Rom - Sizilien, eine vom Wald umschlossene Landstraße. Es ist tiefe Nacht,
der Fahrer der gepanzerten Limousine erkennt vor ihm Steinbrocken und bremst.
Plötzlich fallen aus dem Dickicht Schüsse, drei von ihnen dringen in die
Hintertüre des Wagens ein. Ein Leibwächter wirft sich auf Giuseppe Antoci.
Steinbrocken auf der Straße, Schusslöcher in der Hintertür: der Wagen von Verwaltungschef Antoci nach dem Attentat. |
Erst als zufällig ein zweites Auto mit
zwei bewaffneten Polizisten anrollt, werden die Angreifer nach einem
Feuergefecht in die Flucht geschlagen. Die Ermittler finden drei
Molotowcocktails am Tatort. "Ich weiß genau, wer die Täter sind",
wird Antoci am nächsten Tag sagen.
Finsterste Zeiten der
Cosa Nostra
Nicht wenige Beobachter fühlen sich
angesichts des Attentats in der vergangenen Woche auf der Straße zwischen
Cesarò und San Fratello in die finstersten Zeiten der Cosa Nostra
zurückversetzt. In diesen Tagen wird auf Sizilien der beiden vor 24 Jahren
ermordeten Staatsanwälten Giovanni Falcone und Paolo Borsellino gedacht.
Diesmal war das Ziel der Chef des Nebrodi-Regionalparks, ein nur
scheinbar unbedeutender Verwaltungschef in der Provinz Messina. Doch der
48-jährige Giuseppe Antoci hatte offenbar die millionenschweren Interessen der
Bosse durchkreuzt. "Die Mafia erhebt wieder ihr Haupt", sagt Guido Lo
Forte, Oberstaatsanwalt von Messina.
Der Drohbrief - wir werden dich schlachten und ans Kreuz nageln |
Mafia organisiert sich neu
Laut Ermittlern dauert die
Phase der Neuorganisation der Cosa Nostra weiterhin an. Mit der Verhaftung des
Bosses Bernardo Provenzano 2006 in seinem Geburtsort Corleone bei Palermo
gelang der Polizei ein entscheidender Schlag. Auch Nachfolger wie der Boss Salvatore
Lo Piccolo konnten festgenommen werden. Der letzte große flüchtige Mafioso der
Cosa Nostra ist der einflussreiche Matteo Messina Denaro, Beherrscher des
Distrikts von Trapani und seit 23 Jahren auf der Flucht. Unklar ist, ob der
jüngste Anschlag auf Antoci nur ein Einzelfall oder der Beginn einer neuen
Serie ist.
Für Antoci ist das
Attentat "der Beweis, dass wir den richtigen Nerv getroffen haben".
Er hatte das Vergabeverfahren für die Pacht von Weideflächen im Nebrodi-Park,
mit 86 000 Hektar eines der größten Naturschutzgebiete Europas, verschärft. 23
von 25 Antragstellern erhielten zuletzt keine Konzessionen mehr. Dank korrupter
Verwaltungsangestellter hatten sich die Mafia-Familien Tausende Hektar Land zu
Schleuderpreisen gesichert und staatliche Fördergelder en masse eingestrichen,
auch aus Brüssel. "Das Geschäft mit den Ländereien übersteigt das mit
Drogen", behauptete ein Mitglied der parlamentarischen
Antimafia-Kommission in Rom. Es soll um etwa eine Milliarde Euro gehen.
Antoci ist seit drei Jahren
Präsident des Regionalparks, seit zwei Jahren steht er unter Personenschutz.
Einer der letzten Einschüchterungsversuche war ein anonymer Drohbrief gegen ihn
und den Regionspräsidenten Rosario Crocetta. "Ihr werdet
abgestochen", hieß es darin.
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