sie. Warum kann sich dieses verbrecherische System aber so ungestört ausbreiten? Was unternehmen Justiz und Politik dagegen?

Die Krise macht die italienische Mafia zur größten "Bank" des Landes

In schweren Zeiten wird Italiens Unterwelt zur einzigartigen wirtschaftlichen Größe. Die Clans haben kleinere Unternehmen immer stärker im Griff - durch Angebote, die die nicht ablehnen können.   

  

Die italienische Mafia boomt mitten in der Krise: Nach einer Studie ist das organisierte Verbrechen die größte Wirtschaftskraft des Landes und mit einer Liquidität von etwa 65 Mrd. Euro inzwischen auch "Bank Nummer 1". Das geht aus dem Expertenbericht "Die Hand der Kriminalität auf den Betrieben" hervor, den die Dachvereinigung kleinerer und mittlerer Firmen in Rom vorstellte. Die Mafia setze inzwischen 180 Mrd. Euro um und mache 140 Mrd. Euro Gewinn, was sieben Prozent der Wirtschaftsleistung Italiens entspreche. Dies ist eine reale "nationale Gefahr".


Die kriminellen Gruppen würden Geld zu Wucherzinsen verleihen, da viele Firmen bei den Banken in der Schuldenkrise kein Geld mehr bekommen,  eine inzwischen lukrative Einnahmequelle neben dem Drogen- und Waffenschmuggel, der Prostitution und illegaler Wetten. Etwa 200.000 Unternehmen sind betroffen.
 
"In diesen Krisenzeiten ist die Mafia AG somit als einzigartige unternehmerisch-wirtschaftliche Größe in der Lage, Investitionen zu tätigen", sagte Verbandschef Marco Venturi zu dem Jahresbericht zur organisierten Kriminalität im Lande. Die Komplizenschaft mit Politikern, Wirtschaftsleuten und Verwaltungsbeamten komme den kriminellen Organisationen zugute.
 
 
 
 
Die einflussreichen Clans der Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta verdienen Milliarden vor allem durch illegale Bauaufträge, in der Nahrungsbranche sowie durch Glücksspiel und Schutzgelderpressung. Die Nähe zu einer kriminellen Organisation könne für eine Firma schon den Unterschied ausmachen, ob sie endgültig vom Markt verdrängt wird oder aber weitermachen kann, sagte Venturi zu der Studie, die Fachleute und Forscher für die Vereinigung erstellten.
   
"Gerade dank des heimlichen Einverständnisses mit der politischen und administrativen Welt sowie mit willfährigen Berufsvertretern hat sich die Mafia auch in Mittel- und Norditalien festsetzen können", sagt Venturi. Sie kontrolliere fast den Glücksspielmarkt sowie die Abfallentsorgung, vor allem die des Giftmülls. Außerdem habe die Mafia "alles rund ums Bauen" unter ihrer Hand. Die Investitionstätigkeit der Unterwelt breite sich jetzt auch stärker im Gesundheitswesen sowie im Transport- und Logistikbereich aus. Die kleinen und mittleren Firmen seien dabei die ersten Opfer.