Was von der Mafia in der siebtgrößten Wirtschaftsmacht der Welt über Schutzgelder, Schmuggel, Wucherzinsen, Drogengeschäfte und andere Machenschaften einkassiert wird, entspricht sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das hat der italienische Gewerbeverband Confesercenti ausgerechnet und die Zahlen am Dienstag der Regierung in Rom vorgelegt – zusammen mit der lauten Klage über den „zunehmenden Einfluss“ der Mafia in Italien.
Milliardensummen mit Erpressungen
Allein die erpressten Händler zahlen den Verbrechersyndikaten und Clans jährlich sechs Milliarden Euro an Schutzgeldern – von den 160.000 betroffenen Geschäften, Restaurants und anderen Firmen sind nach dem Verbandbericht etwa 132.000 in den Südregionen Sizilien, Kampanien sowie Kalabrien und Apulien angesiedelt. Zwölf Milliarden Euro nehmen die Mafia-Clans an Wucherzinsen ein. Auch Großunternehmen und der Tourismus litten unter den Erpressern.
„Der Schraubstock der Mafia hat bewirkt, dass in den Jahren von 2004 bis 2006 rund 165.000 kommerzielle Aktivitäten eingestellt wurden und 50.000 Hotels dichtgemacht haben“, erläutert der Bericht. Wer etwa in Neapel am Markttag einen Verkaufsstand aufstellen wolle, zahle dafür fünf bis zehn Euro in die Kasse der Camorra. „Im Süden ist es ein Notstand, aber auch im Norden Italiens wird bezahlt“, beklagt der Verband, der 270.000 Geschäfte und Unternehmen vertritt. Brandanschläge oder den Besuch von „Vandalen“ habe derjenige zu befürchten, wer nicht schön regelmäßig das Schutzgeld („pizzo“) hinblättere. Einige Ladenbesitzer bezahlten es mit dem Leben, weil sie nicht „mitspielen“ wollten. Kein Wunder also, dass acht von zehn sizilianischen Geschäften „pizzo“ hinlegten.
Im italienischen Süden wächst außerdem das Geschäft des organisierten Verbrechens mit „gefälschten“, synthetischen und minderwertigen Lebensmitteln. „Dieses Business bringt eine Milliarde Euro jährlich“, schreibt die römische Tageszeitung „La Repubblica“ über „die Gastro-Gangster“. Es geht um Büffel-Mozzarella, der keiner ist, um gepanschten Wein und künstlich gefärbtes Olivenöl. Auch dieser kriminelle Geschäftszweig blüht vor allem im Süden bis hoch zur römischen Provinz Latium. Die Produkte gelangten regelmäßig auf den Markt und könnten sich auch im Restaurantessen wiederfinden.
Müssen die Italiener also mit der Cosa Nostra leben, kann die Politik wirklich nichts gegen die „Mafia AG“ tun? Der Gewerbeverband gibt nicht auf und macht in seinem alarmierenden Mafia-Bericht „SOS Unternehmen“ auch eine Reihe von Vorschlägen. So soll die Regierung in Rom sicherstellen, dass mafianahe Unternehmen von Ausschreibungen öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden. Ausgebildete „Tutoren“ könnten die Firmen und Investoren beraten, damit sie nicht zur Beute von Erpressern und Zinshaien werden. Oder ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein, während die Clans ihre politischen Drähte pflegen?
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