Niemand profitiert mehr vom Elend der
Flüchtlinge als die italienische Mafia. Sie hat den maroden Sozialstaat längst
ersetzt – und kontrolliert die Auffanglager, die sie auch zur Rekrutierung
nutzt.
Doch
anders als die Mafia im diskreten Sizilien pflegt Roms gar nicht so geheime
Unterwelt einen eher öffentlichen Stil. Der Clan der Casamonica stellt die
schrillen Videos seiner Partys selbst auf Youtube, denn man ist stolz auf den –
nicht immer stilvoll präsentierten – Reichtum. Bei den letzten
Bürgermeisterwahlen zeigten sich Kandidaten aller Parteien bei prunkvollen
Abendessen von Clanchefs.
Trotz zahlreicher
Festnahmen floriert das Gewerbe von Drogenhandel, Wucher, Schuldeneintreibung,
illegalem Baugeschäft und Erschleichung öffentlicher Großaufträge. Der auch auf
Deutsch vorliegende Krimi „SUBARRA“, geschrieben vom Richter Giancarlo De Cataldo und vom
Investigativjournalisten Carlo Bonini, beschreibt minutiös, wie sich die Clans
die Territorien abgesteckt haben und bestens mit der Politik, der Polizei und
der katholischen Kirche kooperieren.
Roms wahre Herrscher
Die Clans sind die wahren Herrscher von
Rom. Sie haben auch das Geschäft mit Flüchtlingslagern in großem Stil zu
unterminieren. Inzwischen wird die Hilfsindustrie in Italien fast komplett von
der Mafia kontrolliert, die Kriminellen kassieren überhöhte
Unterbringungspauschalen, servieren Müll statt Essen und bauen mit Pappe statt
Beton.
Die derzeitige Flüchtlingsflut spült
immer neue Vermögen in ihre Kassen.
Gerade bei uns nördlich der Alpen
herrscht noch das Missverständnis, organisierte Kriminalität sei das Geschäft
einer kleinen Gangsterbande, welche die übergroße Mehrheit terrorisiert. In
Süditalien, und jetzt immer mehr auch in der Kapitale, führen die Bosse in
grellem Licht vor, dass sie sich als mächtige Dienstleister verstehen.
Eine gutgeölte
Parallelgesellschaft
Sie beherrschen ganze Vorstadtviertel,
wo sie mit Gewalt und dem Segen gewogener Priester und Politiker ihr eigenes
Bankwesen, ihre Justiz, ihre Sozialhilfe, die Versorgung mit Drogen, die
Müllabfuhr und die Bebauung organisieren – eine neofeudale Gesellschaft. Mafia
ist zwischen Rom und Agrigent kein Fall für Krimileser, sondern eine gutgeölte
Parallelgesellschaft, die oft genug den ineffizienten und maroden Staat ersetzt.
Die Trauermesse für Don Vittorio – kein
Papstwort konnte sie verhindern – wurde denn auch immer wieder von Rufen
unterbrochen, hier werde "der wahre König von Rom" begraben.
Riesenplakate zeigten den rundlichen kahlen Mann, der gerne mit einem dicken Kruzifix
um den Hals auftrat, thronend über Vatikan und Kolosseum. Während über
Lampedusa immer neue Flüchtlinge in die Zeltlager der organisierten
Kriminalität strömen und dort nach Bedarf zu Kurieren und Schergen ausgebildet
werden, warnen die Ermittler, dass die italienische Mafia massiv in Deutschland
Fuß fasst. Diese Entwicklung freilich kann Don Vittorio, der König von Rom,
jetzt nicht mehr gestalten.
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