Verdächtige, die mit unnatürlich hohen
Summen hantieren, sollen die legale Herkunft des Geldes beweisen. Das forderte
Innenminister Thomas de Maiziere jetzt auf der BKA-Jahrestagung in Mainz. Vorbild
im Kampf gegen die internationale Mafia-Kriminalität soll Italien sein.
Die Bundesregierung will den Kampf gegen
die ausufernde internationale Mafia-Kriminalität auf neue Fundamente stellen.
Sie denkt an rechtliche Möglichkeiten, das Vermögen von verdächtigen
Schwerkriminellen schneller zu beschlagnahmen. Bundesinnenministerium und
Bundeswirtschaftsministerium sind darüber im Gespräch, sagte
Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) bei der Jahrestagung des
Bundeskriminalamtes (BKA) in Mainz.
Der ausscheidende BKA-Chef Jörg Ziercke
forderte in Mainz in diesem Zusammenhang die Beweislastumkehr: „Verdächtige
sollten die legale Herkunft unnatürlich hoher Geldbeträge beweisen müssen“.
Dieses Recht gilt zum Beispiel in Italien. Dort werden jährlich rund vier
Milliarden Euro durch den Staat - meist bei der Mafia - abgeschöpft. In
Deutschland sind dies auf der Basis der geltenden Gesetze gerade 80 000 Euro im
Jahr.
Beweislast-Umkehr
hebelt Unschuldsvermutung aus
Die Beweislastumkehr gilt als rechtlich
problematisch, weil sie - so sagen es Kritiker - die geltende
Unschuldsvermutung im deutschen Strafrecht aushebeln könnte. Im
Koalitionsvertrag ist zwar von einer Erleichterung der Vermögensabschöpfung die
Rede. Weitere Details fehlen allerdings.
De Maiziere setzt sich für eine stärkere
Zentralisierung der Fahndung ein. Der Generalbundesanwalt soll die
Zuständigkeit für die Verfolgung der organisierten Kriminalität und
internationaler Ermittlungen von den Ländern erhalten. Bundesanwälte bearbeiten
bisher nur Spionage, Terror-Ermittlungen und schwere Straftaten gegen die
innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik.
Der Bundesinnenminister denkt offenbar an
ein britisches Vorbild. Er wies in Mainz darauf hin, dass Großbritannien gerade
neue Polizeistrukturen aufbaut. London richtet eine „National Crime Agency“
ein, die nicht nur den Anti-Mafia-Kampf aufnehmen soll, sondern
Grenzschutz-Zuständigkeiten erhält und auch Finanzermittlungen gegen Banken in
der Londoner City führen wird.
Das Bundeskriminalamt hat in Mainz ein
bedrohliches Bild der internationalen Kriminalitätslage gezeichnet. Nach den
offiziellen Statistiken gab es im letzten Jahr in Deutschland 3 580 Verfahren
gegen die Organisierte Kriminalität und 9155 Tatverdächtige. Sie richtete einen
Schaden von 720 Millionen Euro an.
BKA kommt durch
Netz-Verschlüsselungen nicht an Täter heran.
Der Aussagewert dieser Statistiken wird
aber von der Bundesregierung inzwischen genau so bezweifelt wie von den
Experten des BKA. Der Hintergrund: Die Sicherheitsbehörden kommen durch
Verschlüsselungen im Internet und transnational arbeitende Banden gar nicht
mehr an die Täter heran. Das Dunkelfeld ist deshalb nach ihrer Ansicht um ein
Vielfaches höher - und die Auswirkungen sind direkt spürbar. Sabine Vogt,
Abteilungsleiterin im Bundeskriminalamt: „Organisierte Kriminalität ist an der
Haustür angekommen“.
International organisierte Banden
stecken nach neuen Erkenntnissen der Fahnder hinter den gefürchteten
Wohnungseinbrüchen, die 2013 einen Höchststand erreicht haben, wie auch hinter
der Call Center-Kriminalität, bei der eine Million älterer Menschen mit
„Enkeltricks“ und ähnlichen Raubzügen Opfer geworden sind.
Vogt machen zunehmende Aktivitäten von Rockerbanden Sorge, die
sich teils schon dramatisch von den klassischen Motorrad-Gangs der Hells Angels
und Bandidos unterscheiden und immer öfter ethnisch ausgerichtet sind. Kutten
und Maschinen seien ohnehin nur noch „romantisierendes Beiwerk“.
„Deutschland exportiert inzwischen Rocker-Kriminalität“, sagt
die BKA-Frau. Es gebe sogar Bemühungen, solche Banden in Afrika zu etablieren.
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