Eintrittskarten nur noch gegen Bargeld: Die italienische Finanzaufsicht hat den Scheck- und Kreditkartenverkehr der Vatikanbank mit EU-Geldhäusern gestoppt. Neue Nahrung für den uralten Verdacht, dass über die Kirchenkonten Schwarzgeld gewaschen wird. Betroffen ist auch die Deutsche Bank...
Vorne im Petersdom große Oper in prächtigen Kostümen, hinter der Fassade dunkle Intriganten-Stücke um Macht und Geld: Das ist das Doppelgesicht des Kirchenstaates.
Am Sonntag etwa weihte Papst Benedikt XVI. in einer prunkvollen Zeremonie im Petersdom seinen langjährigen Mitarbeiter und derzeitigen Privatsekretär Georg Gänswein zum Erzbischof. Im Publikum saßen Italiens amtierender Premier Mario Monti samt Gattin und weitere Polit-Prominenz.
Ein paar hundert Meter weiter erfuhren gleichzeitig überraschte Touristen, dass das Ticket für die vatikanischen Museen nur noch gegen Bargeld zu haben ist. Der Kredit- und EC-Kartenverkehr des Vatikan ist seit Jahresanfang eingestellt. "Technische Gründe", lautet die Erklärung im Kirchenstaat. Aber "technisch" sind die Gründe mitnichten: Die italienische Zentralbank - zugleich Aufsichtsbehörde über die Geldinstitute des Landes - hat der italienischen Tochter der Deutschen Bank untersagt, das Geld- und Kartengeschäft der Vatikanbank so wie bislang abzuwickeln. Damit ist die Vatikanbank vom Geschäftsverkehr mit italienischen und europäischen Banken weitgehend abgeschnitten.
Seit Jahren drängen die europäische und die nationale Aufsichtsbehörde die Bankiers des Papstes, die für alle EU-Institute vorgeschriebenen Regeln zur Verhinderung von Geldwäsche auch hinter den Vatikanmauern anzuwenden. Insbesondere anonyme Nummernkonten, deren Inhaber bei Überweisungen, Scheckeinlösungen und ähnlichen Transaktionen nicht erkennbar sind, gelten als verdächtig. In der Vergangenheit sollen sich Drittwelt-Diktatoren und Mafia-Treuhänder ebenso wie korrupte Politiker und reiche Steuerhinterzieher dieser Konten bedient haben. Genaues weiß man nicht - der Vatikan lässt niemanden in seine Geschäftsbücher schauen. Doch für solchen Verdacht sprechen viele Indizien.
Etwa die 30 Jahre alte Geschichte von Roberto Calvi. Der regierte das Geldhaus Banco Ambrosiano, wusch in großem Stil Gelder der Mafia und war zugleich mit Giovanni Battista Montini, dem späteren Papst Paul VI., befreundet. Das verhalf ihm zu besten Kontakten und Geschäften mit der Vatikanbank und zu seinem Beinamen als "Bankier Gottes". Auch Mafia-Größen wie Riina und Provenzano unterhielten Konten bei der IOR (Vatikanbank) in beträchtlicher Höhe.
Battista transferierte große Mengen Geld aus dem Vatikan illegal nach Polen, zur Unterstützung der Solidarnosc. Im Gegenverkehr leitete er Millionen der südamerikanischen Drogenmafia über die Vatikanbank auf "saubere" Konten. Calvi kümmerte sich auch um das Schwarzgeld von Parteien und das Vermögen korrupter Politiker, oft in enger Zusammenarbeit mit dem damaligen Chef der Vatikanbank, Erzbischof Paul Kasimir Marcinkus. Als das alles aufflog, ging Banco Ambrosiano pleite, der Vatikan zahlte - "ohne Schuldanerkenntnis" - über 200 Millionen US-Dollar an die Insolvenzgeschädigten. Calvi floh nach London. Ein paar Tage später, am 18. Juni 1982, wurde er dort unter der Blackfriars Bridge gefunden - erhängt.
Ein paar Tage zuvor hatte er noch gedroht: "Wenn mir etwas zustößt, muss der Papst zurücktreten." Aber so kam es nicht. Nur Calvis Sekretärin fiel am Tag, als ihr Ex-Chef gefunden wurde, aus dem Fenster. Wie und warum auch immer. Beide Todesfälle wurden nie geklärt.
Benedikt XVI.: Schluss mit den Geheimgeschäften
Vor ein paar Jahren sah es zum ersten Mal ganz danach aus, als wolle der neue, deutsche Papst die Finanzgeschäfte seiner Bank in Ordnung bringen. Im Herbst 2009 schickte Benedikt XVI. den Präsidenten seiner Bank ebenso nach Hause wie den kompletten Aufsichtsrats des Finanzinstituts - das korrekt "Istituto per le Opere di Religione" (IOR) heißt, zu deutsch: Institut für die religiösen Werke. Die Leitung des IOR übertrug der Papst dem italienischen Bankmanager und Professor für Wirtschaftsethik Ettore Gotti Tedeschi.
Der war kaum ein Jahr im Amt, da leiteten römische Staatsanwälte ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen die Geldwäsche-Regeln gegen ihn ein. Die Vatikanbank hatte zuvor 23 Millionen Euro für zwei anonyme Auftraggeber überwiesen, ohne sie zu melden. Die Überweisungen wurden gestoppt, das Geld beschlagnahmt.
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