Gedeckt, ermuntert, verehrt: Eine
TV-Doku beleuchtet die unheilvolle Verbindung von katholischer Kirche und
italienischer Mafia. Das entscheidende Problem spart der Film aber aus.
Von Matthias Drobinski
Der Film beginnt mit dem vorläufigen
Ende. Papst Franziscus steht in Kalabrien und sagt: "Diejenigen, die in
ihrem Leben die Straße des Bösen einschlagen, wie die Mafiosi, sind nicht in
Gemeinschaft mit Gott. Sie sind exkommuniziert. “Der Papst exkommuniziert die Mafia“
- in diesem Fall konkret die kalabresische 'Ndrangheta. Das war im
vergangenen Jahr.
Auch seine Vorgänger Papst Johannes Paul
II. und Benedikt XVI. verurteilten das organisierte Verbrechen
in Italien, doch so klar und hart wie der amtierende Pontifex hat das noch kein
Papst getan. Es ist der zumindest offiziell endgültige Bruch einer unheilvollen
Verbindung, die zur Schuldgeschichte der katholischen Kirche in Italien gehört:
Jahrzehntelang konnten sich Mörder als gute Katholiken inszenieren. Gedeckt und
ermuntert von den Priestern in der Region, aber auch von höchsten
Kirchenmännern im Vatikan.
Der britische Journalist und Historiker
John Dickie ist dieser Schuldgeschichte nachgegangen. Den Film, der aus seinen
Recherchen entstanden ist, zeigt nun Arte. Die Dokumentation ist seriös und
solide gemacht und bietet vor allem einige spektakuläre Bilder.
Mafia-Versteck mit
schimmelnder Dusche und Hanf-Plantage
Zum Beispiel, wenn Dickie in eines der
unterirdischen Verstecke steigt, in denen die Bosse der 'Ndrangheta sich
monatelang verbergen konnten, mit einer schimmelnden Dusche und einer
unterirdischen Hanf-Plantage mit künstlichem Licht. Er zeigt die enge
Verbindung von Religion und Verbrechen. Die Aufnahmerituale, bei denen der
Kandidat Blut auf ein Heiligenbildchen tropfen lässt, das dann verbrannt wird.
Heiligenprozessionen, die diskret von
den 'Ndrangheta-Bossen gesteuert werden und die allen Bewohnern einer Stadt
zeigen, wer die Macht hat. Er beschreibt, wie die Mafia in Italien
so groß und mächtig werden konnte: Die Amerikaner förderten sie nach dem Krieg,
Italiens Christdemokraten arbeiteten mit ihr zusammen, die Vatikanbank half,
das Geld zu waschen - alles im Namen des Antikommunismus und der angeblichen
Rettung des Landes.
Und Dickie besucht auch jene Katholiken,
die gegen dieses Bündnis von Religion und Gewalt kämpfen und auch heute noch
bedroht werden. Das Verdikt des Papstes hat seine Grenzen: Immer noch bleiben
Prozessionen vor den Häusern der Mafiabosse ehrfürchtig stehen, immer noch
leben Priester gefährlich, die sich gegen die "ehrenwerte
Gesellschaft" stellen.
Die 'Ndrangheta hat unterirdische Bunker längst verlassen
Das alles zusammen liefert einen guten
Überblick, der zwar Neues bringt, sich aber trotzdem gut anschauen lässt - von
ein paar Längen beim volkshochschulmäßigen historischen Rückblick abgesehen.
Einem Problem allerdings stellt der Film sich nicht: Vielleicht kommt das
Verdikt von Franziskus zu spät, um wirklich wirken zu können. Die 'Ndrangheta
hat die unterirdischen Bunker längst verlassen. In den Jahren des
Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi sind sie Teil des globalisierten
Geschäfts geworden, und man weiß gar nicht mehr so recht, wo das Legale aufhört
und das Illegale anfängt.
Die Kirche mit ihrem bisschen
Vatikanbank braucht das organisierte Verbrechen längst nicht mehr.
Der Papst und die Mafia, Dienstag, Arte, 20.15 Uhr
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