Für internationale Verbrechersyndikate wie die Mafia ist Deutschland für
Zwecke der Geldwäsche eines der
gefragtesten Länder. "Es gibt unglaubliche Geldströme von Italien nach
Deutschland", erklärte Roberto
Scarpinato, leitender Oberstaatsanwalt im Anti-Mafia-Pool in Palermo, am
Montag, 22. Oktober 2012, in
einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses
unter Vorsitz von Dr. Birgit Reinemund
(FDP).
Dabei gehe es um Milliardenbeträge. Seine Behörde habe bei Ermittlungen in
den vergangenen 20 Jahren allein in Palermo über vier Milliarden Euro
sichergestellt. Dass Deutschland eines der bevorzugten Länder für die
Geldwäsche der Mafia ist, hätten auch 45 Kronzeugen in Vernehmungen
bestätigt.
Spielhallen und Online-Spielbanken
Zu den Gründen zählte Scarpinato das deutsche Strafrecht, das nicht über
geeignete Instrumentarien zur Beschlagnahme von Vermögen verfüge wie zum
Beispiel das italienische. Der Staatsanwalt verwies auf einen Fall, in dem in
Deutschland lagerndes Vermögen italienischer Mafiosi nicht beschlagnahmt werden
konnte.
Besonders intensiv zur Geldwäsche genutzt würden Spielhallen und Online-Spielbanken,
die die Mafia über Strohmänner aufkaufe. Die Herkunft von Mafia-Geldern werde
auch durch viele Zwischenstationen verschleiert. So würden die Gelder zum Teil
durch über 90 internationale Finanzinstitutionen geschleust, um die
Rückverfolgung unmöglich zu machen.
Ergänzung des Geldwäschegesetzes
Grundlage der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses war der von der
Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Geldwäschegesetzes. Dabei wurde auch von anderen
Sachverständigen heftige Kritik an den Zuständen bei der Geldwäschebekämpfung
in Deutschland laut. Der Schweizer Sachverständige Andreas Frank (Frank Consultancy Services) warf der
Bundesregierung vor, das Geldwäschegesetz auch 19 Jahre nach seinem
Inkrafttreten nicht umzusetzen: Deutschland verletze die
EU-Geldwäscherichtlinie und täusche die EU über die Umsetzung.
Frank begrüßte, dass Glücksspiele ins Internet in das Geldwäschegesetz
einbezogen werden sollen. Zugleich erkläre der Gesetzentwurf aber nicht, wie
Grau- und Schwarzmarkt zurückgedrängt werden könnten: "Die
geldwäschepräventive Wirkung des Gesetzentwurfs bleibt Makulatur."
Besondere Sorgfaltspflichten
Der Gesetzentwurf sieht für Branchen, bei denen ein erhöhtes Risiko
besteht, dass sie für Geldwäsche missbraucht werden, besondere
Sorgfaltspflichten vor. So müssen Anbieter von Glücksspielen im Internet einen
Geldwäschebeauftragten bestellen. Zahlungsflüsse von und auf Spielkonten sollen
durch ein EDV-gestütztes Monitoring-System geprüft werden, so dass "anhand
bestimmter Kriterien und Indizien sowie bei der systemischen Feststellung eines
als auffällig eingestuften Verhaltens dem Verpflichteten und dessen
Geldwäschebeauftragten eine sofortige Reaktion ermöglicht" wird.
Grund für die Ergänzung des Gesetzes ist die durch den
Glücksspiel-Staatsvertrag geschaffene Zuständigkeit der Bundesländer für Online-Glücksspiele.
Das Land Schleswig-Holstein habe bereits Regelungen für ein legales Glücksspiel geschaffen, wird erläutert. Zuvor sei das Glücksspiel im Internet verboten
gewesen. Daher sei es auch nicht notwendig gewesen, Regelungen zur Bekämpfung
der Geldwäsche in diesem Bereich zu schaffen.
Zweifel bei den Kriminalbeamten
Der Bund deutscher Kriminalbeamter
zweifelte am Erfolg der Gesetzgebung: "Die große Masse des Online-Glücksspielangebotes
wird nach wie vor illegal angeboten und nachgefragt werden." Nur wenige
Anbieter hätten durch die Marktöffnung in Schleswig-Holstein den Weg in die
Legalität gesucht. Das illegale Glücksspiel sei aus Sicht der Betreiber
erheblich günstiger anzubieten: "Es fallen weder Lizenzabgaben noch
Steuern oder gar Implementierungskosten zur Erfüllung von geldwäscherechtlichen
Sorgfaltspflichten an."
Die Deutsche Kreditwirtschaft,
der Zusammenschluss der Bankenverbände, mahnte, die Zahlungsdienstleister
sollten nur in Anspruch genommen werden, wenn das zwingend erforderlich
sei. Der Bundesverband
Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom)
lehnte den Entwurf ab: "Es gibt keinerlei Belege dafür, dass das
allgemeine Risiko für Geldwäsche im Online-Glücksspielbereich gravierend ist,
besonders im Vergleich zu anderen möglichen Methoden der Geldwäsche,
insbesondere im stationären Bereich, wo überwiegend Bargeld eingesetzt
wird."
Zwei Formen der Geldwäsche
Der nach eigenen Angaben deutsche Marktführer
bei Online-Glücksspielen, "bwin.party", versicherte, alle
europäischen Anbieter würden schon heute die Anforderungen des Gesetzentwurfs
erfüllen. Die Stoßrichtung des Gesetzentwurfs werde begrüßt.
Wie Geldwäsche bei Glücksspielen funktioniert, erläuterte die Organisation
"Tax Justice Network" in ihrer Stellungnahme. Danach gibt es zwei
Formen der Geldwäsche: 1. Der Anbieter täuscht überhöhte Umsätze vor und bringt
auf diese Weise illegal erworbene Geldmittel in den legalen Kreislauf. 2. Ein
Teilnehmer an Glücksspielen setzt illegal erworbenes Geld bei Glücksspielen ein
und erhält im Gegenzug Glücksspielgewinne steuerfrei gewaschen zurück.
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