Raffaele Cuttolo |
Rafele begann seine Karriere als Kind. Don Aniello Scamardella sagte eines Tages zu Rafeles Vater wie beiläufig: "Ich brauche den Jungen. Wir müssen mal kurz nach Nola." Und so wurde der Junge Mitte der fünfziger Jahre "eben mal kurz" zum Mithelfer und Mitwisser eines Mordes der Camorra.
Don Aniello Scamardella |
Jetzt wussten die Bosse, an wen sie sich wenden konnten. "Ihnen war der aufgeweckte Junge aufgefallen, der so intelligent und mutig war, dass man ihm nur einen Revolver in den Hosenbund zu stecken brauchte, damit er die Waffe als lebendiges Futteral in greifbarer Nähe hielt und sie nach Gebrauch kaltblütig aus der Gefahrenzone brachte.
Nach dieser Feuertaufe war der kleine Rafele Cutolo in den Augen der Mächtigen, in seinen eigenen Augen und im dunklen Wissen der dörflichen Gemeinschaft ein Guappo, der den ersten Schritt einer Camorristenkarriere getan hatte. Rafele Cutolo war stolz darauf."
Jahre später organisierte er die teilweise chaotische Camorra zu einer Industrie des Verbrechens in Italien um. In seinen eigenen Berichten stellt er Erpressungen, Morde und Korruption so dar, als ob es sich um normales Geschäftsgebaren handele. Dadurch wirkt die Brutalität der Geschehnisse besonders stark. Indem er seine Strategien offenlegt, wird deutlich, dass der eigentliche innere Zusammenhalt einer solchen Organisation auf einem hierarchischen, lückenlos durchstrukturierten System aus Angst, Schrecken, Abhängigkeit und Bewunderung basiert - einer pervertierten Analogie zur katholischen Kirche.
Cutolos Selbstbewusstsein grenzt schließlich an Absolutismus und Unfehlbarkeit: "Ich weiß genau, dass nur ich so rigoros, so ernsthaft und genial die Camorra in allen Einzelheiten wiederbelebt habe, jene wirkliche Camorra, die die sizilianische Mafia und die kalabrische 'Ndrangheta respektieren - als große Familie, die den Haltlosen, den Entrechteten, Entwurzelten hilft und ihnen ihre Würde zurückgibt..."
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