In
Bologna beginnt ein Prozess gegen die 'Ndrangheta, den der
Antimafia-Staatsanwalt als "historisch" einstuft. Angeklagt sind 130 Personen.
Die Emilia-Romagna mit ihrer Hauptstadt Bologna genießt einen
exzellenten Ruf in Italien. Sie gehört zu den reichsten Regionen des Landes,
beheimatet Firmen wie Ferrari, Lamborghini oder Maserati und exportiert Parma-Schinken und
Barilla-Nudeln in die ganze Welt. Ihre Unternehmer, Politiker und
Verwaltungsbeamte gelten als fähig und verantwortungsbewusst, ihre Bürger als
umgänglich und weltoffen. So war das zumindest mal.
Die schlimmsten Befürchtungen übertroffen
Die Nationale Antimafia-Staatsanwaltschaft (DNA) in Rom schreibt
in ihrem Jahresbericht, die Region sei zur "Terra di mafia"
verkommen. Zum Mafia-Land. Um die These zu untermauern, verweist die DNA auf
eine Großermittlung namens "Operation Aemilia": Deren Ergebnisse
hätten die schlimmsten Befürchtungen übertroffen.
Operation Aemilia - Gefasst wurde der blutrünstigste Pate seit 30 Jahren |
Die
aus der Südregion Kalabrien stammende 'Ndrangheta, die mächtigste Mafia Italiens,
habe die Wirtschaft, die Politik und einige Institutionen der Emilia-Romagna
durchsetzt. Auch Journalisten und Polizeibeamte hätten sich an die 'Ndrangheta
verkauft. Und von diesem Mittwoch an wollen die Staatsanwälte dieses für viele
Bürger schockierende Szenario beweisen.
In einem eigens für den
Aemilia-Prozess erbauten Hochsicherheits-Gerichtssaal in der Stadt Reggio
Emilia müssen sich 130 Angeklagte - darunter auch der
frühere italienische Nationalspieler und Fußballweltmeister von 2006 Vincenzo Iaquinta - wegen
'Ndrangheta-Verbrechen verantworten. Die Ermittler werfen ihnen Delikte wie die
Mitgliedschaft in einer Mafia-Vereinigung, versuchten Mord, Brandstiftung,
Erpressung, Geldwäsche, Betrug und Wahlfälschung vor. Angeklagt ist auch Nicolino
Grande Aracri, der - bereits wegen anderer Delikte in Isolationshaft sitzende -
Anführer eines mächtigen 'Ndrangheta-Clans aus dem kalabrischen Ort Cutro.
Aracri gilt als einer der blutrünstigsten Bosse Kalabriens.
Der Boss des gleichnamigen Clans - Nicolino Grande Aracri |
Maxi-Prozess
mit "historischer Bedeutung"
In
dem Prozess werden bis zu tausend Zeugen erwartet. Die Verhandlungen sind bis
in den Dezember hinein angesetzt. Zugleich wird in Bologna in einem abgekürzten Verfahren, auf
das sich die Angeklagten und die Staatsanwälte geeinigt haben, gegen weitere 71 Verdächtige im Fall
Aemilia verhandelt.
Der so genannte
Maxi-Prozess in Reggio Emilia habe "historische Bedeutung", sagt der
oberste italienische Antimafia-Staatsanwalt Franco Roberti. Zum einen, weil er
zeige, dass der Staat die Organisierte Kriminalität besiegen könne, wenn er
wolle. Zum anderen, weil er den Norditalienern die Augen öffne, dass die
süditalienischen Mafien - die 'Ndrangheta, die Camorra und die Cosa Nostra - längst bei ihnen angekommen sind.
"Der Prozess beweist, dass es keine per se gesunden Teile der Gesellschaft
gibt. Wir müssen stets prüfen, wer gegen und wer für die Mafien ist. Manchmal
gibt es da Überraschungen."
Eine
solche Überraschung erlebte Italien am 28. Januar vergangenen Jahres, als die "Operation
Aemilia" zuschlug. Hunderte Carabinieri, unterstützt von
Hubschrauberstaffeln, durchsuchten im ganzen Land Immobilien mutmaßlicher
Mafiosi. Allein in der Emilia-Romagna wurden 110 Menschen
festgenommen, darunter Politiker, Beamte und Journalisten.
Der Schlag galt dem Clan
der Grande Aracri, der in Cutro seinen Hauptsitz hat, aber auch an vielen Orten
außerhalb Kalabriens aktiv sein soll, so auch in Deutschland. Bei den Ermittlungen kam
heraus, dass der 'Ndrangheta-Clan in der Emilia-Romagna einen mächtigen Ableger
aufgebaut hat und dort in etlichen Gemeinden präsent ist, zum Beispiel in
Reggio Emilia, Parma oder Brescello, dem Schauplatz der Filme über Don Camillo
und Peppone.
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