Montag, 30. November 2015

Cosa Nostra-Boss Salvatore Profeta festgenommen

Am Donnerstagabend wurde in Palermo der Cosa Nostra-Boss Salvatore Profeta festgenommen. Dutzende von Menschen gingen auf die Straße - nicht, um seine Festnahme zu beobachten, sondern um ihm Respekt zu zollen



Cosa Nostra -Boss Salvatore Profeta bei seiner Festnahme


Als am Donnerstagabend die italienische Polizei im Rahmen der Anti-Mafia-Operation „Stirpe“ den Cosa Nostra-Boss Salvatore Profeta verhaftete, gingen Dutzende Menschen auf die Straße in Palermos Viertel Guadagna. Nicht aus Neugier oder aus Protest gegen die Mafia, sondern um dem Mafioso ihre Anerkennung zu erweisen. „Er ist ein Gentleman“, riefen einige. 


Profeta, 66, ist Boss der gleichnamigen Cosa Nostra-Familie und seit Jahrzehnten in der Mafia aktiv. Er wurde wegen Mitgliedschaft in einer mafiösen Vereinigung, Erpressung und Drogenhandel verurteilt. Er saß im Gefängnis aufgrund des Verdachts, am Mordanschlag an Staatsanwalt Paolo Borsellino beteiligt gewesen zu sein. Die Aussagen eines Kronzeugen entlasteten ihn von den Vorwürfen. Seit Oktober 2011 war der Boss wieder auf freiem Fuß.  


Im Bezirk Santa Maria di Gesù spielte Profeta eine wichtige Rolle. Viele Anwohner respektieren und fürchten ihm. Sogar die örtliche heilige Madonna musste sich schon vor ihm verneigen. Das kam so:



Der Madonna-Umzug


In der Nacht von 19. zum 20. August 2012 wird im Bezirk Santa Maria di Gesù gefeiert. Ein prächtiger Umzug schiebt sich durch die Gassen: Männer tragen eine Statue der heiligen Maria auf den Schultern. Sie ist verziert mit Blumen und Kerzen, Hunderte Gläubige folgen ihr. Plötzlich biegt der Zug ab in eine Nebenstraße, in die Via Spatafora. Die Männer, die die Statue tragen, machen eine kurze Pause unter den Fenstern eines Hauses. Es ist das Haus des Bosses Salvatore Profeta.


Aus einem später abgehörtem Gespräch zwischen Salvatore und seinem Sohn Rosario Profeta wird klar: Es sind Vertrauensmänner des Bosses, die den Umzug organisiert haben. 



Nicht das erste Mal


Es ist nicht das erste Mal, dass durch religiöse Umzüge Mafia-Bosse geehrt werden. 
Im Juli 2014 hatten zwei Dutzend Männer, die eine Marienstatue schulterten, vor dem Haus eines Bosses im kalabrischen Ort Oppido Mamertina angehalten. Hier hatten sie die Madonna nach vorne geneigt – als Zeichen des Respekts vor dem Mafioso. Er stand unter Hausarrest.

Zwei Wochen davor hatte Papst Franziskus alle Mafiosi exkommuniziert. Trotzdem hatten die Kirchenvertreter den Umzug nicht verlassen. Man sei nur deswegen vor dem Haus stehengeblieben, weil dort der Umzug in eine andere Straße einbiege – das sei die Erklärung einiger lokalen Geistigen gewesen.



Die Operation „Stirpe“


Im Rahmen der Operation „Stirpe“ hat die italienische Polizei nicht nur Salvatore Profeta, sondern auch seinen Sohn Rosario und seinen Enkel Antonino verhaftet. Auch drei weitere Clan-Mitglieder wurden festgenommen. Die Struktur des Clans ähnelt der einer ‘Ndrangheta-Familie – und beruhrt auf familiären Beziehungen.


Die Ermittlungen waren kompliziert – vor allem wegen des Vertrauens, dass die Anwohner dem Mafia-Clan entgegen bringen. „Das Viertel Guadagna ist wie eine Festung: Es war sehr schwierig, den Verdächtigen zu folgen und sie abzuhören“, sagte der Ermittler Rodolfo Ruperti. Der Polizist erzählte, dass ihm die Ermittlungen wie eine Zeitreise erschienen: „Ich habe Szenen erlebt wie vor 20 Jahren – Mafia-Bosse, die sich aus Respekt auf den Mund küssten, oder eben der Madonnen-Umzug vor das Haus des Bosses“.


Montag, 23. November 2015

ISIS hat Angst vor der Mafia

„Wir stellen sicher, dass unsere Freunde und Familien vor Terroristen und Extremisten geschützt sind“ – das hat ein Familienmitglied des sizilianischen Gambino-Clans in New York versprochen. Seiner Meinung nach kann die Mafia effektiveren Schutz vor dem Terror des IS bieten als staatlichen Organisationen wie das FBI.


