In Südafrika ist das organisierte
Verbrechen omnipräsent: Neue Zahlen zeigen, wie die Geschäfte der Mafia
florieren. Und der verwegene Plan eines tschechischen Mafiabosses sorgt für
Entsetzen.
Was sich gerade in Südafrika abspielt,
erinnert an das Drehbuch eines schlechten Hollywoodfilmes und bietet
interessante Einblicke in die obskure Welt des organisierten Verbrechens.
Hauptdarsteller ist der in einem Gefängnis von Pretoria einsitzende Tscheche
Radovan Krejčíř, den die Staatsanwaltschaft für einen der führenden Köpfe des
organisierten Verbrechens in Südafrika hält.
Der 46-Jährige war im August des
versuchten Mordes und einer Entführung im Zusammenhang mit einem
fehlgeschlagenen Drogengeschäft für schuldig gesprochen worden. Ihm wird zudem
der Mord an dem libanesischen Geschäftsmann Sam Issa vorgeworfen, der im Jahr
2013 in Johannesburg in seinem Auto erschossen wurde – das Verfahren läuft
noch, wie auch einige andere. Krejčíř weiß, dass er das Gefängnis in den
nächsten zehn Jahren nicht auf legalem Weg verlassen wird. Doch einer wie er
kennt andere Wege.
Den Strafverfolgern in seiner Heimat
Tschechien, wo ein Haftbefehl wegen Steuerbetrugs und Mordplänen vorliegt,
entkam er einst durch ein Badezimmerfenster seiner Prager Villa. Im Jahr 2007
reiste er schließlich nach einem Aufenthalt auf den Seychellen in Südafrika
ein. Mit einem gefälschten Pass, ausgestellt auf den Namen Egbert Jules Savy.
Eine Pistole in der
Zelle des Gangsterbosses
Diesmal ist die Lage komplizierter, und
Krejčíř hatte offenbar einen brachialeren Fluchtplan geschmiedet. Die
südafrikanische Polizei teilte mit, dass sie nach einem Tipp die Zellen des
Tschechen und seiner Gefolgsmänner untersucht habe. Dabei sei die Uniform eines
Gefängniswärters, eine Pistole, ein Messer, zehn Handys sowie ein
Elektroschocker gefunden worden. Die Ermittler gehen davon aus, dass Krejčířs
Ausbruchsversuch unmittelbar bevorstand – unterstützt von einem
südafrikanisch-tschechischen Verbrechernetzwerk. "Wir wissen, dass im
vergangenen Jahr Männer aus Tschechien nach Südafrika geschickt wurden, um die
Ermittler im Fall Krejčíř zu töten und ihn aus dem Land zu schleusen",
sagte Polizeisprecher Solomon Makgale.
Der kräftige Gangsterboss sitzt seitdem
in einer neuen, angeblich besser bewachten Zelle des
Kgosi-Mampuru-II-Gefängnisses, das bekannter dafür ist, dass hier der wegen
fahrlässiger Tötung verurteilte Paralympics-Star Pistorius festgehalten wird.
Am Dienstag wurde die Nation jedoch erneut daran erinnert, dass sie ein
zunehmendes Problem mit dem organisierten Verbrechen hat. Die Polizei
veröffentlichte die aktuelle Kriminalitätsstatistik.
Schockierend wirkte nicht nur, dass die
Zahl der Morde im zweiten Jahr in Folge angestiegen ist (um 4,6 Prozent auf
17.805) – ein Niveau, das laut der Oppositionspartei Democratic Alliance
eigentlich nur von Ländern im Kriegszustand erreicht werde.
Kapstadt ist Afrikas
neue Mafia-Hauptstadt
Erschüttert zeigten sich die Analysten
auch, weil die in erster Linie mit dem organisierten Verbrechen assoziierten
Vergehen florieren. Im zurückliegenden Jahr gab es 29,1 Prozent mehr Diebstähle
von Lkw und 14,2 Prozent mehr Car-Hijackings, wie der Raub von Autos
unter Androhung von Gewalt gegen den Fahrer genannt wird. Der Kapstädter
Professor für Kriminologie, Anthony Minaar, geht davon aus, dass Südafrikas
größte Stadt Johannesburg Nigerias Metropole Lagos als Hauptstadt des
organisierten Verbrechens in Afrika abgelöst hat. Ein aktueller UN-Bericht
bezeichne Südafrika "als Drehkreuz, über das der Rest Afrikas mit
gestohlenen Produkten versorgt wird", sagte er der Zeitung "Cape
Times".
Der Polizei gelingt es nicht, die besonders für den Diebstahl
von Lkw benötigten kriminellen Netzwerke zu infiltrieren. Sie agieren vor allem
seit dem Ende der Apartheid1994 in Südafrika, Länder in Transitionsphasen sind dafür
besonders anfällig. Gareth Newham vom Thinktank Institute for Security Studies
hält mangelndes Polizeimanagement und nicht funktionsfähige Geheimdienste für
verantwortlich. "Die Pläne, die da sein sollten, sind nicht da",
sagte er. Die Polizei verfüge zwar über ein beachtliches Budget von umgerechnet
über fünf Milliarden Euro, beinahe 200.000 Mitarbeiter und moderne Technik,
trotzdem fehle es aber an Ressourcen für den Kampf gegen das organisierte
Verbrechen.
Auch bei kleineren Ermittlungen offenbart die
Polizei immer wieder Schwächen, was sich schon an banalen und wiederholten
Fehlern bei der Erhebung der Kriminalitätsstatistik zeigt. Radovan Krejčíř
scheint sich sein Exil jedenfalls mit Bedacht ausgesucht zu haben.
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