Mittwoch, 3. Januar 2018

Blutiger Mafiakrieg in Ferienparadies Apulien

Nichts ist der Santa Corona Unita heilig. Junge Mafiosi ballern auf Dorfplätzen, am helllichten Tag und sogar in der Hochsaison mit Kalaschnikows herum. Immer mehr Unschuldige fallen der Fehde zum Opfer.



Apulien hat zwei Gesichter. Da ist das Schöne: Das Ferienparadies mit Stränden, türkisfarbenem Meer, Dolce Vita. Beliebt auch bei Schweizer Touristen. Und da das Hässliche: Die Santa Corona Unita, die Mafia im Absatz Italiens.

In Bitondo bei Bari (I) zeigt sich am Tag vor Silvester Apuliens Fratze. Es ist 8.30 Uhr. Anna Rosa T. * (84) kommt von der Morgenmesse. Es fehlen nur noch 50 Schritte zur Wohnung, wo ihre blinde Schwester wartet.

Schüsse zerreißen die Stille in der Altstadtgasse. «Nonnina Anna Rosa» bricht zusammen. Kugeln treffen das Grosi in die rechte Körperseite. Die 84-Jährige stirbt noch in der Ambulanz auf dem Weg ins Spital. Die Rentnerin habe offenbar als Schutzschild für Giuseppe C.* (20) gedient, schreibt die italienische Nachrichtenagentur ANSA.


Grosi als lebendiges Schutzschild missbraucht

Denn das eigentliche Ziel der Killer ist an diesem Morgen der Mafioso des Cipriano-Clans. Der vorbestrafte Drogendealer wird ebenfalls beim Schusswechsel schwer verwundet und ins Poliklinikum nach Bari gebracht. Die Schießerei in der, vom Touristenführer bezeichneten Stadt der Oliven geht weiter. Die Vendetta folgt nur 20 Minuten nach dem Mord. Ein Haustor wird mit Maschinengewehrsalven durchsiebt, Rocky, der Schäferhund des Paten Domenico C.* erschossen. 31 Patronenhülsen liegen auf dem Asphalt.

«Alle wissen, dass sich diese Verbrecher wegen Drogen bekämpfen und niemand unternimmt etwas», klagt Vincenzo Calamita (53) im Corriere della Sera. Der Landwirt und Neffe von Anna Rosa T. warnt: «Aus dem Haus zu gehen ist gefährlich. Alle im Ort sind Zielscheibe.»


Massaker mitten in der touristischen Hochsaison

Bereits im August, mitten in der touristischen Hochsaison, schockt ein Massaker bei Foggia. Vier Menschen wurden am helllichten Tage mit Kalaschnikows niedergestreckt. Neben einem Mafia-Boss und seinem Fahrer trifft es auch zwei unschuldige Bauern. ANSA berichtet von einer amerikanischen Touristin, die Zeugin des Mordes wurde. Die neue Fehde zwischen den apulischen Clans kostete im vergangenen Jahr 18 Menschen das Leben. Seit den 80er Jahren starben 250 Menschen im Mafia-Krieg der Santa Corona Unita.

Jahrelang war es still um die Santa Corona Unita. Die Medien fokussierten sich auf die kalabrischer `Ndrangheta und die sizilianische Cosa Nostra. Der Tourismus boomte. Apulien galt als sicher. «In aller Stille konnten sich diese Clans ausbreiten», erklärt Staatsanwalt Giuseppe Volpe TPI News. Die Jungen übernahmen das Regiment.


Früher arbeitete die Mafia im Verborgenen

Neue Fehden haben aber vor zwei Jahren in der Provinz von Bari einen Mafia-Krieg entflammt. An der Front stehen drei Familien: Der Clan des Gargano, Badeparadies an der Adria, ist spezialisiert auf Waffen- und Drogenhandel sowie Schutzgelderpressung. Der Clan von Cerignola raubt und überfällt Geldtransporter. Die dritte Familie wütet als Stadt-Mafia von Foggia.

Zutiefst besorgt zeigt sich Giuseppe Nobiletti in einem Interview mit La Repubblica. «Der Tourismus ist unser Reichtum», sagt der Bürgermeister von Vieste im Gargano, «früher arbeitete die Mafia im Verborgenen, jetzt tötet sie jeden und hat keine Angst vor nichts.


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