Mittwoch, 9. Januar 2013

Wer oder was ist die Camorra...


  



Als Camorra werden wirtschaftskriminelle Familienclans in Neapel und der Region Kampanien bezeichnet. Die Camorra operiert in der gesamten Europäischen Union mit Drogenhandel, Waffenhandel, Produktpiraterie von... Luxusgütern, illegaler Müllentsorgung und Schutzgelderpressung. Heute spricht man in Neapel nicht mehr von der "Camorra", sondern von il sistema (das System).


Liqidierung auf offener Straße in Neapel (Sep. 2012)

Mit Hilfe von Korruption und Erpressung erlangte sie Großaufträge im Baugewerbe. Weiterhin investiert die Camorra in hohem Maße in die Herstellung von Designermode und Zement. Schutzgelder werden in camorrakontrollierten Betrieben gewaschen und legal in den europäischen Großstädten reinvestiert. Im Gegensatz zur sizilianischen Mafia (Cosa Nostra) mit ihrem überwiegend ländlichen Operationsfeld agiert die Camorra vorwiegend von Neapel und dem Umland aus. Die Camorra besteht aus autonomen Clans und ist daher auch nicht wie die Cosa Nostra vertikal, sondern horizontal organisiert.

Die Camorra kontrolliert ihr Territorium mit Drohungen, Gewalt und dank einer stillschweigenden Duldung durch die Einwohner. Gegenwärtig wirken in ihr etwa 111 Familien und über 6.700 Mitglieder, alle diesbezüglichen Zahlenangaben sind immer nur Schätzungen.

Mitte der 1990er saßen die meisten großen Bosse im Gefängnis und man hatte die Camorra erneut totgesagt. In jüngerer Zeit ist die Organisation jedoch wieder verstärkt in Neapel aktiv und hat die Stadt weitgehend unter ihrer Kontrolle. Jährlich gehen zurzeit mehr als 350 Morde in Neapel auf ihr Konto, die in der Regel unter rivalisierenden Clans verübt werden. In erster Linie profitiert die Camorra von der Armut in der Stadt Neapel, da sie sehr lukrative Jobs vergeben kann: Ein Kleindealer verdient ohne großen Aufwand das Zehnfache eines Pizzabäckers.

Touristen sind normalerweise nur von Kleinkriminalität wie Diebstahl bedroht, vor allem in der historischen Altstadt um den Dom. Dort werden auf Weisung der Camorra keine Motorradhelme getragen, da sich darunter Mitglieder feindlicher Clans mit Attentatsabsichten zu verstecken pflegen.

Ende Oktober 2006 begann in Neapel erneut eine Mordserie zwischen 20 konkurrierenden Clans, die in 10 Tagen 12 Todesopfer forderte. Italiens Innenminister Giuliano Amato kündigte die Entsendung von 1.000 zusätzlichen Polizisten und Carabinieri auf nunmehr über 10.000 Polizeikräfte für die Ermittlungen und die Sicherheit der Touristen an. Die Bürgermeisterin Rosa Russo Iervolino rief die Bürger zu einer Massenmobilisierung gegen die Camorra auf, als deren Nährboden sie die wachsende Armut sieht, und forderte Wirtschafts-Initiativen von der Regierung. In Neapel betrage die Arbeitslosenrate 25%, unter Jugendlichen sogar 50%. So werde „das organisierte Verbrechen zum Brotgeber für Tausende von Verzweifelten.“
Für die Camorra ist die Welt eine Art Brettspiel, in der einzelne Familien bestimmte Gebiete einfach in Besitz nehmen.“ Nur eine Kooperation auf europäischer Ebene könnte der organisierten Wirtschaftskriminalität noch Einhalt gebieten. Ein erster notwendiger Schritt dazu sei die Einführung der ›Mafia als Straftatbestand‹ in der EU und ganz besonders in Deutschland, zumal dieser Straftatbestand bislang ausschließlich in Italien Geltung hat.

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