Donnerstag, 20. Juni 2013

Wachstumsmarkt Mafia

Das Geschäftsvolumen der Verbrechersyndikate Mafia, Camorra und 'Ndrangheta stellt etwa ein Sechstel des italienischen Bruttosozialprodukts dar. Sie sind einflussreich wie eh und je, einzelne polizeiliche Erfolge scheinen nicht wirklich an ihrer Macht zu kratzen.




Und längst sind sie zu einem Global Player geworden, der nicht nur in Italien agiert. Die Camorra, die Neapel und Kampanien kontrolliert, ist auf Business spezialisiert, insbesondere Drogen, Waffenhandel und Müllentsorgung. Mehr als 3.500 Tote gehen auf ihr Konto und mittlerweile hinterlässt sie ihre Blutspur auch in Deutschland.

Laut dem italienischen Geheimdienst arbeiten Camorra und 'Ndrangheta in Deutschland eng zusammen, wenn es ihnen zweckmäßig erscheint. Die Camorra hat die größere Kompetenz im Business, die 'Ndrangheta darin, ein Territorium zu erobern. Also kollaborieren sie. Warum kann sich dieses verbrecherische System aber so ungestört ausbreiten? Was unternehmen Justiz und Politik dagegen?

Die Krise macht die italienische Mafia zur größten "Bank" des Landes

In schweren Zeiten wird Italiens Unterwelt zur einzigartigen wirtschaftlichen Größe. Die Clans haben kleinere Unternehmen immer stärker im Griff - durch Angebote, die die nicht ablehnen können.   

  

Die italienische Mafia boomt mitten in der Krise: Nach einer Studie ist das organisierte Verbrechen die größte Wirtschaftskraft des Landes und mit einer Liquidität von etwa 65 Mrd. Euro inzwischen auch "Bank Nummer 1". Das geht aus dem Expertenbericht "Die Hand der Kriminalität auf den Betrieben" hervor, den die Dachvereinigung kleinerer und mittlerer Firmen in Rom vorstellte. Die Mafia setze inzwischen 180 Mrd. Euro um und mache 140 Mrd. Euro Gewinn, was sieben Prozent der Wirtschaftsleistung Italiens entspreche. Dies ist eine reale "nationale Gefahr".


Die kriminellen Gruppen würden Geld zu Wucherzinsen verleihen, da viele Firmen bei den Banken in der Schuldenkrise kein Geld mehr bekommen,  eine inzwischen lukrative Einnahmequelle neben dem Drogen- und Waffenschmuggel, der Prostitution und illegaler Wetten. Etwa 200.000 Unternehmen sind betroffen.
 
"In diesen Krisenzeiten ist die Mafia AG somit als einzigartige unternehmerisch-wirtschaftliche Größe in der Lage, Investitionen zu tätigen", sagte Verbandschef Marco Venturi zu dem Jahresbericht zur organisierten Kriminalität im Lande. Die Komplizenschaft mit Politikern, Wirtschaftsleuten und Verwaltungsbeamten komme den kriminellen Organisationen zugute.
 
 
 
 
Die einflussreichen Clans der Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta verdienen Milliarden vor allem durch illegale Bauaufträge, in der Nahrungsbranche sowie durch Glücksspiel und Schutzgelderpressung. Die Nähe zu einer kriminellen Organisation könne für eine Firma schon den Unterschied ausmachen, ob sie endgültig vom Markt verdrängt wird oder aber weitermachen kann, sagte Venturi zu der Studie, die Fachleute und Forscher für die Vereinigung erstellten.
   
"Gerade dank des heimlichen Einverständnisses mit der politischen und administrativen Welt sowie mit willfährigen Berufsvertretern hat sich die Mafia auch in Mittel- und Norditalien festsetzen können", sagt Venturi. Sie kontrolliere fast den Glücksspielmarkt sowie die Abfallentsorgung, vor allem die des Giftmülls. Außerdem habe die Mafia "alles rund ums Bauen" unter ihrer Hand. Die Investitionstätigkeit der Unterwelt breite sich jetzt auch stärker im Gesundheitswesen sowie im Transport- und Logistikbereich aus. Die kleinen und mittleren Firmen seien dabei die ersten Opfer.

 

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