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ein aufschlussreiches Video. Wer ist die 'Ndrangehta....?
In den 1960er Jahren gewannen drei "cosche" (Familien) an Bedeutung: die Piromalli in der Ebene von Gioia Tauro, die Tripodo in Reggio Calabria und die Macrì in der Locride. Während dieser Zeit wurde die 'Ndrangheta auch "anonima sequestri" ("Kidnapping-AG") genannt, weil sie sich durch Entführungen Geld besorgten. Im Jahr 1977 entführten kalabrische Ganoven allein in Mailand 33 Menschen, um Millionen zu erpressen. Bereits damals hatte sich die 'Ndrangheta in Norditalien eingenistet. In den 1970er und 1980er Jahren fanden zwei Mafiakriege statt, in denen die jüngeren Generationen gegen die alteingesessenen Bosse der "onorata società" um die Macht kämpften.
Nach Erkenntnissen europäischer Drogenermittler stellt die 'Ndrángheta die
bedeutendsten Gruppen im europäischen Kokain-Handel, noch vor den kolumbianischen
Drogenkartellen. Die Dominanz der ’Ndrángheta ist vor allem
darauf zurückzuführen, dass es ihr gelang, Teile des Geschäfts an sich zu
reißen, als die sizilianische Cosa Nostra in den 1990ern unter
Druck geriet. Die erträglichsten Geldquellen der 'Ndrangheta sind,
nach dem Drogenhandel, der Waffenhandel, die Geldwäsche und Erpressungen.
Mittelpunkt der Organisation ist nach wie vor Kalabrien mit den Provinzen Reggio
Calabria und Crotone.
Nach inoffiziellen Angaben italienischer Ermittler stehen etwa 7.000 Mann
im Dienst der 'Ndrángheta, unterteilt in etwa 90 "cosche" (Familienclans). Das Wort "cosca" stammt aus dem sizilianischen
Dialekt und kennzeichnet das durch die äußeren Blätter geschütze Innere der
Artischocke. Eine gute Metapher also für eine Geheimgesellschaft. Synonym für
"cosca" ist auch das kalabresische Wort "'Ndrina".
Im Gegensatz zur sizilianischen Mafia spielt bei der 'Ndrangheta-Mitgliedschaft
weit stärker die Blutsverwandtschaft eine Rolle. Dieser ist auch ein größerer
Zusammenhalt zu verdanken: Bislang gab es nur 157 Kronzeugen, die aus der 'Ndrangheta ausgestiegen
sind.
Wie stark die ´Ndrángheta immer noch in Kalabrien ist, beweisen
jüngste Zahlen, nach denen 70 Prozent aller Unternehmer in Kalabrien den sogenannten
"pizzo", das Schutzgeld,
zahlen. Die restlichen 30 Prozent der Unternehmen und Geschäfte sollen sich
demnach direkt in der Hand der 'Ndrangheta befinden.
So wie die Kleinstadt Corleone auf Sizilien als Hochburg
der Mafia gilt, so gibt es in Kalabrien ein Ort, das als Hochburg der ’Ndrángheta
gilt: Plati am Fuß des Aspromonte-Gebirgs. In den
Hauswänden sieht man die Löcher von Pistolenkugeln. Der Berg unter Platì durchlöchert
wie ein Schweizer Käse. Man findet dort ein Labyrinth aus Höhlen und Gängen,
Fluchtwege, durch die untergetauchte Bosse unauffällig verschwinden
konnten.
Trotzdem versucht der italienische Staat immer wieder Herr der Lage zu werden.
Beispielsweise stürmten 2009 insgesamt über 1.000 Carabinieri das Dorf mit
nur 2.800 Einwohnern, wobei 131 Verdächtige festgenommen wurden. Am 17. Juli
2010 konnte der aktuelle Boss der ’Ndrángheta, Giuseppe Bellocco,
im Rahmen einer großangelegten Aktion gefasst werden. Anfang Juni 2011
verbuchte die Polizei erneut Erfolge im Kampf gegen die 'Ndrangheta und
seine wirtschaftlichen Verquickungen im Norden Italiens. Bei einer Razzia in
mehreren Städten, unter denen Mailand, Modena und Turin,
wurden 142 Personen festgenommen.
Ein Zehn-Punkte-Programm der Regierung soll die Wirtschaftskraft der
kriminellen Organisationen angreifen. Ein neue Behörde soll das bei der Mafia
konfiszierte Vermögen verwalten und es sollen Möglichkeiten geschaffen
werden, um die Vergabe von öffentlichen Aufträgen besser zu kontrollieren.
Die Confindustria, der italienische Industrieverband, hat einen
Anfang gemacht und beschlossen, all jene Mitglieder auszuschließen, die
Schutzgeld-Erpressungen nicht anzeigen oder wegen Mafia-Geschäften verurteilt
wurden.
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