Giovanni Gambino ist überzeugt, dass die Mafia die Bevölkerung vor dem Terror des IS beschützen kann


„Die Mafia hat einen schlechten Ruf, aber viel davon ist unverdient“, sagte Giovanni Gambino in einem Interview mit „NBC News“, „wie bei allem im Leben gibt es gute, schlechte und hässliche Teile – der Aufstieg des globalen Terrorismus gibt der Mafia die Chance, ihre gute Seite zu zeigen“. Der in Sizilien geborene Gambino arbeitet als Autor. Seine Familie ist ein transatlantisch operierender Mafiaclan mit Hauptsitz in New York. Der Gambino-Clan soll in Geldwäsche- und Drogengeschäfte verstrickt sein.

Die Tatsache, dass Sizilien bisher von Terroranschlägen verschont geblieben ist, führt Gambino darauf zurück, dass der IS sich vor der sizilianischen Mafia fürchtet. Er ist überzeugt, dass dieses Prinzip auch in New York funktioniert.



Die Mafia-Clans sind eng vernetzt

„Das FBI und Homeland Security sind in ihren Möglichkeiten eingeschränkt“, sagte Gambino im von „Reuters" zitierten NBC-Interview. Sie würden oft zu spät handeln oder gar nicht erst sehen, was los ist, weil ihnen dazu die Ressourcen fehlten. Ihnen fehle das Wissen über Taktiken und Handlungen, das selbst die beste Technik nicht immer aufspüren könne.

Die Mafia und ihre Verbündeten seien dagegen bestens in ihrer jeweiligen Nachbarschaft vernetzt. „Wo immer der sizilianische Einfluss in New York stark ist, wird es dem IS nicht gelingen, eine Filiale zu eröffnen“, ist Gambino überzeugt.

„Die Welt heutzutage ist gefährlich, aber New Yorker, die in Gegenden mit sizilianischen Verbindungen leben, sollten sich sicher fühlen“, sagte der 41-Jährige. „Wir stellen sicher, dass unsere Freunde und Familien vor Terroristen und Extremisten geschützt sind, vor allem vor der brutalen, psychopathischen Organisation, die sich selbst Islamischer Staat nennt.“

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Sonntag, 22. November 2015

Niersteiner Mafia-Prozess La Casa

Von Andrea Krenz

 Manche im Zuschauerraum mögen sich gefragt haben: „Hatten wir das nicht schon?“ Doch hatten wir. Aber weil man zum Auftakt des Mordprozesses gegen einen 37 Jahre alten Italiener vor dem Mainzer Schwurgericht vor fünf Tagen die Vereidigung eines Schöffen vergessen hatte, musste diese am Dienstag nachgeholt und alles, was bis dahin im Prozess geschehen war, wiederholt werden.


Links: Mario Battista


Also trug der Staatsanwalt seinen Vorwurf des heimtückischen Mordes, begangen am Besitzer der Niersteiner Pizzeria „La Casa“ am 29. November 2014, abermals vor, und auch der Verteidiger wiederholte die bereits verlesene Einlassung des Gelegenheitsarbeiters. Wonach dieser damals zwar geschossen, aber nicht gewollt habe, dass der 51-Jährige stirbt. 15 mal soll der Angreifer gegen 23.30 Uhr durch die Tür auf den an der Theke stehenden Landsmann abgefeuert haben. Eine Kugel traf ins Herz.






Zitternde Hände

Nach Einlassung des Angeklagten habe das spätere Opfer ihn draußen bemerkt und zuerst nach einer Pistole auf der Theke gegriffen. Er habe deshalb seine Waffe gezogen und abgedrückt, „meine Hände zitterten, die Schüsse lösten sich wie von selbst, bis die Waffe blockierte“.
Sicher ist, der Angeklagte und das spätere Opfer kannten sich seit knapp drei Jahren, in den letzten Monaten habe es immer wieder Streit gegeben. Angeblich soll der 37-Jährige 25000 Euro gefordert haben. Der Angeklagte habe den Pizzeriabesitzer einen Verräter genannt, dieser habe seinen Neffen des Drogenhandels denunziert, weshalb es zu einer Razzia gekommen sei. Dafür sei eine Entschädigung fällig. Das zumindest wusste ein guter Freund des späteren Opfers aus dessen Erzählungen zu berichten.
„Er hatte Respekt, vor allem, als dann noch eine Patrone zur Warnung in seinem Briefkasten lag“, so der Freund als Zeuge weiter. Der 51-Jährige habe von Mafia gesprochen, ein Onkel des Angeklagten soll zu den höheren Kreisen darin gehören, Genaueres wisse er aber nicht, so der Zeuge. Der Angeklagte hatte seinerseits den Pizzeriabesitzer einen Mafioso genannt.

