Wer die Mafia unterstützt, muss jetzt auch ohne Verurteilung in der
Schweiz damit rechnen, dass der Staat sein Vermögen einzieht. Dies hält
das Bundesstrafgericht fest.
Die Richter in Bellinzona mussten sich zum zweiten Mal mit dem Fall
eines in der Schweiz lebenden Italieners befassen, der im Februar 2012
in Palermo wegen Unterstützung des Mafia-Clans der Corleonesi zu einer
Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt worden war.
Bereits im Mai letzten Jahres hieß das Gericht das Vorgehen der
Bundesanwaltschaft gut, das auf einer Tessiner Bank liegende Vermögen
des Mafia-Helfers einzuziehen. Der Betroffene rekurrierte ans
Bundesgericht in Lausanne. Dieses hob das Urteil des Bundesstrafgerichts
wegen Verletzung von Artikel 6 der Europäischen
Menschenrechtskonvention (EMRK) auf. Der Beschwerdeführer habe das Recht
auf eine öffentliche Verhandlung, hielten die Lausanner Richter fest
und wiesen den Fall nach Bellinzona zurück.
Verfahren suspendiert
Das Bundesstrafgericht holte die
öffentliche Verhandlung am vergangenen 7. Juli nach und hörte die
Parteien an. Im jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil kommt es zum
gleichen Schluss wie im Mai letzten Jahres. Demnach darf die
Bundesanwaltschaft die auf dem Tessiner Bankkonto liegenden Gelder
einziehen. Um welchen Betrag es geht, ist dem Urteil nicht zu entnehmen.
Der
Fall ist ungewöhnlich, weil die Bundesanwaltschaft ein
Geldwäschereiverfahren gegen den Mafia-Helfer suspendiert hat. Sie
konnte nicht nachweisen, dass die auf dem Tessiner Bankkonto liegenden
Gelder aus einem Verbrechen stammen. Dennoch wird das Vermögen nun
eingezogen. Und zwar gestützt auf Artikel 72 des Strafgesetzbuchs, der
die Einziehung von Vermögenswerten einer kriminellen Organisation
regelt. Darin heißt es: «Bei Vermögenswerten einer Person, die sich an
einer kriminellen Organisation beteiligt oder sie unterstützt hat (Art.
260ter), wird die Verfügungsmacht der Organisation bis zum Beweis des
Gegenteils vermutet.»
Präventive Aktion
In Umkehr der Beweislast hätte der
Mafia-Helfer also beweisen müssen, dass die auf seinem Konto liegenden
Gelder nicht in der Verfügungsmacht der Cosa Nostra sind. Dies gelang
ihm gemäß Urteil des Bundesstrafgerichts nicht. Vergeblich
argumentierte der Beschuldigte, er habe laut den italienischen
Gerichtsakten nur eine marginale Rolle in der Mafia-Organisation
gespielt und das in der Schweiz liegende Geld stamme aus legaler
Geschäftstätigkeit. Denn den gleichen Unterlagen ist auch zu entnehmen,
dass der Beschuldigte bis 2002 bei Immobilientransaktionen und anderen
Geschäften der Corleonesi als Strohmann diente und auch Vermögen des
Clans in Millionenhöhe verwaltete.
Das Bundesstrafgericht
erklärte, die Einziehung von Geldern einer kriminellen Organisation habe
im Unterschied zur traditionellen Konfiskation von Vermögenswerten eher
einen präventiven Charakter. Es gehe darum, zu verhindern, dass solche
Gelder erneut zur Finanzierung des organisierten Verbrechens dienten.
Der Beschuldigte blitzte auch mit dem Argument der Verjährung ab. Auch
gegen den zweiten Entscheid des Bundesstrafgerichts ist ein Rekurs ans
Bundesgericht in Lausanne möglich.
Mafia, Camorra, 'Ndrangheta. Paten organisieren in Europa, USA und Südamerika die "großen" Geschäfte. Sie sind gut vernetzt mit Politik, Wirtschaft und der Kirche. Als Autor schreibe ich seit 25 Jahren über das Phänomen der Cosa Nostra und deren Aktivitäten. Meinen Romanen liegen authentische Kriminalfälle zugrunde. Die wichtigsten Publikationen finden Sie unter "meine Romane" auf der Leiste oder unter: http://tinyurl.com/bgu5pbh
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