Der Camorra-Kronzeuge
Carmine Schiavone ist im Alter von 72 Jahren gestorben. Sein Leben ist ein
Stück italienische Kriminalgeschichte mit Mafia, Politik und Industrie
Nach eigenen Angaben hat er etwa 50 Morde verübt, bei weiteren 400 oder 500
war er an der Planung beteiligt. Nun, am 22. Februar, hat er selbst den Tod
gefunden, ganz unspektakulär, im Krankenhaus von Viterbo, etwa 100 Kilometer
nördlich von Rom. Gestorben an den Folgen einer Wirbeloperation, die sich als
notwendig erwiesen hatte, nachdem er unglücklich vom Dach seines Hauses
gestürzt war, wo er seit Jahren mit seiner Frau wohnte – abgeschieden von der
Öffentlichkeit und von den örtlichen Carabinieri diskret überwacht.
Die Obduktion des Leichnams, die der Staatsanwalt sofort nach seinem Tod
anordnete, ergab keine Auffälligkeiten. Carmine Schiavone, der wohl
bestinformierte Kronzeuge über die Machenschaften der Camorra in den Provinzen
Neapel und Caserta, war einem Infarkt erlegen, den der langjährige
Kettenraucher als Spätfolge des operativen Eingriffs erlitten hatte – trotz
aufmerksamer Betreuung durch Ärzte, Krankenpfleger und Familienangehörige.
Ein
Mafioso steigt aus
In Italien ging die Nachricht vom Tod Schiavones durch alle großen
Zeitungen. »Mit ihm geht eine Epoche zu Ende, er war ein Stück italienischer
Kriminalgeschichte«, erklärte ein Staatsanwalt gegenüber der neapolitanischen
Tageszeitung Il Mattino. Geboren 1943 in Casal di Principe, im
Herzen jener ausgedehnten Ebene nordwestlich von Neapel, die dank ihrer
außergewöhnlichen Fruchtbarkeit seit der Antike als »Campania felix«, als
glückliche Landschaft, bezeichnet wird, machte er sich in den siebziger und
achtziger Jahren im Bandenkrieg gegen die »Nuova Camorra Organizzata« (Neue
Organisierte Camorra) verdient, einen neapolitanischen Clan unter der Leitung
von Raffaele Cutolo, der sämtliche Camorra-Gruppen Kampaniens unter seiner
Führung vereinigen wollte.
Die Clans, die Cutolo feindlich gegenüberstanden und seinen Machtanspruch
nicht akzeptierten, schlossen sich zunächst zur »Onorata Fratellanza«
(Ehrenwerte Bruderschaft) zusammen und nannten sich in der Folge »Nuova
Famiglia« (Neue Familie). Zu dieser »Neuen Familie« gehörte auch der Clan aus
Casal di Principe, dem Carmine Schiavone – ungefähr im Alter von 20 Jahren –
ewige Treue geschworen hatte.
Am 30 März erscheint der Roman IL BASTARDO - in dem das Müll-Thema und die mafiösen Entsorgungen eine zentrale Rolle spielt. |
Der Kampf gegen Cutolos
»Neue Organisierte Camorra« wurde mit unglaublicher Härte geführt. In den
Jahren 1977 bis 1983 kamen an die 1.500 Clanmitglieder bei Mordanschlägen ums
Leben. Nach der endgültigen Niederlage der Cutolianer wurde die Macht unter den
Mafiaclans über Kampanien – mit fast sechs Millionen Einwohnern die
bevölkerungsreichste Region Süditaliens – neu verteilt. Die »großen Geschäfte«
wurden nun nicht mehr in der Hauptstadt gemacht, sondern in der Provinz, wo die
Camorra zunehmend unternehmerisch tätig wurde: bei der Zementherstellung, in
der Bauwirtschaft und schließlich bei der Abfallentsorgung. Begünstigt durch
staatliche Subventionen, die nach dem Erdbeben im Jahr 1980 reichlich flossen,
verschafften sich die Clans der »Campania felix« – allen voran der Clan aus
Casal di Principe, die »Casalesi« – in diesen Sektoren eine Monopolstellung,
die ihnen bisher ungeahnte Kontrollmöglichkeiten über das gesamte Territorium
eröffnete.
