Mittwoch, 26. Juni 2013

Man muss der Mafia die Attraktivität nehmen


Der Jahresbericht des Bundesamts für Polizei wirft ein Schlaglicht auf die Aktivitäten der italienischen Mafia in der Schweiz. Warum ihre Machenschaften lange unbemerkt blieben, erklärt Stefan Kunfermann vom Fedpol (Office fédéral de la Police).


Das war bei weitem kein Einzelfall: Die Akten stapeln sich im Gerichtssaal in Lugano
vor dem Prozess gegen den Anwalt Francesco Moretti. Der Kalabrese wurde
beschuldigt, 60 Millionen Franken für die italienische Mafia
gewaschen zu haben. (2. Juni 2003)
 

Laut dem neuesten Fedpol-Bericht spielt die italienische Mafia eine bedeutende Rolle in der Basiskriminalität in der Schweiz – beispielsweise beim Drogen- und Waffenhandel. Ist diese Erkenntnis tatsächlich neu? 

 Es gab immer wieder Hinweise dafür, dass die italienische Mafia die Schweiz nicht nur als Rückzugsraum und für die Geldwäsche benutzt, sondern auch Delikte, wie zum Beispiel Diebstahl und Raub, begeht. Ein einzelnes Delikt, welches nicht typisch zu mafiösen Organisationen passt, ist aber nur ein einzelnes Element. Es brauchte verschiedene Elemente, bis sich ein schlüssiges Bild ergab. Zudem dauert es, bis solche Organisationen infiltriert werden können.

Es brauchte Zeit, bis Verbindungen zwischen einzelnen Personen hergestellt und alle Informationen überprüft werden konnten. Wir haben in den letzten drei Jahren die Ermittlungen in diesem Bereich intensiviert und so die Elemente zusammengetragen, die zu der Erkenntnis führten, dass die italienische Mafia auch in der Basiskriminalität aktiv ist.


Wieso bemerkte die Fedpol dies in den letzten 20 Jahren nicht?

 Kriminelle Organisationen zeichnen sich gerade durch ihr Abschottung aus. Dadurch unterscheiden sie sich auch von normalen Banden. Dies macht es schwieriger oder verunmöglicht es, in die Organisationen einzudringen. Die Erfahrung, dass es sehr lange braucht, bis sich diese Strukturen erkennen lassen, macht nicht nur die Schweiz. Auch in Deutschland brauchte es sehr lange, bis man die tatsächliche Dimension der italienischen OK in Deutschland erkannte.

Und selbst in Italien bestehen, was beispielsweise die Organisation der 'Ndrangheta angeht, teilweise noch Unsicherheiten. Selbst in ihrem Mutterland funktioniert die Abschottung derart gut, dass man trotz großer Anstrengungen noch nicht alles über sie weiß. Gerade aber die Erfolge gegen die organisierte Kriminalität in Italien und Ermittlungen in Deutschland haben auch in der Schweiz dazu geführt, dass die Strukturen und Funktionsweisen vermehrt bekannt werden.

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