Ein italienischer Mafioso hat sich nach Russland
abgesetzt und ist dort Pizzabäcker geworden. Durch seine leckeren Spezialitäten
wird er berühmt und anschließend verhaftet. Seine Kollegen wundern sich und
hoffen auf eine baldige Rückkehr. Doch daraus wird wohl nichts.
Die Russen haben richtige italienische Mafiosi bisher nur
im Kino erlebt. In der St. Petersburger Express Trattoria fielen die Kollegen
aus allen Wolken, als bei ihnen die russische Kriminalpolizei erschien, um den
italienischen Pizzabäcker Nicolo, der gern auf den russischen Kosenamen Kolja
hörte, festzunehmen. Sie mussten sich sagen lassen, sie hätten ein Jahr lang
mit einem echten Mitglied der Cosa Nostra Seite an Seite zusammen gearbeitet.
Der nette Mafioso
Ihr Kolja war kein schießwütiges Ungetüm
aus dem Film, sondern ein bezaubernder, stets lächelnder, sehr männlicher Mann
von 33 Jahren, der ein reizendes Italo-Russisch sprach. Als die Polizisten am
Mittwoch kamen, servierte er ihnen seine Spezialität, die geschlossene Pizza
Calzone. Sie sollen sie kosten, solange er sich umziehe, es sei ja gerade die
Mittagszeit, meinte er. Auch trug er keine Rollkragenpullover, um, wie der
Volksmund behauptet, das Gewinde vom Holzkopf zu verbergen. In Italiens
Unterwelt hörte er nämlich auf den Spitznamen „Holzkopf“. Die Kollegen wollten
es einfach nicht glauben und wünschten Kolja, er solle bald wieder frei und zu
ihnen zurückkommen. Danach sieht es allerdings nicht aus.
Di Mauro versteckte sich seit März 2014
Im Juli 2013 nahmen die italienische
Kriminalpolizei und Carabinieri 50 sogenannte Generäle der Mafia in Rom fest.
Gleichzeitig wurden in Süditalien 65 Mitglieder der sizilianischen Familien
Fasciani, Triassi und D`Agati dingfest gemacht. Sie sollen sich im Laufe von 20
Jahren das ganze Spiel- und Unterhaltungsgeschäft in Rom-Ostia mit nicht immer
sauberen Mitteln geführt haben. Ende Januar 2015 verurteilte ein italienisches
Gericht 14 von ihnen zu insgesamt 200 Jahren Gefängnis.
Der Chef des
Familienclans, Carmine Fasciani, wurde zu 28 Jahren Freiheitsentzug verurteilt.
Seine Frau Silvia muss für 16 Jahre und 9 Monate hinter Gitter. Der Vertraute
von Don Carmine, Nicolo di Mauro, wurde im März 2014 festgenommen. Da jedoch
damals nichts Ernsthaftes gegen ihn vorlag, wurde er bis zum Prozessbeginn
wieder auf freien Fuß gesetzt. Er setzte sich sofort nach Russland ab, das ihm
am sichersten erschien.
Berufseifer wurde zum Verhängnis
Wie nun russische Zeitungen berichten,
soll di Mauro eine förmliche Einladung von einer „juristischen Person“ in St.
Petersburg erhalten haben. Er reiste legal nach Russland ein, erhielt
anstandslos eine Arbeitsgenehmigung, mietete sich eine Wohnung und ließ sich
ordnungsgemäß polizeilich anmelden. Obwohl er über Interpol zur Fahndung
ausgeschrieben wurde, hatte er gute Chancen, weiter im Schatten zu bleiben.
Er
fiel nur auf, weil er seinen neuen Beruf viel zu ernst nahm. Seine leckeren
Pizzen waren stadtweit berühmt. Die Spezialität Calzone gab es nur auf
Voranmeldung. Zahlreiche Schüler wollten von ihm die Geheimnisse der Pizzaherstellung
lernen. In der Presse erschienen seine Fotos, die auch beim russischen
Interpolbüro registriert wurden.
In der Heimat wird di Mauro angelastet,
„feindliche Übernahmen“ im Auftrag von Don Carmine organisiert zu haben. Er
schuf Briefkastenfirmen und meldete auf sie Unternehmen um, die ihren legitimen
Besitzern weggenommen wurden. Italien muss nun binnen 40 Tagen einen
Auslieferungsantrag stellen. Bis dahin bleibt der nette Holzkopf im St.
Petersburger Untersuchungsgefängnis Nummer 4.
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