Schiavone
verkörperte wie kaum ein anderer diesen neuen Typ von Mafioso. Mitglied der
»Kuppel«, also der Führungsgruppe des Clans, zuständig für die Verwaltung der
Finanzen, besaß er zu Beginn der neunziger Jahre unter anderem eine eigene
Betonfirma. Stets in engem Kontakt zu lokalen Politikern, Verwaltungsbeamten
und Unternehmern kontrollierten die Casalesi zwei Jahrzehnte lang das
politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben in der Provinz Caserta
und im nördlichen Teil der Provinz Neapel fast lückenlos. Renato Natale,
ehemaliger kommunistischer Gemeinderat und heute Bürgermeister von Casal di
Principe, verglich einmal in einem Interview¹ die Herrschaft der Casalesi in
den neunziger Jahren mit der Militärdiktatur von Augusto Pinochet in Chile.
Warum sich
Schiavone 1993 von seinem Clan lossagte und zum »Pentito« wurde – zum »Reuigen«, der sich zur
Zusammenarbeit mit den Justizbehörden entschließt –, lässt sich nicht mit
Sicherheit sagen. »Ich habe versucht zu vermitteln, als sie begonnen haben, die
gesamte Gegend zu vergiften«, erklärte er am 24. August 2013 in einem
Fernsehinterview mit dem italienischen Nachrichtensender Sky
TG 24. 1993 waren die illegalen Giftmülltransporte aus dem Norden
bereits in vollem Gang. »In den besten Zeiten«, berichtete ein casertanischer
Müllunternehmer vor dem Untersuchungsrichter, »nahm ein Vertreter der Casalesi
pro Tag 70 bis 80 Lastwagenzüge in Empfang. Der Stau der Transportfahrzeuge,
die vor seiner Müllhalde Schlange standen, war dann eineinhalb Kilometer lang.
In dieser Deponie starben sogar die Mäuse.«
Der Preis, den
Schiavone für seine »Reue« zahlen musste, war hoch. Die letzten zwei Jahrzehnte
seines Lebens verbrachte er unter falschem Namen an unbekanntem Ort, der Clan
trachtete ihm nach dem Leben, und von seinen sieben Kindern brachen fünf den
Kontakt zu ihm ab. »Mein Vater ist infam«, soll eine seiner Töchter geschrieben
haben, »er ist falsch, er lügt, er ist böse und heuchlerisch und hat seine Niederlagen
verkauft. Eine Bestie.«
Schiavone
galt als zuverlässiger Kronzeuge. Seinen präzisen Angaben war es zu verdanken,
dass die führenden Bosse der Casalesi 2005 in einem großangelegten
Strafprozess, dem »Processo Spartacus«, zu lebenslanger Haft verurteilt werden
konnten. Die italienischen Medien berichteten zunächst kaum über dieses
Verfahren, obwohl es sich dabei um einen der größten Mafiaprozesse der
italienischen Justizgeschichte handelte. Erst nach Erscheinen von Roberto
Savianos Roman »Gomorrha« im Jahr 2006 wurde die Öffentlichkeit auf die
Machenschaften des Clans aus Casal di Principe aufmerksam – zu einem Zeitpunkt,
als die meisten Bosse, die dem Clan zu seiner Macht verholfen hatten, schon
längst hinter Schloss und Riegel saßen.
Einer breiten
Öffentlichkeit wurde Schiavone jedoch erst im Sommer 2013 bekannt, als sein
Kronzeugenschutzprogramm auslief. Von diesem Zeitpunkt an lebte er zwar weiter
unter falschem Namen und mit unbekanntem Wohnsitz, aber er konnte sich nun frei
bewegen, ohne Einschränkungen durch richterliche Verfügungen. Er wurde bald zum
gern gesehenen Gast diverser Fernsehshows, berichtete von Kisten mit
radioaktivem Material aus Deutschland, die am Stadtrand von Casal di Principe
in einer Tiefe von 25 Metern irgendwo vergraben lägen und schockte sein
Publikum mit Ankündigungen, denen zufolge in den nächsten 20 Jahren alle
Einwohner in und um Casal di Principe an Krebs sterben würden. »Was noch alles
herauskommen wird«, erklärte er am 3. September 2013 in einem Interview mit dem
lokalen Fernsehsender Lunaset, »dagegen wird
Gomorrha harmlos wie Aschenputtel sein«.