Bilder vom Tathergang

Er sei ins Drogen- und Rotlichtmilieu verstrickt gewesen, sei seinen Mitarbeitern den Lohn schuldig geblieben und habe Gelder der Freunde in dubiosen Geschäften mit Solaranlagen verspekuliert, so die Angaben weiter. Als der 37-Jährige 3.000 Euro für Gefälligkeiten und Aushilfsdienste im „La Casa“ verlangte, habe das spätere Opfer Männer auf ihn gehetzt. In Italien sei auf ihn geschossen worden. 

Ein Arbeitgeber und Freund des Angeklagten versicherte, der 37-Jährige sei ein „supertoller“ Mensch. „Ich glaube nicht, dass er den Pizzeriabesitzer erschossen hat“, sagte er. Auffällig bei den Aussagen der Italiener, ist das häufige „Ich kann mich nicht mehr daran erinnern“. Da kommen Richter und Anwälte auch mit bohrenden Fragen nicht weiter.

Auf die Spur des Schützen waren die Ermittler schnell gekommen, weil sie bereits seit geraumer Weile den später Getöteten per Telefon- und Kameraüberwachung in anderer Sache observiert und somit Bilder des Tathergangs hatten. Die am Donnerstag vernommenen Zeugen, werden zu einem späteren Termin erneut gehört. Der Prozess wird heute fortgesetzt.


Samstag, 21. November 2015

Hells Angels, Mafia & Co

Von Thomas Hirschbiegel

Schutzgeld – ist das das Motiv des Mordes in der „Casa Alfredo“ am Hauptbahnhof? Immer mehr Indizien sprechen dafür. So soll das spätere Opfer (49) zunächst Geld gefordert und demonstrativ eine Waffe auf den Tisch gelegt haben. Die soll dann aber der Wirt (51) ergriffen haben. Er erschoss den mutmaßlichen Erpresser. Schutzgeld: In den vergangenen Jahrzehnten haben sich Hamburger Spezialermittler an diesem geheimnisvollen Delikt die Zähne ausgebissen. Hier der große Report aus den Akten der Hamburger Polizei.

In der „Casa Alfredo“ an der Kirchenallee fand die Polizei am Mittwoch eine Leiche im Fußboden.


Alles begann – natürlich – mit Italo-Restaurants. Ende der 70er Jahre wurden Restaurant-Besitzer genötigt, Pasta, Wein oder Olivenöl nur bei einem ganz speziellen Händler zu kaufen. Der gehörte zur Mafia. Die Preise waren ziemlich hoch. Als sich der Inhaber eines Eppendorfer Edel-Italieners weigerte, brannte sein Lokal ab. 1981 soll auch der berühmte Paolino an der Alster erpresst worden sein, es ging immerhin um 20.000 D-Mark (10.000 Euro).


Die Mafia schlägt zu

Die Polizei ermittelte damals monatelang, doch viele Zeugen litten unter „Gedächtnisverlust“. Trotzdem konnten einige Erpresser verurteilt werden. Ebenfalls in den 80er Jahren begann die PKK kurdische Landsleute in Hamburg zu erpressen. Sie mussten eine Art „Steuer“ an die Terror-Organisation zahlen, um den „Freiheitskampf“ der Kurden zu unterstützen. Es kam sogar zu Morden an zahlungswilligen Wirten oder Kaufleuten.

An der Grindelallee wurde noch 2003 der Chef eines Döner-Ladens von Erpressern mit Spiritus übergossen und verprügelt.


Schanzen-Wirte erpresst

Bis 1983 terrorisierten die Hells Angels das Schanzenviertel. Von dem Rocker-Lokal „Angels Place“ an der Schanzenstraße aus „besuchten“ sie Lokale in der Nachbarschaft. So rasten sie mit ihren Motorrädern mitten ins „Pickenpack“ am Schulterblatt und erbrachen sich dort gezielt am Tresen, warfen mit Eiern und belästigten die Gäste. Die Folge: Der Wirt zahlte ab diesem Tag jeden Monat mehrere 1000 Euro Schutzgeld an die Rockerbande.


Wenn diese Männer in den 80er Jahren in einem Lokal in der Schanze auftauchten, dann hatte der Wirt nichts zu lachen: Die Hells Angels verstanden keinen Spaß und kassierten jeden Monat von diversen Gastronomen Schutzgeld – bis 1983 eine Großrazzia mit 500 Polizisten dem Treiben der Rockerbande ein Ende machte.



