Bologna - Sie ist mächtiger als die sizilianische
Cosa Nostra und die napolitanische Camorra - doch nun ist mit mehr als 150
Festnahmen ein harter Schlag gegen die Mafiaorganisation 'Ndrangheta gelungen.
Nach mindestens sieben
der 163 Verdächtigen, gegen die Haftbefehle ausgestellt wurden, wurde noch
gefahndet. Wie viele von den übrigen Verdächtigen bereits wegen anderer
Vergehen in Haft waren, wurde nicht mitgeteilt. Presseberichten zufolge gehört
zu den Festgenommenen ein Vertreter der Partei Forza Italia von
Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi.
Auch Anführer wurden verhaftet
"Das ist ein
eindrucksvoller und entscheidender Schlag gegen die Mafia im Norden",
sagte der italienische Anti-Mafia-Staatsanwaltschaft Franco Roberti bei einer
Pressekonferenz in Bologna, der Hauptstadt von Emilia-Romagna. Bei der
'Ndrangheta handele es sich um "eine tief verwurzelte und sehr gefährliche
kriminelle Organisation". Sechs der in Emilia-Romagna festgenommenen
Verdächtigen gelten den Angaben zufolge als Anführer der Mafiaorganisation.
Der Großeinsatz der
Polizei zeigt, dass die 'Ndrangheta ihre Aktivitäten auf Norditalien
ausgeweitet hat. Eine 'Ndrangheta-Zelle in Emilia-Romagna sei dort schon seit
etwa 20 Jahren aktiv und handele finanziell und organisatorisch weitgehend
unabhängig, sagte der Staatsanwalt von Bologna, Roberto Alfonso.
'Ndrangheta hat Verbindung zu Drogenkartellen
'Ndrangheta gilt
mittlerweile als Italiens mächtigste Mafiaorganisation. Wegen ihrer führenden
Stellung im europäischen Handel mit Kokain hat sie die neapolitanische Camorra
und die sizilianische Cosa Nostra überholt. Mit dem Schmuggel der Droge aus
Südamerika über Nordafrika und Süditalien nach Europa werden mehrere Milliarden
Euro umgesetzt. Die 'Ndrangheta, deren Name sich von dem griechischen Wort für
Mut oder Treue ableitet, unterhält nach Erkenntnissen der Ermittler
Verbindungen zu kolumbianischen Drogenkartellen, mexikanischen Banden und
Mafia-Clans in New York und anderen Orten Nordamerikas.
In jüngster Zeit war
die italienische Polizei wiederholt gegen die 'Ndrangheta vorgegangen.
Vergangene Woche nahm die Polizei in Rom 31 Verdächtige fest, die einem
Drogenhändlerring mit Verbindungen zur 'Ndrangheta angehören sollen. Sie
wollten offenbar andere kriminelle Banden verdrängen, um den Kokain-Preis im
Straßenhandel allein zu bestimmen.
'Ndrangheta-Neulinge leisten "Gifteid"
Im November wurden
Dutzende Verdächtige mit mutmaßlichen Verbindungen zur 'Ndrangheta in und um
Mailand, Italiens Wirtschaftsmetropole im Norden, festgenommen. Nach diesem
Einsatz veröffentlichte die Polizei heimlich gefilmte Bilder von einem
Initiationsritual der Mafiaorganisation. Bei dieser religiös anmutenden
Zeremonie schworen die Neuzugänge einen "Gifteid", der sie
verpflichtet, sich selbst zu töten, sollten sie jemals ein 'Ndrangheta-Mitglied
hintergehen.
Bei dem Einsatz in Rom
stellte die Polizei ein Notizbuch sicher, das verschlüsselte Informationen über
Initiationsriten sowie die hierarchische Struktur und den Ehrenkodex der
'Ndrangheta enthielt. Die Ermittler konnten die Geheimschrift entschlüsseln und
so unter anderem Listen von Drogendealern und anderen Verbündeten des
Mafia-Clans lesbar machen. Außerdem sollen die Ermittlungen durch ein
abtrünniges 'Ndrangheta-Mitglied unterstützt worden sein. Italienischen Medien
zufolge handelt es sich um einen wegen Mordes an einem rivalisierenden
Bandenmitglied inhaftierten Mann.
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