Seit den jüngsten WikiLeaks-Veröffentlichungen gibt es neue Hinweise: Die europäischen Gaslieferungen aus Russland könnten zum Teil in den Händen von Kriminellen mit Verbindungen zu Mafia-Gruppen liegen. Damit wäre schon eingetroffen, was die Europäische Polizeibehörde Europol in ihrer Studie „Organisierte Kriminalität und Energieversorgung“ für die kommenden Jahre befürchtet: Europas Energiesektor droht die Unterwanderung durch Verbrecherbanden.
„Es ist wie bei nahezu allen knappen
Rohstoffen zu erwarten, dass die Organisierte Kriminalität hier aktiv wird, um
Geschäfte zu machen“, sagte Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für
Wirtschaftsforschung, DIW. „Im Energiebereich geht es schließlich um heiß
begehrte Güter, die teurer und unsicherer werden.“
Besonders verwundbar sei der Energiesektor
in Sachen Versorgungssicherheit und Preisstabilität, so Europol. Eine
potenzielle Gefahr sei zum Beispiel die Infiltration von
Energieversorgungsunternehmen dadurch, dass eine Gruppe der Organisierten
Kriminalität (OK) in sie investiert. Damit könne sie dann Preise diktieren und
zum Beispiel Öl- oder Gaslieferungen gefährden.
Energieexpertin Claudia Kemfert meint:
„Die Politik bereitet sich nicht genügend auf mögliche Szenarien vor.“ Auch
Europol rät zu Wachsamkeit. Immerhin, so die Studie, zeigten
Geheimdienst-Informationen, dass „organisierte kriminelle Gruppen in die
Energieversorgung der EU verstrickt“ sind. So wird zum Beispiel ein
ukrainisches Gashandelsunternehmen mit der russischen und der italienischen
Mafia in Verbindung gebracht. In einem von Wikileaks veröffentlichten
Dokument bringt ein US-Botschafter in Kiew das Gashandelsunternehmen
RosUkrEnergo AG (RUE) in Zusammenhang mit einem der bekanntesten sizlianischen
Mafia-Paten. Gerüchte darüber gab es schon seit Jahren.
In dem als „geheim“ eingestuften
Dokument wird der Miteigentümer Dmitry Firtash damit zitiert, er habe
„Verbindungen“ zu Semjon Mogilewitsch, einem der zehn „Most Wanted“ des FBI.
Nur mit dessen Einwilligung sei es ihm überhaupt gelungen, Geschäfte
einzufädeln. Firtash und Mogilewitsch ließen nach den
WikiLeaks-Veröffentlichungen dementieren, Geschäftskontakte zu haben - wie
RosUkrEnergo seit Jahren Gerüchte über Kontakte zur Mafia dementiert.
Was sich weit entfernt anhört, hat
durchaus mit Deutschland zu tun: RosUkrEnergo wickelt einen großen Teil des
Gashandels zwischen Russland und der Ukraine ab und ist für Teile des
russischen Gasexports in die EU zuständig. Deutschland wiederum deckt rund ein
Drittel seines Gasbedarfs mit Importen aus Russland. „Grundsätzlich ist zu
empfehlen, nicht zu abhängig von einem Energieanbieter zu werden, sondern
mehrere Bezugsquellen zu haben“, so die DIW-Energieexpertin Kemfert.
In Russland - das kabelten
US-Diplomaten unter Bezug auf eine spanische Staatsanwaltschaft in die Heimat -
übe die Mafia „gemeinsam mit ihren Freunden in der Politik“ eine „enorme
Kontrolle“ über strategische Sektoren der globalen Wirtschaft aus.
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