Chinamafia extrem brutal

1994 hieß es: 90 Prozent der 150 Hamburger Chinalokale zahlen Schutzgeld an die „Triaden“ – das chinesische organisierte Verbrechen. Schockierende Einzelheiten wurden bekannt: Wer sich weigerte zu zahlen, dem wurden die Ohren oder Finger abgeschnitten. Trotz einer Mauer des Schweigens kann eine SOKO 20 Verdächtige ermitteln.


Wirte in Angst

1998 hatte der Hamburger Gastgewerbeverband 1650 Betriebe angeschrieben. 379 antworteten. Jeder zehnte erklärte, er sei selbst Opfer geworden oder er kenne jemanden, der erpresst wurde. Seitdem werden immer wieder Fälle bekannt. So zertrümmerten Erpresser im Jahr 2000 einen gläsernen Kerzenleuchter auf dem Kopf des Wirts einer Pöseldorfer In-Kneipe.

Festnahme eines mutmaßlichen Schutzgelderpressers 2006 in Allermöhe. Er soll den Inhaber eines Bistros erpresst haben.


2001 wurde ein Türsteher zu zwei Jahren Haft verurteilt. Er hatte vom Wirt einer griechischen Kneipe an der Kieler Straße (Eidelstedt) Schutzgeld kassiert.
2007 wurden zwei Männer (27/28) gefasst, die den Besitzer eines Restposten-Markts an der Bahrenfelder Straße (Ottensen) erpresst hatten. 2008 überwältigten Polizisten einen hünenhaften Albaner mit dem Spitznamen „Hogan“, der den Wirt eines Italo-Restaurants am Eppendorfer Weg verprügelt hatte.


Aktuell keine Fälle?

Zuletzt gab es 2013 Gerüchte, nach denen ein italienisches Lokal auf St. Pauli „Besuch“ von Schutzgelderpressern bekommen hatte. Laut Polizei gibt es aktuell keine Fälle. Was nicht heißt, dass Schutzgelderpressung ausgestorben wäre. Es ist nur ein Verbrechen mit einer hohen Dunkelziffer.



Freitag, 20. November 2015

Mafia plante Mordanschlag auf Innenminister Alfano

Die italienische Polizei hat sechs Mafiosi festgenommen, die angeblich Pläne für einen Anschlag auf Innenminister Angelino Alfano geschmiedet haben sollen. Dieser sei ins Visier eines im Raum von Corleone aktiven Clans geraten, weil er die Haftbedingungen für Mafiosi verschärfen wollte, wie die Polizei am Freitag mitteilte.



Festgenommen: Mafia-Boss Rosario Lo Bue


Festgenommen wurde unter anderem der Mafia-Boss Rosario Lo Bue. Er gilt als Vertrauensmann der langjährigen "Nummer eines" der Mafia, Bernardo Provenzano. Für Unmut hatte Alfano unter den Mafiosi mit seinen Plänen gesorgt, den Strafrechtsartikel 41 zu verschärfen.

Dabei geht es vor allem darum, die Möglichkeiten der inhaftierten Mafia-Paten zum Kontakt mit anderen Häftlingen sowie mit Verwandten und Anwälten einzuschränken. Demnach dürften Mafiosi nur mehr einmal im Monat Besuch erhalten. Ziel der Maßnahme ist es zu verhindern, dass die Mafia-Bosse von den Gefängnissen aus weiterhin ihre kriminellen Organisationen leiten.




Der reformierte Artikel 41 war im Jahr 1992 nach den Sprengstoffanschlägen, bei denen die Staatsanwälte Giovanni Falcone und Paolo Borsellino ums Leben gekommen waren, verabschiedet worden. Damit wurden die gefährlichsten Mafia-Bosse einer fast totalen Isolierung in den Haftanstalten ausgesetzt. In den vergangenen Jahren waren die Haftbedingungen jedoch zum Teil gelockert worden. Alfano wollte die Regeln nun wieder verschärfen.


Einbetonierte Leiche im Restaurant Casa Alfredo in Hamburg

Nach dem grausigen Leichenfund in einem Restaurant im Hamburger Stadtteil St. Georg hat ein Angestellter des Lokals die Tat gestanden. Das teilte die Polizei am Donnerstag mit. Die Mordkommission hatte ihn am Mittwochabend nach dem Fund vorläufig festgenommen. Er soll am Donnerstag einem Haftrichter vorgeführt werden.




Bei dem Opfer handelt es sich nach Polizeiangaben um einen seit September vermissten 49-jährigen Mann aus Hamburg-Hummelsbüttel. Seine Familienangehörigen hatten den Angaben zufolge am 27. September den letzten Kontakt zu ihm und meldeten ihn als vermisst. Das Motiv für die Tat sei aber noch nicht bekannt, sagte ein Polizeisprecher.

