Montag, 9. März 2015

Deutsche aus Pirmasens leiten ein Drogenkartell in Andalusien

In der Zeit von 05.10.2014 bis 14.10.2014 fanden 18-monatige, groß angelegte Ermittlungen gegen eine international agierende Haschischschmugglerorganisation durch die Festnahme von 11 dringend Tatverdächtigen, auch aus Marbella und Estepona, und die Sicherstellung von umfangreichen Beweismitteln ihren vorläufigen Abschluss. 




Durchbrochene Polizeisperren, wilde Verfolgungsfahrten, Sicherstellungen von mehr als 1 Tonne Haschisch, Gefängnisflucht, Sicherstellungen von hochwertigen Fahrzeugen und Schmuggelbooten, Inhaftierung von 11 Personen in Spanien und Deutschland, Vermögensabschöpfungsmaßnahmen im Volumen von 8,5 Millionen Euro - genug Stoff für einen spannenden Kriminalfilm. Das dürfte der Ermittlungsverlauf eines spektakulären Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Zweibrücken bieten.

Bereits im April 2013 wurden in Zusammenarbeit zwischen dem Rauschgiftkommissariat der Kriminalinspektion Pirmasens (K/3) und der Zollfahndung Kaiserslautern (Zollfahndungsamt Frankfurt/M.), unter Federführung der Staatsanwaltschaft Zweibrücken, erste Ermittlungen gegen eine 60-jährige Frau sowie deren 64-jährigen Ehemann aus dem Raum Pirmasens eingeleitet, nachdem im spanisch-französischen Grenzgebiet ein Porsche Cayenne mehrere Polizeisperren durchbrochen hatte und schließlich ohne Insassen, aber beladen mit 60 Kilogramm Haschisch, aufgefunden worden war. Die Spur führte zu dem Ehepaar aus Pirmasens, welches zum Schein zur Verschleierung ihrer illegalen Geschäfte einen Handel mit Autos und Booten angemeldet hatte. 




Bei den Ermittlungen wurde schnell wurde deutlich, dass das Pirmasenser Ehepaar, welches mit dem gemeinsamen 31-jährigen Sohn zwar in den vergangenen Jahren längere Zeit in Spanien lebte, aber die Kontakte nach Pirmasens nicht abreißen ließ, Teil einer spanisch-marokkanischen Organisation und offensichtlich mit dem Transport von großen Mengen Haschisch auf dem Seeweg von Marokko nach Spanien sowie auf dem Landweg von Spanien nach Deutschland, Italien und skandinavische Länder, betraut war.

Da sich abzeichnete, dass länderübergreifende Ermittlungsmaßnahmen erforderlich werden würden, wurde zum erstmals eine gemeinsame Ermittlungsgruppe, ein sog. JIT (Joint Investigation Team), zwischen deutschen und spanischen Ermittlungsbehörden gegründet, um konstruktiv und effizient gegen die Täter vorzugehen.

Nachdem durch die in beiden Ländern geführten Ermittlungen die Organisationsstruktur der Haschischschmuggelbande mehr und mehr aufgeklärt werden konnten, kam es bereits am 08. Juli 2013 zu einer weiteren Schmuggelfahrt, bei der die 60-jährige Pirmasenserin in einem VW Touareg 42 Kilogramm Haschisch von Spanien nach Finnland transportieren sollte. Auf der A 62, Höhe Landstuhl, wurde die Fahrt gestoppt. Die 42 Kilogramm Haschisch wurden sichergestellt. Die 60-jährige Fahrerin wurde anschließend in Untersuchungshaft genommen. Im Rahmen der beim Landgericht Zweibrücken durchgeführten Hauptverhandlung stellte die Angeklagte Behauptungen auf, die weitere Ermittlungen erforderlich machten.




Das Verfahren ist darauf hin ausgesetzt und die Frau Anfang Januar 2014 aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Anders als versprochen, nutzte die 60-jährige die Zeit in Freiheit, um umgehend wieder Kontakt mit der Organisation aufzunehmen und sich bereits im Mai 2014 an der Durchführung einer 18-Kilogramm-Haschischlieferung aus Dortmund nach Pirmasens zu beteiligen. Die Ermittler gehen davon aus, dass an diesem 18-kg-Geschäft neben anderen Familienmitgliedern auch maßgeblich der 31-jährige Sohn der Frau beteiligt war. Dieser war bereits im September 2013 aus spanischer Haft geflohen, hatte sich vorübergehend in Marokko im Dunstkreis der Organisation verborgen gehalten und war im Dezember 2013 nach Deutschland gereist, wo er sich fortan im Raum Pirmasens bei seiner Familie aufhielt.

Die Ermittlungsbehörden gehen nun von folgendem Sachverhalt aus: Während seines Marokkoaufenthaltes bereitete der 31-jährige im Auftrag der Organisation unter maßgeblicher Beteiligung seines 65-jährigen Vaters den Schmuggel von Haschischmengen im hohen dreistelligen Kilogrammbereich von der marokkanischen an die spanische Mittelmeerküste vor. Als Transportmittel standen zwei im Besitz der Familie stehende Segel- und Motorboote zur Verfügung. Beide Boote waren von Vater und Sohn für den Schmuggel von großen Haschischmengen speziell umgebaut worden. Sie sollten beladen und zur spanischen Küste gefahren werden. Schließlich wurde der erste Transport am 11./12.02.2014 mit dem Boot „Lady Blue“ durchgeführt.




