Dienstag, 29. September 2015

Elfjähriger sagt gegen Mafia-Vater aus



"Papa hat im Clan gemacht, was er wollte, er war die rechte Hand vom Capo." Der Sohn des kalabrischen Mafia-Paten Gregorio Malvaso sagt gegen seinen Vater aus. Für die Ermittler hat er wertvolle Informationen.




Er weiß, wie man Schutzgeld erpresst, Drogen verkauft oder auch Waffen. "Klar weiß ich, was ein Mafioso macht", sagte der elfjährige Nicola* der stellvertretenden Antimafia-Staatsanwältin in Reggio Calabria, Giulia Pantano. "Ein Mafioso ist einer, der dealt, schießt, das ist normal." In seinem Dorf habe jeder von der 'Ndrangheta geredet, "auch meine erwachsenen Freunde".

Die Zukunft Nicolas* schien klar vorgezeichnet: Sein Vater war Mafioso, also würde auch er Teil der organisierten Kriminalität werden. Doch Gregorio Malvaso, 37, 'Ndrangheta-Boss aus dem Ort San Ferdinando in Kalabrien, wurde im Oktober 2014 verhaftet.

Die Mutter entschloss sich kurz darauf, mit den Ermittlungsbehörden zusammenzuarbeiten und sich als Kronzeugin zur Verfügung zu stellen. Den Berichten zufolge wollte sie Nicola und seinen beiden jüngeren Brüdern ein Leben in der Illegalität ersparen. Weil auch der Elfjährige mit den Antimafia-Experten der DDA spricht, wurde er zum jüngsten Informanten aller Zeiten. Wie nützlich seine Angaben letztlich sein werden, ist noch unklar - aber seine Aussagen füllen bereits zahlreiche Aktenordner.

Schon im frühsten Kindesalter habe er gelernt, mit Waffen umzugehen, erzählte Nicola* der römischen Tageszeitung "La Repubblica" zufolge. Und, ja, sein Vater sei Mitglied des Clans von San Ferdinando gewesen: "Papa hat innerhalb des Clans gemacht, was er wollte, er war die rechte Hand vom Capo."


"Die Drogen gehörten Papa"

Der kleine "Pentito", wie reumütige Mafiosi in Italien heißen, soll Namen und Funktionen verschiedener 'Ndrangheta-Mitglieder genannt haben, ein ganzes Organigramm des Clans sei damit erstellt worden, hieß es. Außerdem übergab er der Polizei eine Handykarte des Vaters mit wichtigen Kontaktdaten. "Ich habe gesehen, was sie alles gemacht haben. Ich habe Drogen gesehen, Waffen, vor allem Pistolen, nie Gewehre … die Drogen habe ich immer in der Garage gesehen."

Die Drogen hätten ohne Zweifel seinem Vater gehört. "Das weiß ich, weil sie ohne seinen Befehl gar nichts gemacht haben, die haben nicht einen Finger gekrümmt." Auch Abgesandte aus San Luca, dem Bergdorf, dessen Mafiafamilien einst in Duisburg in ein Massaker verstrickt war, seien ein- oder zweimal aufgetaucht.
Was aus Sicht der Ermittler ein Erfolg ist, bedeutet für die Mutter und ihre drei Söhne ein Leben im Untergrund. Seit etwa vier Monaten lebt die Familie weit weg von Kalabrien und schwer bewacht an einem unbekannten Ort. Die aus Kalabrien stammende 'Ndrangheta gilt als eine der mächtigsten weltweit operierenden Mafia-Gruppierungen. Abtrünnige sind selten, wer sich gegen seinen Clan stellt, kann sich seines Lebens nicht mehr sicher sein.


*Der Name ist ein Pseudonym, das die "Repubblica" dem Jungen gegeben hat, um ihn zu schützen

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