Montag, 16. November 2015

Mafia-Boss in München festgenommen

Dem Bayerischen Landeskriminalamt ist ein wichtiger Schlag gegen die im süditalienischen Apulien ansässige Mafia-Organisation "Sacra Corona Unita" gelungen.

 Links - "Mafia-Boss" Patrizio Pellegrino


LKA-Ermittler konnten den seit Monaten flüchtigen 44-jährigen italienischen "Mafia-Boss" Patrizio Pellegrino am Freitag, 13. November, gegen 13  Uhr in München aufgrund eines Auslieferungshaftbefehls des Oberlandesgerichtes Koblenz festnehmen. Er gilt als einer der mächtigsten Mafiosi des in Apulien/ Italien beheimateten Clans "Pellegrino" aus der Stadt Squinzano.


Weibliche Bekanntschaft verriet den Mafiaboss


LKA-Sprecher Ludwig Waldinger sagte dazu zu FOCUS Online: "Der Mann hatte eine weibliche Bekanntschaft im Münchner Umland, die er öfter besucht hat. Dabei wurde er dann einmal unvorsichtig." Immer wieder habe Patrizio P. Kommunikationsmittel genutzt, die die Behörden auf die Spur des Mannes brachten. Als die Ermittler dann am vergangenen Freitag den genauen Aufenthaltsort wussten, schlugen sie nahe des Münchner Hauptbahnhofs zu. Laut Waldinger sei der Mafiaboss überrascht gewesen.

Illegales Glücksspiel, internationaler Rauschgifthandel, Wucher und Erpressung waren, zumindest von August 2008 bis Dezember 2012, sein kriminelles Betätigungsfeld, wodurch ihm letztlich der Aufstieg bis in die Position des Paten gelang. Als Oberhaupt des Clans "Pellegrino", einem mächtigen Zweig der "Sacra Corona Unita", beeinflusste er maßgeblich Entscheidungen der öffentlichen italienischen Verwaltung, um sich seine örtliche Vorherrschaft zu sichern und illegale finanzielle Gewinne zu erwirtschaften. So berichtete bereits im Jahr 2010 ein Kronzeuge über die Machenschaften der "Sacra Corona Unita" in Apulien, dass die ansässige Mafia und die Bürger von Squinzano eine Art "Wohlfahrtsgesellschaft" unterhalten und der Clan "Pellegrino" nur das Beste ihrer Stadt will.



Im Rahmen gezielter italienischer Polizeiaktionen gegen die apulische Organisierte Kriminalität des Clans "Pellegrino" im Jahr 2014 konnten damals circa 100 Kilogramm Kokain aufgefunden und sichergestellt sowie italienweit rund 30 zugehörige Clan-Mitglieder arretiert werden. Unter den Festgenommenen sollen sich laut italienischen Polizeiangaben auch die Präsidentin eines örtlichen Kommunalrates, ein Ex-Bürgermeister und ein ehemaliger Polizeichef aus der Region um Lecce/Apulien befinden, die sich nunmehr wegen Korruption und Amtsmissbrauch zu verantworten haben.



Drogenlager des Pellegrino-Clans in Lecce


Somit war auch der Pate seit spätestens Herbst 2014 gezwungen, nach den erfolgreich angelegten Razzien und Festnahmen der italienischen Justizbehörden, die Flucht aus Italien zu ergreifen, um sich so dem "Mafiaparagraphen" des italienischen Strafgesetzbuches (Art. 416 Codice Penale) und einer mindestens zweistelligen Haftstrafe entziehen zu können.

Das europaweit agierende und funktionierende Netzwerk der "Sacra Corona Unita" ermöglichte dem Mafia-Boss die Flucht ins rheinland-pfälzische Mainz. Allerdings blieb bislang die genutzte Fluchtroute im Verborgenen. Trotz bestehenden internationalen Haftbefehls gelang es dem Flüchtigen, seine wahre Identität zu verbergen, sich in die Anonymität zu flüchten und sich mittels gefälschter Dokumente den Kontrollen deutscher Polizeibehörden zu entziehen.

Im Rahmen einer bereits langjährigen bestehenden internationalen Zusammenarbeit deutscher und italienischer Polizeibehörden wurden die Ermittler beim Bayerischen Landeskriminalamt im Oktober 2015 um Festnahme des 44-jährigen italienischen Staatsangehörigen zum Zweck der Strafverfolgung in Italien gebeten. Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz betreibt dieses Auslieferungsverfahren.