Die Warnungen
des gealterten Kronzeugen verfehlten ihre Wirkung nicht. Die Verseuchung der
Campania felix mit teils giftigem Industriemüll – jahrzehntelang von den Medien
mehr oder weniger totgeschwiegen – wurde plötzlich zu einem Hauptthema in der
italienischen Presse und im Fernsehen. Im November 2013 kam es in Neapel zu
einer großangelegten Kundgebung, die sich erstmals explizit gegen diese
Verseuchung richtete. Und im Dezember desselben Jahres, vier Monate nach
Schiavones erstem Fernsehauftritt, beschloss die damalige italienische
Regierung unter Enrico Letta ein Gesetzesdekret, mit dem »die nationalen
Institutionen«, wie es in einer Erklärung des Regierungschefs hieß, »zum ersten
Mal auf die Notsituation im Feuerland reagieren, mit einer Antwort ohne
Beispiel in der Vergangenheit, wirksam und deutlich«.
»Feuerland«
(Terra dei fuochi), das ist der Titel des letzten Kapitels in Savianos Roman
»Gomorrha«. Unter »Feuerland« versteht man heute einen ausgedehnten Landstrich
im Norden von Neapel, mit einer Fläche von mehr als 1.000 Quadratkilometern,
auf der in 57 Gemeinden etwa zweieinhalb Millionen Menschen leben. Zurzeit, als
Schiavone zum »Pentito« wurde, assoziierte man in Italien mit
»Feuerland« bestenfalls eine Inselgruppe an der südlichen Spitze Südamerikas.
Der Fluss Volturno, der sich durch die weite Ebene der Campania felix
schlängelt, war auf Grund seines Fischreichtums ein beliebtes Ausflugsziel für
Hobbyangler, und von den dunklen, giftigen Rauchsäulen, die heute allzu oft in
den Abendhimmel aufsteigen, war damals noch weit und breit nichts zu sehen. Der
Müll, der seit dem Ende der achtziger Jahre aus ganz Italien und auch aus dem
Ausland illegal angeliefert wurde, verschwand noch unter der Erde, in den
Steinbrüchen, im Fundament von Straßen und Gebäuden, in den legalen oder
illegalen Deponien, die von den Casalesi direkt oder indirekt verwaltet wurden.
Erst nach der
Jahrtausendwende, als die Müllhalden die Millionen Tonnen an illegal entsorgten
Industrieabfällen nicht mehr aufnehmen konnten und der Ermittlungsdruck von Seiten
mutiger Untersuchungsrichter stärker wurde, begann der Clan damit, diese
Industrieabfälle direkt in der Landschaft aufzustapeln und in Brand zu stecken.
Millionen
Tonnen Industrieabfälle
Der Grund, aus dem
Schiavone nach Ablauf des Kronzeugenschutzprogamms, also ab Sommer 2013, in
Italien zum Fernsehstar avancierte und keine Gelegenheit ausließ, vor den
möglicherweise katastrophalen Spätfolgen der illegalen Giftmülltransporte zu
warnen, ist seiner Version nach denkbar einfach: Man hatte ihm vorher kein
Gehör geschenkt. Während seine Aussagen über Struktur und Machenschaften des
Clans der Casalesi bei den Ermittlern durchaus Beachtung fanden und schließlich
zur lebenslangen Verurteilung der wichtigsten Vertreter führten, stießen seine
Hinweise zur systematischen Vergiftung der Landschaft auf taube Ohren.
