In Italien ist inzwischen ein nie dagewesenes Niveau der
Verflechtung und Unterwanderung erreicht, warnt der Anti-Mafia-Aktivist Luigi
Ciotti. Die organisierte Kriminalität trete wieder selbstbewusst in der
Öffentlichkeit auf.
Pfarrer Luigi Ciotti |
Die Mafia in Italien
ist nach den Worten des Turiner Priesters und Anti-Mafia-Aktivisten Luigi
Ciotti stärker denn je. In der aktuellen Wirtschaftskrise hätten die
finanzstarken Clans enorm an Einfluss gewonnen, sagte Ciotti der „Welt“
(Dienstag). „Wir haben heute ein nie dagewesenes Niveau der Verflechtung und
Unterwanderung erreicht“, so der Gründer des Netzwerks „Libera“, unter dessen
Dach sich mehr als 1.600 Bürgergruppen und Geistliche im Kampf gegen die
organisierte Kriminalität zusammengeschlossen haben.
Vor
wenigen Tagen sorgte die pompöse Beisetzungsfeier für einen römischen
Mafia-Boss für Schlagzeilen in Italien. Die Vatikanzeitung „Osservatore Romano“
kritisierte die Zeremonie in scharfer Form, bei der der Sarg des verstorbenen Vittorio
Casamonica in einer sechsspännigen Kutsche transportiert worden war und eine
Kapelle die Musik aus dem Hollywood-Epos „Der Pate“ intonierte.
Das Bistum
Rom bekräftigte, es sei zuvor nicht über die skandalöse Beerdigungsfeier in
einer Gemeinde im Osten der Stadt informiert worden. Nur der Pfarrer habe
vorher von der Beerdigung gewusst. Kardinalvikar Agostino Vallini hatte den
Geistlichen zu einem persönlichen Gespräch einbestellt.
Ciotti
nahm dagegen seinen Amtsbruder in dem Gespräch mit der „Welt“ in Schutz. Der
Pfarrer sei überrumpelt worden. „Er kannte die Familie nicht gut genug und hat
nur nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt: Er hat die Türen seiner Kirche
geöffnet, eine Messe zelebriert.“ Der Seelsorger trage keine Verantwortung „für
das, was draußen passiert ist. Draußen war der Teufel los.“
Die
Feier nannte Ciotti einen „Akt der Arroganz“. Der Casamonica-Clan, dem
schätzungsweise 1.000 Mitglieder angehören und gegen den seit Jahren wegen
illegaler Geschäfte ermittel wird, habe den Anlass genutzt, „um Potenz und
Macht zu zeigen, ein Hoheitsgebiet abzustecken und sich gesellschaftliche
Legitimation zu verschaffen“.
Der
Vorfall zeige, wie selbstbewusst die organisierte Kriminalität derzeit wieder
auftrete. Einmal mehr bestätige sich die Grundregel: „Die Mafia ist stark, wenn
die Politik schwach und die Demokratie blass ist.“ Gegen diesen Trend müsse
sich die ganze Gesellschaft zur Wehr setzen. „Wir brauchen Bewusstsein,
Verantwortung und Mut zum persönlichen Engagement und dürfen das nicht alles an
Institutionen, Ermittler, Politiker, Sicherheitskräfte delegieren.“
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