Samstag, 2. Februar 2013

Wo die Mafia Giftmüll entsorgt

Seit Jahrzehnten handelt die kalabresische Mafia mit Giftmüll. Jetzt fanden die Behörden erstmals ein versenktes, mit radioaktiven Substanzen vollgestopftes Schiff. Umweltschützer hoffen auf neue Ermittlungen - und eine Trendwende im Umgang mit der allmächtigen 'Ndrangheta.

Der Bericht, den Staatsanwalt Bruno Giordano vor Monaten von der regionalen Umweltschutzbehörde Arcapal erhielt, verhieß nichts Gutes, wie erst jetzt bekannt wurde. Man habe auf dem Meeresgrund vor Cetraro, rund 58 Kilometer nordwestlich von Cosenza, "irgendetwas Langes, mindestens 80 Meter" ausgemacht.

Giordano wandte sich an den Umweltreferenten der Region Kalabrien, den Meeresbiologen Silvio Greco. Der unternahm mit einem Spezialroboter einen Ausflug zu dem in 500 Metern Tiefe liegenden Wrack und musste eine unangenehme Entdeckung machen: Aus einem riesigen Loch im Bug ragten zwei Fässer, deren Versiegelung darauf schließen ließ, dass es sich um Gift- oder Atommüll handelt. Im Laderaum des - tatsächlich 120 Meter langen - Schiffes stapelten sich weitere Fässer.

"Das Wrack ist nur das erste, das wir gefunden haben", erklärte Giordano am Dienstag. Der Staatsanwalt vermutet, dass über 32 weitere mit Giftmüll beladene Schiffe im Mittelmeer liegen. "Niemand kann jetzt mehr behaupten, dass es diese Schiffe nicht gibt", ereiferte sich Giordano, der seit seinem Amtsantritt im Juli 2008 in der Stadt Paola gegen die sogenannte Öko-Mafia ermittelt. Laut "Corriere della sera" stellten seine Beamten bereits Schwermetalle, Radioaktivität und "erhebliche Mengen an Quecksilber" in dem kleinen Fluss Oliva in der Provinz Cosenza fest.


Schiffswrak Cunsky beladen mit radio-aktiver Ladung an der Küste von Cosenza

Ersten Meldungen zufolge soll es sich bei dem Wrack um die "Cunsky" handeln, ein mit 120 Fässern Atommüll beladenes Schiff, das ein Ex-Mitglied der Mafia-Organisation 'Ndrangheta bereits im Jahr 1993 versenkt haben will. Francesco Fonti hatte im Rahmen eines Zeugenschutzprogramms 2006 davon berichtet, dass insgesamt drei Schiffe im Auftrag einer regionalen Mafia-Gruppierung entsorgt wurden. Immerhin dauerte es noch ganze 5 Jahre, bis man den Hinweisen nachging.

Nach dem Drogen- und Waffenhandel sei der schmutzige Deal mit radioaktiven und toxischen Materialien eine der wichtigsten Einnahmequelle der 'Ndrangheta. Die verschiedenen "Geschäftsbereiche" sind dabei manchmal nicht zu trennen: Es sei kein Geheimnis, dass der Müll aus westlichen Staaten auch in den armen Ländern Afrikas oder Lateinamerikas entsorgt werde. "In krisengeschüttelten Regionen, wo Warlords am Ruder sind, wird für die Verklappung schon mal mit Waffen bezahlt."

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