Unter Einbindung der bayerischen und rheinland-pfälzischen Justizbehörden, konnte sukzessive das tägliche Verhaltensmuster des Flüchtigen ermittelt werden und die gezielte Festnahme des Mafia-Paten geplant werden. Aufgrund des mafiösen Hintergrunds und der Sicherstellung einer nicht unerheblichen Menge Kokain in Italien wurden für die Festnahmeaktion die Spezialkräfte des Rauschgifteinsatzkommandos Südbayern des Bayerischen Landeskriminalamts hinzugezogen. Der 44-jährige italienische Staatsangehörige Patrizio P. konnte letztendlich widerstandslos im Bereich des Münchner Hauptbahnhofs festgenommen werden. Er führte ein gefälschtes rumänisches Reisedokument mit sich.

Aktuell wartet der Mafia-Boss in einer bayrischen Justizvollzugsanstalt auf seine bereits beantragte Auslieferung nach Italien.


Freitag, 13. November 2015

Freispruch im Lufthansa-Raub Prozess von 1978

Mafioso Vincent Asaro
Freispruch in Prozess um Lufthansa-Raub von 1978


Vincent Asaro: Der 80-Jährige verließ das Gericht in New York als freier Mann


Vincent Asaro muss nicht ins Gefängnis. Eine Jury sprach den 80-Jährigen vom Vorwurf frei, am brutalen Lufthansa-Raub von 1978 beteiligt gewesen zu sein. Damals hatten Bewaffnete am New Yorker JFK-Flughafen Millionen erbeutet.

Die Jury war nicht von seiner Schuld überzeugt: 37 Jahre nach dem spektakulären Raubüberfall auf dem Kennedy-Flughafen in New York ist Vincent Asaro freigesprochen worden. Der 80-jährige Mafioso sei von den Geschworenen in allen Anklagepunkten für nicht schuldig befunden worden, teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft im New Yorker Stadtteil Brooklyn mit. Die Jury hatte drei Tage lang beraten.

Asaro verließ den Gerichtssaal als freier Mann. Er freue sich nun auf "ein gutes Essen" mit seiner Familie, sagte er - und ging lächelnd aus dem Gebäude.

Asaro war beschuldigt worden, beim sogenannten Lufthansa-Raub im Dezember 1978 am Diebstahl von Bargeld und Schmuck im Millionenwert beteiligt gewesen zu sein. Er hatte zudem wegen mehrerer Mord- und Erpressungsfälle aus den vergangenen 45 Jahren vor Gericht gestanden. Bei einer Verurteilung hätte ihm lebenslange Haft gedroht.

Der 80-Jährige war im Januar 2014 offenbar nach einem Hinweis eines Cousins festgenommen worden, zusammen mit seinem Sohn Jerome und weiteren Mitgliedern des berüchtigten New Yorker Bonanno-Clans. Er war das erste und vermutlich auch letzte Mafia-Mitglied, das sich wegen des Lufthansa-Raubs vor Gericht verantworten musste.

Beute wurde nie gefunden

Die Anklage hatte Asaro als bedeutenden Hintermann der Mafia dargestellt, der die Fäden ziehe und auch vor Brandstiftung und Mord nicht zurückschrecke. Ihr wichtigster Zeuge war Asaros eigener Cousin. Die Verteidiger des 80-Jährigen hatten argumentiert, dass der Kronzeuge selbst Mafioso und überführter Verbrecher sei - wie könne man ihm glauben?
Beim sogenannten Lufthansa-Raub waren die Verbrecher äußerst brutal vorgegangen. Sie erbeuteten Geld und Schmuck aus dem Lufthansa-Frachtzentrum am JFK-Flughafen. Die Tat gilt als einer der spektakulärsten Überfälle der US-Geschichte.

Mehrere bewaffnete Männer überwältigten Airport-Angestellte, überfielen den Tresorraum und raubten binnen einer Stunde Bargeld im Wert von damals etwa fünf Millionen Dollar sowie Schmuckstücke im Wert von rund einer Million Dollar. Es handelte sich um Geldbestände, die aus Deutschland in die USA zurückgeführt werden sollten.

Die Beute ist bis heute spurlos verschwunden. Etwa ein Dutzend mutmaßlich Beteiligte wurden in den Monaten nach dem Raub getötet - offenbar auf Anordnung des mutmaßlichen Drahtziehers des Raubüberfalls, Jimmy Burke. Burke stammte aus dem Lucchese-Clan und starb 1996 in Haft an Krebs.

Der Raub auf dem JFK-Airport ist auch Teil des oscarprämierten Films "GoodFellas - Drei Jahrzehnte in der Mafia" von Martin Scorsese, der Aufstieg und Fall des kriminellen Netzwerks rund um den Lucchese-Clan beschreibt.

