Frauen und Mafia, ist das ein Widerspruch? Ein klares Nein! Erstens haben Frauen ohnehin das Sagen im Süden.
Das ist in der Mafia nicht anders. Zweitens haben
die sich ihre Männer nicht zufällig ausgesucht. Es ist eine klare
Rechnung. Und Frauen berechnen gern. Sie sind auch nicht besser als
Männer. Darum sind sie das Fundament der Mafia. Die Mafia sitzt im
Wohnzimmer. Sie liegt im Bett, sie isst am Tisch, sie kehrt mit Blut an
den Stiefeln zurück. Und die Frauen? Man kann ihnen vorwerfen, dass sie
schweigen, vertuschen und lügen. Dass sie wegsehen. Nur eines nicht:
dass sie nichts wissen.
Bei allen großen
Bossen muss man sich eine Frau an ihrer Seite vorstellen! Sie sind
keine passiven Opfer der blutigen Clankriege, sondern
Hauptdarstellerinnen dieser Dramen. Sie transportieren Waffen für ihre
untergetauchten Männer, sie planen Verbrechen, überbringen Botschaften
und bedienen sich der Medien.
Sie verwalten
die Waffenlager des Clans so selbstverständlich, als handele es sich um
eine Lebensmittelvorräte. Droht eine Hausdurchsuchung, lassen sie die Waffen
einmauern. Der Anteil der Frauen an der Mafia sei fifty-fifty, wenn
nicht höher – wie in jedem italienischen Haushalt. Die Frauen sind die
unbekannte andere Hälfte der Mafia.
Von der Witwe zur Patin
Wie in der Cosa Nostra Siziliens und in der Camorra Neapels tragen sie auch in Kalabrien die Mafiakultur von Generation zu Generation weiter. Es sind die Mütter, die nach Blutrache verlangen, das Gedenken an die Toten aufrechterhalten und ihre Söhne für das Leben in der 'Ndrangheta vorbereiten. Auch die Frauen aus San Luca sind keine duldsamen Opfer brutaler Männer. Sie verkleiden sich, verstecken Flüchtige, bereiten Morde vor und erziehen ihre Kinder als Zeitbomben.
Sie erhalten
die Verbindung zwischen inhaftierten Bossen und dem Clan aufrecht –
womit sie sich sogar den Ehrentitel einer "sorella d'omertà" verdienen
können, einer Schwester der Verschwiegenheit.
Teresa
Strangio, eine der drei Schwestern des mutmaßlichen Killers Giovanni
Strangio, schritt nach ihrer Verhaftung erhobenen Hauptes die Treppen
des Polizeipräsidiums von Reggio Calabria herab, den Blick in die Ferne
gerichtet, als schmerzensreiche Mater Dolorosa. Handschellen verliehen
ihr die Aura einer Märtyrerin. Die Polizisten, die sie abführten,
würdigte sie mit keinem Blick.
Teresa Strangio |
Bei der Camorra
in Neapel, wo das Matriarchat noch viel stärker ist als im Rest
Italiens, ist die Rolle der Frau noch viel ausgeprägter.
Darum erstaunt niemanden der Fall Raffaella D'Alterios, die als
Witwe zur Patin wurde. In Sizilien wurde Antonietta Bagarella berühmt,
die Frau Totò Riinas, eines der berühmtesten Bosse.
Antonietta Bagarella
Sie kannte ihren Mann schon von Kindesbeinen an. Ninetta stammt aus einer alten Corleoneser Mafiafamilie, ihr Bruder war ein aufstrebender Mafioso. Ihm wurde die Ehre zuteil, von seinem zukünftigen Schwager ermordet zu werden. Ninetta erfuhr das erst, als sie schon mit Riina verheiratet war. Sicher ist, dass sie das nicht an der Eheschließung gehindert hätte. Eine Frau wie Ninetta aus altem Mafiaadel leistet sich keine Sentimentalitäten.
Ninetta Bagarella
Gibt es schwule Mafiosi?
Merkwürdig, dass die Frage nie thematisiert wurde. Warum gibt es keinen Film über "Die Patin"? Ganz einfach: Italiens Justiz stellt die Familie über das Gesetz. Selbst wenn eine Ehefrau mehr als 20 Jahre lang mit einem Mörder untergetaucht war, gelte sie nicht als Komplizin, sie mache sich nicht mal der Beihilfe schuldig. Keine Ehefrau kann gezwungen werden, gegen ihren Mann auszusagen.
Das macht sie
für die Mafia so wertvoll. "Ich weiß nichts von der Mafia. Ich weiß
nichts von der 'Ndrangheta. Ich weiß nur etwas von meinen acht Kindern,
sieben Söhnen und einer Tochter", sagte die Mutter von Sebastiano Nirta,
einem der vier mutmaßlichen Mafiakiller von Duisburg.
Gibt es denn
auch schwule Paten? Palermo ist
nicht Berlin. In Sizilien halten Traditionen länger als
woanders. Da wird der erste schwule Capo wohl noch lange auf sich warten lassen.
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