Vortrag in Zürich am 9 September von Claudio Michele Mancini
Die Mafia - dabei denkt man an Sizilien und fiese Al
Capone-Typen, die Schutzgeld erpressen. Doch das ist von gestern: Die neue
Generation ist marktorientiert. Ihre Waffen sind Internet und Börse.
Der Trend zur Globalisierung zeigt sich in Handel,
Kommunikation und - beim Verbrechen. Auch die organisierte Kriminalität hat
sich der Entwicklung der Märkte angepasst und arbeitet international. Neben den
ortsgebundenen, traditionell-hierarchischen Familienverbänden mit Ehren- und
Schweigekodex, gibt es immer mehr internationale Gruppierungen, die ihre
dunklen Geschäfte global vernetzt betreiben.
Unternehmen Mafia
Die Mafia von heute funktioniert wie ein großes
Unternehmen. Eine strenge Kosten-Nutzen-Rechnung ist die Grundlage der meisten
Geschäfte, so eine Studie der Europäischen Polizeibehörde Europol.
Mafia-Gruppierungen stellten Juristen, Computer- und Wirtschaftsfachleute ein,
um reibungslose Kommunikation und Profitanlage zu gewährleisten. Weltweit beschäftigten
sie ein Netz von Händlern, Spediteuren und anderen Spezialisten. Es gäbe
Gruppen, die sich auf einen Bereich, zum Beispiel Schmuggel, konzentrierten und
dafür als Spezialisten von anderen angeheuert werden könnten, so Europol.
"Sie arbeiten genau wie legale Unternehmen, nur
die Geschäfte sind nicht legal", sagt Peter Csonka, Oberregierungsrat beim
Europarat, gegenüber DW-WORLD. Drogenhandel und Finanzbetrug sind noch immer
die wichtigsten Arbeitsfelder der Mafiosi von heute, gefolgt von Fälschung und
Schmuggel. "Sie schmuggeln mit allem, was auf dem Markt Nachfrage
findet", sagt Conska. "Ob man ein Spender-Herz braucht oder nukleare
Stoffe, die Mafia kann liefern."
Neue Märkte
Umweltkriminalität wie etwa der Handel mit Giftmüll
und Diebstahl von geistigem Eigentum stellen neue Märkte für die Mafia dar.
"Die neuen Mafiagruppen treten heute zum Beispiel als Unternehmensberater
auf", erklärt Richard Mörbel, leitender Kriminaldirektor beim BKA, im
Gespräch mit DW-WORLD. "Sie beraten eine Firma und spionieren dabei die
Unternehmensstruktur genau aus. Dann drängen sie diese aus dem Markt oder
übernehmen die Firma."
Cyber-Wäsche
"Das größte Ziel der organisierten Kriminalität
ist es nicht kriminell zu erscheinen", sagt Csonka. Deshalb ist die
Geldwäsche schon immer besonders wichtig gewesen. Während früher Bargeld in
Häuser oder Waren investiert wurde, verschiebt die neue Mafia Millionen über
das Internet. Börsenhändler investieren, verkaufen und schon bald ist das Geld
sauber. Ein fast unschlagbares System, denn die Geldströme sind nur sehr schwer
zu verfolgen.
Diese grenzübergreifende Arbeitsweise macht es der
Polizei sehr schwer organisierte Kriminalität zu stoppen. "Unsere
Rechtssysteme enden oft immer noch an den Grenzen des eigenen Landes, doch die
Täter kennen keine Grenzen", erklärt EU-Experte Mörbel. Um mit der Mafia
mitzuhalten, müssten auch Polizei und Justiz noch mehr mit der Zeit gehen – und
sich ebenfalls noch stärker vernetzen.
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