Antonello Montante, sizilianischer Unternehmer und Spitzenfunktionär des Industrieverbands Confindustria |
Rom - Antonello Montante ist ein Mann der deutlichen Worte. „Eine Firma in Italien, die keinen Zugang zu Krediten bekommt, kann zweierlei tun“, sagt der Unternehmer aus der sizilianischen Stadt Caltanissetta, „entweder sie geht zur Mafia, die unendlich viel Geld hat, oder sie geht zu Wucherern.“ In beiden Fällen habe sie nichts davon: „Die Mafia kauft sein Unternehmen und der Wucherer legt es trocken.
Montante kämpft seit Jahren für die Legalität, gegen das organisierten Verbrechens, nicht nur in Sizilien. Der Chef von MSA (Mediterr Shock Absorbers), des einzigen italienischen Unternehmens, das für den Weltmarkt Stoßdämpfer für Großunternehmen wie die Deutsche Bahn oder Bombardier produziert, ist als Vizepräsident des Industrieverbandes Confindustria oft in Rom. Jetzt hat er mit einem Vorschlag Schlagzeilen gemacht, der ein großes Echo in der Regierung Monti und bei den Parteien gefunden hat. „Wir brauchen ein Anti-Mafia-Rating“, sagt er, „so können wir unendlich viele Firmen retten und sie vom illegalen Markt in den legalen ziehen.“
Denn die Zeiten sind günstig für die Mafia.
Seit Italien im vergangenen Jahr in die Finanzkrise taumelte, wird es
immer schwieriger für die kleinen und mittleren Unternehmen, die das
Rückgrat der italienischen Industrie bilden, sich bei den Banken Geld zu
beschaffen. Viele geraten in finanzielle Nöte, weil auf der einen Seite
ihre Kunden nicht pünktlich zahlen und sie auf der anderen ihre Kredite
bedienen müssen. Und die Banken halten ihr Geld zusammen.
In
die Lücke stößt die Organisierte Kriminalität, „das größte Unternehmen
in Italien“, wie Montante sagt. Nach Zahlen der italienischen Notenbank
haben Mafia, ’Ndrangheta und Camorra zusammen einen Umsatz von 180
Milliarden Euro – im Vergleich dazu hat der Energieriese Eni 120
Milliarden und die größte Bank des Landes, Unicredit, 92 Milliarden.
Mit dem Anti-Mafia-Rating, einer besseren Bewertung für „saubere
Unternehmen“, wäre der Zugang zu Krediten einfacher. Dafür müsste nach
Montantes Plan eine Institution geschaffen werden, die die Unternehmen
zertifiziert, samt einer Datenbank der „tugendhaften Firmen“. Mit dabei
sieht er den Unternehmerverband Confindustria, den Bankenverband Abi und
das Kartellamt. Die Regierung hat den Vorschlag aufgenommen, Applaus
kommt auch von den Mafiajägern der Ermittlungsbehörden.
Die Mafia macht „unfaire Konkurrenz“
„Innenministerin
Annamaria Cancellieri beruft in diesen Tagen die erste Runde ein, um
meinen Vorschlag so schnell wie möglich umzusetzen “, berichtet
Montante. Augenzwinkernd fügt er hinzu: „Den Staat kostet das nichts und
die Unterstützung für den Vorschlag des Ratings ist groß, weil die
Institutionen verstanden haben, dass es funktioniert.“ Und die Banken –
die kämen langsam unter Zugzwang.
Montante
sieht seinen Vorschlag ganz praktisch, mit den Augen des
Geschäftsmannes: „Je mehr Unternehmen wir aus den Klauen der Mafia
reißen, umso mehr sparen wir.“ Denn die Mafia mache „unfaire
Konkurrenz“, was er täglich in Sizilien erlebt. Die von der Mafia
beherrschten Unternehmen hätten keine Gewerkschaften, zahlten bei
Lieferungen die Hälfte, die Polizei schaut weg, kurz „sie werden
beschützt“.
Ganz wichtig ist ihm, zu
erklären, was sich in Italien in den vergangenen 20 Jahren geändert hat.
„Die Mafia ist raffinierter geworden, unsichtbarer, es ist eine
Finanzmafia, die sich nach Norden ausgebreitet hat“, sagt der 49jährige,
der am Ehrenkodex der sizilianischen Confindustria mitgearbeitet hat,
in dem unter anderem festgelegt ist, dass Funktionäre des
Industrieverbandes nach dem Ende ihres Mandats drei Jahre lang kein
politisches Amt bekleiden dürfen, „um die Visibilität des Verbands nicht
für persönliche Zwecke zu missbrauchen.“.
Die Infiltrierung der Mafia – und er meint immer auch die Camorra und
die ’Ndrangheta - in der Lombardei, in Ligurien und auch in der Toskana
und anderen Regionen des Nordens hätten viele Ausländer, auch die
Deutschen, noch nicht wahrgenommen. Aber dennoch: „Im Süden ist die
Mafia im Moment schwerer zu bekämpfen, denn sie ist raffinierter und im
Prozess der Veränderung.“ Die Präsenz des Staates in Sizilien hab die
Insel gesäubert und das Terrain für neue Investitionen bereitet.
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