Donnerstag, 12. November 2015

Mafia-Prozess - 8 Jahre Knast wegen Kokainhandel

Bezirksgericht Bülach hat am Mittwoch einen Italiener (54) wegen Kokainhandels verurteilt. Vom Vorwurf, die Mafia unterstützt zu haben, wurde er freigesprochen.


Das Gericht verurteilte den Mann aus dem Zürcher Unterland zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren. Absitzen muss er davon allerdings nicht mehr viel: Der Unterländer ist bereits seit seiner Verhaftung im Februar 2011 hinter Gittern. Momentan befindet er sich im vorzeitigen Vollzug.

Er hat also die Hälfte der Strafe bereits hinter sich. Wird ihm bei guter Führung noch ein Drittel erlassen, dürfte er bald wieder auf freiem Fuß sein.


Beschuldigter wollte Geldtransporter überfallen

Wie das Bezirksgericht auf Anfrage bekannt gab, wurde der Mann wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und Vorbereitungen zu einem Raub verurteilt, weil er einen Geldtransporter überfallen wollte. Es bestätigte damit eine Meldung des Regionaljournal Zürich-Schaffhausen.


Staatsanwalt forderte härtere Strafe

Einen Freispruch erhielt der Beschuldigte dafür für den schwerwiegenden Vorwurf, Kontakte zur kalabrische 'Ndrangheta zu pflegen und Geldwäsche betrieben zu haben. Der Staatsanwalt wollte ihn auch dafür verurteilt sehen und verlangte vergeblich eine Strafe von vierzehneinhalb Jahren. Er will den Fall nun vor Obergericht ziehen. 
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Montag, 9. November 2015

Anklage im "Goodfellas"-Prozess

Der spektakuläre Lufthansa-Raub im Jahr 1978 lieferte die Vorlage für den Scorcese-Film "Goodfellas". Jetzt steht in New York einer der mutmaßlichen Drahtzieher vor Gericht - ehemalige Kumpane haben ihn verpfiffen.



In einer der ersten Szenen des Mafia-Films „Goodfellas“ lässt Regisseur Martin Scorsese seinen Hauptdarsteller Robert de Niro zwei Leitsätze verbreiten, die ein langes Verbrecherleben garantieren sollen: „Verpfeife niemals deine Freunde. Und halte immer den Mund.“ Vincent Asaro hat sich daran gehalten. Auf den Unterarm ließ er sich das Mafia-Mantra „Death before Dishonor“ (etwa: „Lieber den Tod als die Schande“) tätowieren. Und bis zu seiner Festnahme Anfang 2014 hoffte Asaro wohl wirklich, dass auch seine Mafia-Kumpane ihre Schweigegelübde einhalten würden. Wie man sich irren kann.

Heute sitzt Asaro, ein in Altersarmut gefallener Gangster aus New York, auf der Anklagebank in Saal 8C des Bundesgerichts von Brooklyn, schweigt immer noch und starrt feindselig auf die Prozessbeobachter. Denn seine Kumpane haben ihn verpfiffen, sie zwitscherten wie Singvögel. Deshalb hat die Staatsanwaltschaft auch die Hoffnung, einen der spektakulärsten Raubzüge in der Geschichte der USA wenigstens teilweise aufklären zu können – bald 40 Jahre nach der Tat.

Vincent Asaro ist das erste und vermutlich letzte Mitglied einer New Yorker Mafia-Familie, das sich wegen einer mutmaßlichen Beteiligung am sogenannten Lufthansa-Raub vor Gericht verantworten muss.

Das Verbrechen, bis heute einer der größten Bargeld-Raubzüge in der US-Geschichte, geschah in der Nacht zum 11. Dezember 1978. Bewaffneten Männern gelang es, in den Lufthansa-Frachtraum auf dem New Yorker Flughafen JFK einzudringen und 50 Kisten mit Bargeld und säckeweise Schmuck zu stehlen. Das Geld war aus West-Deutschland in die USA geflogen worden. Die Beute hatte einen Wert von damals mehr als sechs Millionen US-Dollar. Sie ist bis heute verschwunden.

Der Raubzug war die Vorlage für den Film „Goodfellas“. Darin beschreibt Regisseur Scorsese das Leben und die Verbrechen der New Yorker Mafiosi von den 50er bis in den 80er Jahre. Robert de Niro spielt „Jimmy the Gent“, der im Film der Drahtzieher des Lufthansa-Raubes ist. Im wahren Leben soll das Jimmy Burke gewesen sein, ein hochrangiger Mafioso aus dem Lucchese-Clan. Doch so genau weiß man das nicht, denn Burke ist 1996 im Gefängnis an Krebs gestorben, ohne dass er jemals des legendären Verbrechens überführt worden wäre.

