Der neueste Parlamentsbericht deckt Drohungen und Angriffe auf
Bürgermeister auf.
Die meisten Bürgermeister
Italiens fühlen sich von der Mafia und der Camorra bedrängt, oft auch massiv
bedroht. Zurecht: In 40 Jahren wurden 132 von ihnen ermordet.
Bürgermeister in Italien zu
sein ist eine bewundernswerte, doch nicht immer leichte Tätigkeit - und vor
allem eine gefährliche. Einem jüngsten Bericht der einer Kommission des Senats
zufolge lebt keine andere »Berufsgruppe« so gefährdet. Allein von Januar 2013
bis zum April 2014 wurden von den 106 italienischen Polizeipräfekturen 1.265
Bedrohungen oder Einschüchterungsversuche gegenüber Bürgermeistern, Assessoren
oder Ratsmitgliedern gemeldet.
Der
Ort Fino Mornasco mit seinen 10.000 Einwohnern liegt auf halber Strecke
zwischen Mailand und Como, in der Nähe der Schweizer Grenze. Seit 2009 ist
Giuseppe Napoli Bürgermeister. Er war zweieinhalb Jahre im Amt, als er eines
Morgens eine unmissverständliche Nachricht erhielt: "Im Mai wurde ein
Kreuz gefunden zwischen dem Friedhof und dem Marktplatz der Gemeinde mit meinem
Foto. Darunter war eine Handgranate mit einem Draht am Kreuz befestigt."
Der
Grund: In Fino Mornasco gab es ein kommunales Unternehmen, das offenbar mit der
organisierten Kriminalität kooperierte und Verluste in Millionenhöhe
produzierte, auf Kosten des Steuerzahlers. Nachdem Bürgermeister Napoli dieses
Unternehmen aufgelöst hatte, begannen die Einschüchterungsversuche.
Der
von der demokratischen Senatorin Doris Lo Moro vorgestellte Bericht fasst auf
205 Seiten alle möglichen Angriffe auf Vertreter der Staatsmacht in den unteren
und mittleren Ebenen zusammen. Das Erschreckende an dem vorgelegten Bericht ist
nicht nur die hohe Zahl der Bedrohungen, sondern ihre steigende Tendenz.
Dabei
sind es in erster Linie nicht die Bürger, die sich auf den Ämtern wegen einer
vermuteten ungerechten Behandlung Luft machen und ihren Ärger an den
Kommunalpolitikern auslassen. Vor allem die organisierte Kriminalität geht in
immer deutlicherer und brutaler Art und Weise gegen lokale Ämter vor. Es geht
dabei um die Vergabe von lukrativen Aufträgen, Posten, um Korruption und
Lobbyismus. Die organisierte Kriminalität schreckt vor nichts zurück, um ihre
Ziele durchzusetzen. In den vergangenen 40 Jahren wurden 132 lokale Politiker
und Beamte von den Mafien ermordet.
Von
1994 bis heute mussten 254 Kommunalvertretungen wegen Infiltration durch Cosa
Nostra, ´Ndrangheta oder Camorra aufgelöst werden. In siebzig Fällen traten
Lokalpolitiker zurück, die entweder von den Kriminellen bestochen oder auf
irgendeine Weise in illegale Geschäfte und Auftragsvergaben involviert waren.
Wer sich gegen den Druck der kriminellen Vereinigungen wehrte, musste sich in
den Schutz der Sicherheitsorgane begeben. Der Bericht vermeldet 341 Fälle, in
denen Lokalpolitiker mit ständiger Eskorte und Personenschutz leben müssen.
Die
Annahme, die sei nur eine Angelegenheit des italienischen Südens, ist falsch,
wie der Senatsbericht zeigt. Köpfe toter Tiere im Garten,
Maschinenpistolengarben in Fenster: Eine dem Bericht beigefügte Karte, auf der
die Häufigkeiten solcher Bedrohungen festgehalten wurden, zeigt zwar, dass
Sizilien und Apulien an der Spitze liegen, die Vorkommnisse sich jedoch
zunehmend auch auf Norditalien ausdehnen.
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