Es war Ende Januar 2015,
als in einer Pizzeria im Augsburger Stadtteil Hochzoll die Handschellen
klickten. Polizeibeamte nahmen den Chef fest, der unbewaffnet war und sich wohl
auch nicht widersetzte. Der Mann war mit einem internationalen Haftbefehl gesucht
worden. So berichteten es unmittelbar nach der Verhaftung italienische Medien.
Das alles passierte, ohne dass in Augsburg groß von dieser Festnahme Notiz
genommen wurde.
Jetzt sieht es anders
aus: Der festgenommene Mann wird mit der Mafia in seinem Heimatland Italien in
enge Verbindung gebracht. Über ein Jahr nach der Festnahme des Italieners
beginnt jetzt im norditalienischen Reggio Emilia einer der größten
Mafia-Prozesse Italiens.
Es gibt 147 Angeklagte, zu denen auch der Gastronom
gehört. Im Prozess geht es um mögliche Verbrechen der kalabrischen
Mafiaorganisation ’Ndrangheta, die sich in Norditalien abgespielt haben. Hintergrund
sind Immobiliengeschäfte, die in Verbindung mit zwei Erdbeben stehen.
Vereinfacht gesprochen: Die Mafiosi sicherten sich über Strohmänner finanziell
erquickliche Aufträge beim Wiederaufbau von Häusern. Laut italienischen Medien
war der Mann, der in Augsburg verhaftet wurde, bei diesen Bauprojekten
involviert.
Landeskriminalamt
nahm ihn fest
Wie tief sind dann aber
die Spuren der Mafia, die nach Augsburg führen? Welche Rolle spielte dabei
womöglich der Gastronom? Wie intensiv war sein Kontakt zur alten Heimat Polizei und Staatsanwaltschaft haben offenbar keine
Anhaltspunkte, die gezielt auf dunkle Geschäfte vor Ort in Augsburg hinweisen.
Wie zu vernehmen ist, handelt es sich bei der damaligen Festnahme um ein
Amtshilfeverfahren. Die italienischen Behörden hatten um Unterstützung gebeten.
Zuständig ist das Bayerische Landeskriminalamt. LKA-Beamte nahmen den
Verdächtigen fest. Der Gastronom wurde nach Italien ausgeliefert.
Wie zu vernehmen ist,
hat sich der Fall aus heutiger Warte für die hiesigen Dienststellen erledigt.
Zu den aktuellen Spekulationen von italienischen Medien, wonach der verdächtige
Grande-Aracri-Clan über eine eigene Zelle in Augsburg verfüge, sagt Matthias
Nickolai, Sprecher der Staatsanwaltschaft Augsburg, auf Anfrage: „Es wird immer
viel behauptet.“ Letztlich entscheidend seien belegbare Fakten. Polizei und
Staatsanwaltschaft wollen unabhängig davon keinen Einblick in ihre Arbeit
geben, in wie weit mögliche mafiöse Strukturen vor Ort in Augsburg vorliegen.
Wie
laufen die Geschäfte?
Wie mögliche schwarze
Geschäfte ablaufen, ist kein Geheimnis. Die Buchautorin Petra Reski, die in
Venedig lebt und sich in Büchern mit der italienischen Mafia befasst, hatte
dies gegenüber unserer Zeitung einmal so beschrieben: „Wenn etwa ein
18-jähriger Italiener in Deutschland 100000 Euro in eine Pizzeria investiert,
müssen sich die deutschen Behörden mit der Auskunft begnügen, das Geld habe er
von einem Onkel in Italien bekommen.“ Die Beweislast, dass es sich um sauberes
Geld handelt, liege in Deutschland bei den Behörden – in Italien beim Investor.
Deshalb investiere die Mafia schmutzige Millionen seit Jahrzehnten besonders
gerne in deutsche Immobilien, Firmen und Energieanlagen, um am Ende saubere,
legale Gewinne einzustreichen. „Die Mafiosi laufen nicht mit der
Maschinenpistole durch die Gegend, es ist die vornehmste Eigenschaft der Mafia,
gerade nicht aufzufallen.“
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