In „Goodfellas“ kommt Vincent Asaro nicht vor. Die drei Staatsanwältinnen, die seit einigen Wochen Anklage gegen Asaro in Gerichtssaal 8C führen, sind sich aber sicher, dass der hagere Mann an dem Raub beteiligt war.

Sie stützen ihre Anklageschrift auf die Aussagen einiger Mafiosi aus dem Umfeld Asaros, die in den vergangenen Jahren zu Informanten der Polizei wurden. So einer etwa ist der 68 Jahre alte Gaspare Valenti, der Cousin des Angeklagten. Er wurde aus Geldmangel zum FBI-Spitzel und erhielt für Informationen 3000 Dollar im Monat. Die Beute aus dem Lufthansa-Frachtraum, sagt Valenti vom Zeugenstand herab in beiläufigem Ton, sei damals in seinem Haus ausgepackt worden.

Bündelweise habe er die Scheine in Türrahmen versteckt. Asaro, so der Kernvorwurf Valentis, habe während des Raubzugs zusammen mit Burke in einem Auto außerhalb des Flughafengeländes Schmiere gestanden. Ähnliches erzählt Salvatore Vitale, der früher eine große Nummer im Bonanno-Clan war. Asaro soll nach dem Überfall einen Koffer voller Schmuck zum Mafiaboss Joseph Massino getragen haben.

Der Prozess gegen Asaro gibt einen tiefen Einblick in die Welt alternder Mafiosi, die an Einfluss verloren haben, das aber nicht wahrhaben wollen. Im Oktober 2010 nimmt Valenti ein Gespräch mit verstecktem Rekorder auf. Darin beklagt sich Asaro über seine Lebensumstände. Man lasse ihn gar nicht mehr in seinen Klub, in dem sich früher die Mitglieder der Gambino-Familie trafen. „Die Leute hassen mich dort, ich kann meine Mitgliedsgebühr nicht bezahlen“, sagt Asaro: „Gute Tage, schlechte Tage, was soll man schon machen? Ich werde alt.“

Er soll seinen Schmuck verpfändet haben. Auch heißt es, er habe seinen Anteil an der Beute aus dem Lufthansa-Coup, der ihm ohnehin als viel zu gering erschien, ganz und gar verzockt.


Asaro droht eine lebenslange Freiheitsstrafe

Er habe Sorge, dass er aus der Mafia geschmissen werde, sagt Asaro auf einer anderen Bandaufnahme aus dem Jahr 2011. Die Cousins Valenti und Asaro sprechen an einem Novembertag über den Mord an einem mutmaßlichen Mafioso in Kanada. Asaro sagt, er wisse nicht, „was in Kanada los ist“. Er wisse ja nicht einmal mehr, was in seiner Nachbarschaft Ozone Park passiere. Es klingt wie das Klagelied eines alten Mannes, der längst außen vor ist und sich ohnehin nicht mehr respektiert fühlt.

Asaro ist inzwischen 80 Jahre alt und sitzt in Untersuchungshaft. Er hat sein schütteres Haar nach hinten gekämmt, trägt eine randlose Brille. Mal starrt er regungslos auf die Geschworenenbank, mal kritzelt er Notizen auf Zettel und reicht sie seinen Anwältinnen. Ob die Vorwürfe gegen ihn stimmen, ist unklar. Es steht Aussage gegen Aussage. Die meisten Beteiligten an dem Lufthansa-Raub sind längst tot. Viele von ihnen sind schon in den ersten Jahren nach der Tat auf mysteriöse Weise verschwunden. Asaro hat sich für unschuldig erklärt.

Die Staatsanwältinnen nennen den Angeklagten einen „Verbrecher durch und durch“. Er sei in das Leben eines Mafioso hineingeboren und habe dieses Leben voll und ganz angenommen, sagt Anklägerin Alicyn Cooley. Schon Asaros Vater und Großvater waren ihrer Darstellung nach im organisierten Verbrechen tätig.


Asaros Verteidigung wird am heutigen Montag das Plädoyer in Saal 8C halten und versuchen, ihren Mandanten vor dem Schuldspruch zu bewahren. Asaro droht eine lebenslange Freiheitsstrafe. Schon zu Beginn des Prozesses hat seine Anwältin Diane Ferrone erhebliche Zweifel angemeldet, dass es genügend Beweise gibt: „Wenn Vincent Asaro wirklich der gefährliche, gewalttätige, mordende Mensch ist, als den ihn die Anklage darstellt, warum hat es dann so lange gedauert, ihn festzunehmen?“ Das lag wohl daran, dass sich Asaros Kumpane jahrelang an das alte Schweigegelübde aus „Goodfellas“ gehalten haben: „Verpfeife niemals einen Freund. Und halte immer den Mund.“
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