Oder besser: Sie
drangen nicht an die Öffentlichkeit. Schiavone fühlte sich, wie er später
mehrfach im Fernsehen erklärte, sogar vom italienischen Geheimdienst bedroht,
wenn er über die Giftmülltransporte sprechen wollte. Schließlich war er es
gewesen, der gemeinsam mit seinen Clankomplizen, aber auch mit einflussreichen
Vertretern aus Industrie und Politik das System der illegalen Abfallentsorgung
perfektioniert und damit ganz wesentlich zur Degradierung weiter Teile
Kampaniens zur Giftmüllhalde Italiens, wenn nicht gar Europas, beigetragen
hatte.
Fest steht
jedenfalls, dass Schiavone am 7. Oktober 1997 vor der »Parlamentarischen
Untersuchungskommission zum Abfallzyklus und den damit verbundenen illegalen
Aktivitäten« in Rom aussagte und dass er dort die Organisation der illegalen
Abfallentsorgung detailliert beschrieb. Die Müllhalden der Casalesi sind dabei
nur der Endpunkt eines weit verzweigten Systems, an dem käufliche
Regionalpolitiker ebenso ihren Anteil hatten wie ligurische Transportunternehmer,
der Chef der illegalen Freimaurerloge »Propaganda Due« (die auch Silvio
Berlusconi zu ihren Mitgliedern zählte) ebenso wie »kulturelle Zirkel in ganz Italien und anderswo in Europa«. Das Protokoll der Befragung sollte
ursprünglich bis 2020 geheimgehalten werden. Erst nach den Fernsehauftritten
des reuigen Camorra-Bosses wurde es von der Vorsitzenden der italienischen
Abgeordnetenkammer für die Öffentlichkeit freigegeben.
Die
Geheimhaltung solcher Protokolle ist eine weit verbreitete und durchaus legitime
Praxis, die den Zweck hat, weitere Ermittlungen nicht zu gefährden. Im Fall der
illegalen Mülltransporte blieben die jedoch aus, oder besser: Sie wurden auch
ferner geheim gehalten. In der breiten Öffentlichkeit wurde das Ausmaß dieser
Transporte (nach Schätzungen der italienischen Umweltorganisation Legambiente
an die 30 Millionen Tonnen Industrieabfälle in zwei Jahrzehnten) erst viel
später bekannt: in den Jahren 2007/2008, als sich in den Straßen Neapels der Stadtmüll
auftürmte und als man sich zu fragen begann, warum die dafür vorgesehenen
Halden im Umland ihn nicht mehr aufnehmen konnten.
Und dann gab
es da noch ein Geldproblem. Nach Schätzungen aus dem Jahr 1997 hätte die
Generalsanierung der verseuchten Gebiete etwa 26 Billionen Lire (damals etwa 13
Milliarden Euro) gekostet. »Wir haben die Dokumente«, soll der Vorsitzende der
Kommission damals zu Schiavone gesagt haben, »wir haben die Gutachten, wir
haben alles, was wir brauchen, aber wo treiben wir 26 Billionen auf? Und was
noch schwerer wiegt: Wohin bringen wir das ganze Zeug?«
Vielleicht noch
aufschlussreicher als das Protokoll zur Befragung Schiavones ist ein Dokument,
das dieselbe parlamentarische Kommission im November 2000 herausbrachte.⁶ Dort ist von zirka 60 Millionen
Tonnen Sondermüll die Rede, die Italien im Jahr 1997 produzierte. Davon wurden
jedoch nur 45,7 Millionen regulär entsorgt, während der Rest (also fast ein
Viertel) irgendwo verschwand. Als Hauptablagerungsplatz für diesen illegal entsorgten
Müll wird die Region Kampanien angegeben.
Es handelt sich also –
und das wird in diesem Dokument aus dem Jahr 2000 erstmals in aller
Deutlichkeit gesagt – bei der Verseuchung Kampaniens mit illegal entsorgtem
Giftmüll im Grunde nicht um ein regionales Problem, nicht um die alleinige
Verantwortung eines besonders skrupellos agierenden Mafiaclans aus der Provinz
Caserta, sondern um ein Strukturproblem der italienischen Industrie, die in der
Möglichkeit zur illegalen Abfallentsorgung ein willkommenes Mittel sieht, im
härter werdenden Konkurrenzkampf die Kosten zu senken. In den Jahren, als man
in Rom um die Mitgliedschaft in der Euro-Zone kämpfen musste, betrachtete der
italienische Staat diese Möglichkeit durchaus wohlwollend und ergriff daher
keinerlei Maßnahmen, die die Mülltransporte – und damit die ökologische
Zerstörung weiter Landstriche – eingedämmt oder gar verhindert hätten.
