Der Bundesanwalt will Verfahren gegen mutmaßliche Mafiosi einstellen,
denen man nur Mitgliedschaft nachweisen könne. Das reiche für eine Verurteilung
nicht aus. Stimmen aus den Kantonen sehen das anders.
«Die Unfähigsten werden
dorthin wegbefördert» – SVP-Kantonsrat und Jurist Hermann Lei hat keine hohe
Meinung von der Bundesanwaltschaft. Bundesanwalt Michael Lauber sagte kürzlich
in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag», dass Mitglieder von kriminellen
Organisationen nur noch verfolgt würden, wenn ihnen auch konkrete Handlungen
vorgeworfen werden können. Er stützt sich dabei auf die Rechtsprechung des
Bundesgerichts zu Artikel 260ter des Schweizerischen Strafgesetzbuches
Dort ist festgehalten,
dass Personen, die Organisationen in ihren verbrecherischen Tätigkeiten
unterstützen, mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft
werden können. Bloße Mitgliedschaft in mafiösen Organisationen reiche für eine
Verurteilung gemäß herrschender Lehre aber nicht aus.
Verfahren gegen Frauenfelder
Deshalb könnte es sein,
dass die Ermittlungen gegen die mutmaßlichen Mitglieder der Frauenfelder
'Ndrangheta-Zelle eingestellt werden. Das Verfahren läuft seit 2009. Berühmt
wurde der Fall durch ein Video, das eine Versammlung der Mafia im
Boccia-Club-Raum des Landgasthofs Schäfli in Wängi zeigt.
Im Tessin ist man ob der
Aussagen Laubers entsetzt. «Lauber begeht einen grossen Fehler, wenn er das
Bild einer ohnmächtigen Bundesanwaltschaft gegenüber der organisierten
Kriminalität zeichnet», sagt FDP-Ständerat Fabio Abate gegenüber der
Tageszeitung «La Regione». Und der Tessiner Generalstaatsanwalt John Noseda
macht sich Gedanken darüber, die Zuständigkeit bei Mafiavergehen wieder in die
Hand der kantonalen Staatsanwaltschaften zu legen, wie die Aargauer Zeitung
berichtet: «Der Artikel 260ter des Strafgesetzbuches gibt durchaus einigen
Spielraum.»
Artikel 260ter «zu weich»
Hermann Lei hatte im Großen
Rat schon eine Einfache Anfrage zu diesem Thema eingereicht, an dem er weiter
dran bleiben wolle. Auch er findet, dass «es nicht gut funktioniert hat» mit
der Bundesanwaltschaft. Die kantonale Staatsanwaltschaft habe das Ohr näher an
der Bevölkerung. Deshalb solle man ihr mehr Kompetenzen geben. Wenn es nötig
sei, könne man von Fall zu Fall mit anderen Kantonen zusammenarbeiten. Ein
Konkordat hielte Lei hingegen nicht für eine gute Lösung. Der
Bundesanwaltschaft könnte man trotzdem einige Teilbereiche überlassen, zum
Beispiel die Bekämpfung des Terrorismus.
Den Artikel 260ter erachtet Lei als
«zu weich». Es sei nicht nachvollziehbar, dass man Mitglied bei der Mafia sein
könne, sogar an Sitzungen teilnehmen dürfe, ohne dass das strafbar wäre.
Konkrete Aktivitäten nachzuweisen, kann schwierig sein. Laut Lei bestünden auf
Bundesebene Ideen, diesen Artikel abzuändern. Wie weit diese bereits gediehen
sind, konnte Lei nicht sagen.
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