Gaetano Marino stirbt am 23. August unter den Augen entsetzter Strandbesucher im Kugelhagel. Zwei Wochen nach dem Mord an dem Drogenhändler folgt mutmaßlich der blutige Vergeltungsschlag einer verfeindeten Bande. Die Verbrechen zeigen: Der Krieg zwischen Neapels Camorra-Clans flammt wieder auf - und das Geschwür Mafia breitet sich aus.
erschossen auf offener Straße - Mafia-PAte Raffaele Abete |
Das weckt schlimme Erinnerungen an die blutige Zeit der 1990er und frühen 2000er Jahre, als in Kampaniens Metropole bei Konflikten zwischen Mafia-Gruppen Hunderte getötet wurden. Allein der "Fehde von Scampia", die sich zwischen 2004 und 2005 über Monate hinzog, fielen etwa 100 Menschen zum Opfer. Mit ihr sollen auch die jüngsten Morde zusammenhängen.
Damals spaltete sich vom Clan der Di Lauro die seither "Scissionisti" (Sezessionisten) genannte Gruppe ab. Es gab weitere Abspaltungen, und nun stehen sich komplizierte Konstellation von Ex-Verbündeten, alten und neuen Feinden gegenüber. Raffaele Abete hatte sein eigenes eindrucksvolles Vorstrafenregister, aber er war vor allem Bruder von Arcangelo Abete, einem der Gründer der Scissionisti, der derzeit in Haft sitzt.
Paolo Di Lauro |
Offene Rechnungen einer alten Fehde
Die Antwort auf den Mord im Sommeridyll erfolgte jetzt am Rande des neapolitanischen Viertels Scampia. Es zählt wie das Nachbarquartier Secondigliano zum sogenannten Dreieck des Todes.
Es geht bei den Morden vermutlich um offene Rechnungen der alten Fehde, aber vor allem um den Drogenmarkt von Secondigliano und Scampia. Auf 150 Millionen Euro im Jahr wird der Umsatz alleine in diesem Quartier geschätzt, Hunderte verdienen daran, auch Minderjährige und Kinder dealen. Die labyrinthartigen Gassen zwischen den Betonwohnklötzen bieten Dealern Unterschlupf, Fluchtwege und Lagerplätze.
Für Polizei, Carabinieri und Finanzpolizei sind sie ein schwer zu durchdringendes Dickicht, in dem das Gesetz des Schweigens herrscht. Doch zahlreiche Festnahmen haben es den Clans schwerer gemacht, Kokain, Heroin und andere Drogen zu vermarkten und verschärfen jetzt ihre Konkurrenz.
"Der Gegenangriff des Staats macht sich bemerkbar", sagt Neapels Polizeipräsident Luigi Merolla. In den vergangenen Tagen hat die Polizei Wohnblocks in Scampia und Secondigliano durchkämmt und dabei auch Kalaschnikows sichergestellt. Neapels Erzbischof Crescenzio Sepe nannte die Camorra jetzt einen "Tumor".
Und der Mord von Terracina zeigt: Das Geschwür breitet sich nach Norden aus.
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