An der spanischen Küste, im Hafen La Duquesa erfolgten die Sicherstellung des Bootes, sowie die Festnahme des spanischen Bootsführers und seiner weiblichen Begleiterin. Im Boot war annähernd 1 Tonne Haschisch versteckt. Nach dem Verlust von fast 1 Tonne Haschisch war die Organisation, wohl auch aus finanziellen Gründen gezwungen, ihre Arbeitsweise zu ändern. Unter Einbeziehung der „Pirmasenser Zelle“ als Transporteur wurde im Zeitraum Juni/Juli 2014 ein weiterer größerer Transport auf dem Seeweg von Marokko nach Spanien geplant.

Unmittelbar vor der Durchführung der Schmuggelfahrt kam es zwischen der „Pirmasenser Zelle“ und der marokkanisch-spanischen Organisation jedoch zu einem Bruch in den Beziehungen, was mutmaßlich unter anderem auf ausstehende Geldforderungen an die Pirmasenser Familie im hohen fünfstelligen Eurobetrag zurückzuführen ist.

Nach dem Abbruch der Beziehungen zur Organisation bereitete der 31-jährige Pirmasenser in gemeinsamer Absprache mit Mutter und Vater den eigenständigen Schmuggel und Handel von/mit größeren Mengen Haschisch aus Spanien nach Deutschland vor. In Pirmasens wurde der Kontakt zu einem 50-jährigen Mann und dessen 46-jähriger Ehefrau hergestellt, die den Haschischankauf und die Schmuggelfahrt finanzieren sollten und als Abnehmer der Haschischs eingestuft wurden.

Über „alte Verbindungen“ in den Raum Málaga konnte die Familie nach zweimonatigen Verhandlungen mit Italiener aus Neapel entsprechende Haschischmengen organisieren. Vertraut arbeitsteilig, eingespielt und äußerst konspirativ, ging es an die Detailplanung. Vater und Sohn verschafften sich nach vorliegenden Erkenntnissen über den Kontaktmann aus dem Raum Málaga gefälschte Ausweispapiere, die für die Fahrt nach Spanien und zurück benutzt werden sollten.

Es wurde ein geeignetes Schmuggelfahrzeug angeschafft und mit gefälschten Zulassungskennzeichen versehen. Die Familienchefin war mittels moderner Kommunikationsmittel in die Lage, die Fahrt ständig überwachen. Der 31-jährige Sohn und die 46-jährigen Beifahrerin begleiteten den Konvoi als „Aufklärungsfahrzeug“, der außerdem vom 64-jährigen Vater dirigiert wurde. Die Fahndungseinheiten stoppten beim Grenzübertritt auf der L 700 bei Hornbach / Landkreis Südwestpfalz die Fahrzeuge und nahmen die Insassen vorläufig fest.

In dem Schmuggelfahrzeug wurden in der Seitenverkleidung 30 Kilogramm Haschisch vorgefunden und sichergestellt. Nach einem gemeinsam mit den spanischen Ermittlungsbehörden in Málaga und Melilla abgestimmtem Einsatzplan erfolgten schließlich am 14.10.2014 umfassende und abschließende Zugriffs- und Durchsuchungsmaßnahmen in Spanien, Marokko und Deutschland. Die hiesigen Maßnahmen erstreckten sich auf den Raum Pirmasens, Hagen/ NRW und Frankfurt/Main. Insgesamt wurden 20 Personen vorläufig festgenommen worden, wovon 11 nach der Verkündung von Haftbefehlen in Untersuchungshaft gingen. Darunter befinden sich die drei nach Auffassung der Ermittler führenden Köpfe der Organisation, ein deutsch-marokkanisches Brüderpaar aus Hagen/NRW, sowie ein 33jähriger Marokkaner aus Melilla.

Es wurden zahlreiche Objekte, Wohn- und Geschäftshäuser (21), durchsucht. Dabei konnten unter anderem hochwertige Fahrzeuge (44) und Boote als Tatmittel und Vermögenswert, zahlreiche andere Beweismittel sowie Vermögenswerte in Höhe von 9 Millionen Euro beschlagnahmt werden. Grundlage für den erzielten Ermittlungserfolg, bei dem die kriminelle Haschischschmuggelorganisation kompletten zerschlagen werden konnte, war die reibungslose und professionelle Zusammenarbeit über die Landesgrenzen hinaus, sowie das gemeinsam mit den spanischen Behörden erstellte Ermittlungskonzept im Rahmen des JIT .


An den 18-monatigen Ermittlungen waren auf deutscher Seite neben der federführenden Staatsanwaltschaft Zweibrücken und der ermittlungsführenden Kriminalinspektion Pirmasens / Zollfahndung Kaiserslautern, die Kriminaldirektion Kaiserslautern sowie das Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz mit speziellen Fahndungskräften, die Kriminaldirektion Mainz, das Polizeipräsidium Hagen/NRW, das Polizeipräsidium Frankfurt/M, sowie auf spanischer Seite das Ermittlungsgericht No. 5 aus Melilla und die Guardia Civil Málaga mit einer Einheit zur Bekämpfung organisierter Kriminalität im Einsatz. Die abschließenden Einsatzmaßnahmen am 14.10.2014 unterstützten zudem zwei Teams von Analysten der Europol-Dienststelle den Haag.
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