Das Geschäftsvolumen der Verbrechersyndikate Mafia, Camorra und
'Ndrangheta stellt etwa ein Sechstel des italienischen
Bruttosozialprodukts dar. Sie sind einflussreich
wie eh und je, einzelne polizeiliche Erfolge scheinen nicht wirklich an
ihrer Macht zu kratzen.
Und längst sind sie zu einem Global Player
geworden, der nicht nur in Italien agiert. Die Camorra, die Neapel und
Kampanien kontrolliert, ist auf Business spezialisiert, insbesondere
Drogen, Waffenhandel und Müllentsorgung. Mehr als 3.500 Tote gehen auf
ihr Konto und mittlerweile hinterlässt sie ihre Blutspur auch in
Deutschland.
Laut dem
italienischen Geheimdienst arbeiten Camorra und 'Ndrangheta in
Deutschland eng zusammen, wenn es ihnen zweckmäßig erscheint. Die
Camorra hat die größere Kompetenz im Business, die 'Ndrangheta darin, ein
Territorium zu erobern. Also kollaborieren sie. Warum kann sich dieses
verbrecherische System aber so ungestört ausbreiten? Was unternehmen
Justiz und Politik dagegen?
Die Krise macht die italienische Mafia zur größten "Bank" des Landes
In schweren Zeiten wird Italiens Unterwelt zur
einzigartigen wirtschaftlichen Größe. Die Clans haben kleinere
Unternehmen immer stärker im Griff - durch Angebote, die die nicht
ablehnen können.
Die italienische Mafia boomt mitten in der Krise: Nach einer Studie ist
das organisierte Verbrechen die größte Wirtschaftskraft des Landes und
mit einer Liquidität von etwa 65 Mrd. Euro inzwischen auch "Bank Nummer
1". Das geht aus dem Expertenbericht "Die Hand der Kriminalität auf den
Betrieben" hervor, den die Dachvereinigung kleinerer und mittlerer
Firmen in Rom vorstellte. Die Mafia setze inzwischen 180 Mrd. Euro um
und mache 140 Mrd. Euro Gewinn, was sieben Prozent der
Wirtschaftsleistung Italiens entspreche. Dies ist eine reale "nationale
Gefahr".
Die kriminellen Gruppen würden Geld zu Wucherzinsen
verleihen, da viele Firmen bei den Banken in der Schuldenkrise kein
Geld mehr bekommen, eine inzwischen lukrative
Einnahmequelle neben dem Drogen- und Waffenschmuggel, der Prostitution
und illegaler Wetten. Etwa 200.000 Unternehmen sind betroffen.
"In
diesen Krisenzeiten ist die Mafia AG somit als einzigartige
unternehmerisch-wirtschaftliche Größe in der Lage, Investitionen zu
tätigen", sagte Verbandschef Marco Venturi zu dem Jahresbericht zur
organisierten Kriminalität im Lande. Die Komplizenschaft mit Politikern,
Wirtschaftsleuten und Verwaltungsbeamten komme den kriminellen
Organisationen zugute.
Die einflussreichen Clans der Camorra, Cosa Nostra
und 'Ndrangheta verdienen Milliarden vor allem durch illegale
Bauaufträge, in der Nahrungsbranche sowie durch Glücksspiel und
Schutzgelderpressung. Die Nähe zu einer kriminellen Organisation könne
für eine Firma schon den Unterschied ausmachen, ob sie endgültig vom
Markt verdrängt wird oder aber weitermachen kann, sagte Venturi zu der
Studie, die Fachleute und Forscher für die Vereinigung erstellten.
"Gerade
dank des heimlichen Einverständnisses mit der politischen und
administrativen Welt sowie mit willfährigen Berufsvertretern hat sich
die Mafia auch in Mittel- und Norditalien festsetzen können", sagt
Venturi. Sie kontrolliere fast den Glücksspielmarkt sowie die
Abfallentsorgung, vor allem die des Giftmülls. Außerdem habe die Mafia
"alles rund ums Bauen" unter ihrer Hand. Die Investitionstätigkeit der
Unterwelt breite sich jetzt auch stärker im Gesundheitswesen sowie im
Transport- und Logistikbereich aus. Die kleinen und mittleren Firmen
seien dabei die ersten Opfer.
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