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Mehr als 1000 wertvolle Werke, darunter Originalausgaben von Galilei oder
Kopernikus, sind aus einer Bibliothek in Neapel gestohlen worden.
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Die Hälfte der Bücher ist in einem Münchner Auktionshaus aufgetaucht und
wird nun zurückgegeben.
Politiker und Geistliche aus Italien sind in den Fall verstrickt.
Jahrelang ist die Biblioteca dei Girolamini in Neapel - eine der mit
antiquarischen Büchern am reichsten bestückten Bibliotheken Italiens -
regelrecht geplündert worden. Von ihrem eigenen Direktor und seinen
Helfershelfern.
Mehr als 1000 Werke, die überwiegend aus dem 16. und 17.
Jahrhundert stammen, schaffte Marino Massimo De Caro beiseite, um sie an ein
Netz von antiquarischen Buchhändlern zu verkaufen.
543 gestohlene
Bücher stellte die italienische Justiz mit Unterstützung des bayerischen
Landeskriminalamtes (LKA) im Mai 2012 in einem Münchner Auktionshaus sicher.
Wie Peter Preuß, Sprecher der
Staatsanwaltschaft München I, am Mittwoch mitteilte, werden die Bücher im Wert
von mindestens 2,5 Millionen Euro jetzt an
Italien zurückgegeben.
Selbst im von Korruption und Mafia gebeutelten Italien wirkte die Nachricht
vom Diebstahl in den Jahren 2011 und 2012 wie ein Schock:
Die Originalausgaben von Johannes Keplers "Astronomia Nova", Galileo
Galileis "Sidereus Nuncius" und Nikolaus Kopernikus' "De
revolutionibus orbium coelestium" waren wie viele andere unersetzbare
Werke aus der Biblioteca dei Girolamini verschwunden.
Unter Verdacht geriet der
Direktor Massimo De Caro, eine schillernde Gestalt: 1973 in Bari
geboren, selbst Autor eines Buches über Galilei, Honorarkonsul von Uganda und
Berater russischer Oligarchen. Er hatte die bedeutenden Kulturgüter aus dem 170
000 Werke umfassenden Bestand der Bibliothek beiseite geschafft.
Einige wurden bei internationalen Auktionen versteigert. Immerhin 250 wurden
gerade noch rechtzeitig am Flughafen von Neapel sichergestellt, von wo aus sie
nach Argentinien geschmuggelt werden sollten. Weitere gestohlene Bücher
tauchten in Lagerhallen in Verona auf, und auch ein prominenter italienischer
Politiker hatte einige Bände in seiner Mailänder Bibliothek.
Bücher wurden für je 35 000 Euro verkauft.
Es handelte sich um den
Senator und Berlusconi-Vertrauten Marcello Dell'Utri, der jedes Jahr die
wichtigste Buchantiquariatsmesse in Italien veranstaltet und wegen Mafia-Verbindungen
schon in zwei Instanzen verurteilt wurde. Dell'Utri soll es eingefädelt haben,
dass De Caro zum Direktor der Bibliothek in Neapel gemacht wurde und sie
ausplündern konnte. Er schmückte sich mit falschen Hochschul- und
Professorentiteln. Inzwischen ist De Caro zu einer siebenjährigen Haftstrafe
verurteilt worden. Er gestand, einige Bücher für je 35 000 Euro verkauft zu haben.
Bis nach München reichte der Arm dieser
neapolitanischen Büchermafia - De Caro soll bei seinen Diebstählen von einem
Geistlichen unterstützt worden sein, der in der Bibliothek als Kurator
arbeitete. Überraschend wurde in der Landeshauptstadt ein großer Teil des
Diebesguts gefunden: 543 Werke - darunter auch die genannten von
Kepler, Galilei und Kopernikus - wurden im Mai 2012 im damaligen
Münchner Buchauktionshaus Zisska & Schauer sichergestellt. Ehe sie zum
Aufruf kamen, beschlagnahmten Ermittler des LKA rasch die Lose.
Skandal kam durch
Zufall ans Licht
Gegen den früheren Mitinhaber Herbert
Schauer leitete die italienische Justiz ein Ermittlungsverfahren ein, an dessen
Ende er zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde. Man warf ihm eine
"moralische Mitwirkung bei bandenmäßigem Diebstahl" vor. Deutschland
lieferte Schauer nach Italien aus, wo er etwa ein Jahr in Untersuchungshaft saß
beziehungsweise unter Hausarrest stand. Er bestritt, dass er in den Handel mit
den gestohlenen Büchern verstrickt sei, und kam schließlich auf freien Fuß. Das
Urteil gegen ihn blieb jedoch bestehen, dagegen legte er voriges Jahr
Rechtsmittel ein.
Aus dem Münchner Buchauktionshaus schied
Schauer aus, nachdem seine Partner Unregelmäßigkeiten auch bei anderen
Auktionen festgestellt hatten. Laut Börsenblatt des deutschen Buchhandels zählte
der Mann bis dahin "zu den angesehensten deutschen Antiquaren". Er
kündigte an, in Zukunft berufliche Berührungspunkte mit seinem bisherigen
Betätigungsfeld zu vermeiden und wollte auch seine Lizenz als
Auktionator zurückgeben.
Die skandalösen Zustände in der
Biblioteca dei Girolamini in Neapel kamen eher zufällig durch den Besuch eines
Kunsthistorikers ans Licht. Tomaso Montanari berichtete in einem Artikel in
einer italienischen Zeitung von der Verwahrlosung der 1586 gegründeten
Einrichtung. Danach wurde die Bibliothek geschlossen, deren Bestand nicht
einmal systematisch katalogisiert war, obwohl die Sammlung Werke von
unschätzbarem Wert enthält.
Im April 2012 fiel dann bei einer genauen
Inventur auf, dass einige dieser Werke verschwunden waren. An diesem Freitag
erhält der italienische Staat die in München sichergestellten Bücher zurück.
Vertreter der Münchner Justiz und des Landeskriminalamtes wollen sie an
Staatsanwälte aus Neapel übergeben.
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