Diese
Zusammenhänge konnte Schiavone, als er 1993 zum »Pentito« wurde, noch nicht
sehen. Aber auch in seinen diversen Fernsehauftritten in den letzten eineinhalb
Jahren seines Lebens kam immer wieder ein starkes Ressentiment gegen staatliche
Stellen zum Ausdruck: »Es stimmt, wir haben geschossen, aber die Minister, die
Carabinieri, die Richter, die Polizisten tragen mehr Verantwortung als ich,
denn sie haben das alles erlaubt. Ich bereue, dass ich bereut habe, und wenn
ich 20 Jahre zurückgehen könnte, würde ich es nicht mehr tun.«
Verseuchte
Gebiete
Als die Nachricht vom Ableben Schiavones in den Zeitungen erschien, klang
in vielen Berichten eine gewisse Erleichterung heraus. Nicht selten entstand
der Eindruck, man wolle mit dem Tod des Camorra-Kronzeugen nicht nur ein Stück
italienischer Kriminal-, sondern auch ein Stück italienischer
Industriegeschichte endgültig hinter sich lassen. Immer wieder wurden die teils
übertriebenen, teils unbestätigten Äußerungen des Kronzeugen angeführt. Nur
selten kam der Hinweis, dass sich das System der illegalen Müllentsorgung, wie
es von Schiavone und seinen Komplizen gegen Ende der achtziger Jahre erstmals
in großem Maßstab eingeführt wurde, mittlerweile auf ganz Italien ausgedehnt
hat: Hochgiftige Substanzen hat man in den Tunnelanlagen Kalabriens ebenso
gefunden wie unter den Autobahnen der Lombardei.
Im »Feuerland« lautet heute die Devise, die entstandenen ökologischen
Schäden nach Möglichkeit herunterzuspielen, um die landwirtschaftliche
Produktion in dieser Gegend nicht weiter zu gefährden. Bodenanalysen, wie sie
im Gesetzesdekret vom Dezember 2013 vorgesehen sind, wurden bisher nur in sehr
geringem Ausmaß durchgeführt – von den insgesamt 43 Hektar, die untersucht
wurden, erschienen allerdings nur 15, also gut ein Drittel, für die Produktion
von Nahrungsmitteln als unbedenklich. In Norditalien beginnen
Lebensmittelhersteller von der Krise der kampanischen Landwirtschaft zu
profitieren. Mozzarella, der kampanische Edelkäse par excellence, wird nun auch
in der Gegend von Venedig hergestellt, und der norditalienische
Tomatenproduzent Pomì wirbt für seine Produkte mit dem Slogan »Nur von hier«, also
aus der Po-Ebene.
Gelder für die Sanierung der giftverseuchten Gebiete, wie sie im
Gesetzesdekret vorgesehen waren, sind bis jetzt noch nicht eingegangen.
Angesichts der hohen Verschuldung und der damit verbundenen Sparmaßnahmen
scheint es auch unwahrscheinlich, dass der italienische Staat in näherer
Zukunft größere Summen für die ökologische Sanierung der Campania felix
ausgeben wird. Eine solche Investition wäre auch nicht unproblematisch, denn es
besteht die Gefahr, dass dieselben – von der Camorra direkt oder indirekt
kontrollierten – Entsorgungsfirmen, die von der Verseuchung der Gegend mit
Giftmüll profitiert haben, nun an dessen Beseitigung verdienen könnten.
Und nach langen Jahren der Krise, in der die Schattenwirtschaft – im Süden
wie im Norden Italiens – bisher unbekannte Ausmaße angenommen hat, besteht der
Bedarf nach illegaler Müllentsorgung natürlich weiter. Das System, dessen
verheerende Auswirkungen Carmine Schiavone zum »Reuigen« machte, hat seinen
Mitbegründer überlebt.
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